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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hundert Jahre Zaertlichkeit
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platzen.
    Sie kam
gerade die Treppe herauf, nachdem sie den Brief nach unten gebracht und mitten
auf den Küchentisch gelegt hatte, damit sie ihn am nächsten Morgen nicht
vergaß, als sie das Kichern hörte und den Lichtschimmer auf dem Korridorboden
sah.
    Elisabeth
blieb stehen, die Hand auf der Halskette, und ihr Herz jagte in ängstlicher
Vorfreude. Sie waren wieder da, Jonathan und Trista. Sie brauchte nur die Tür
zu öffnen und über die Schwelle zu schreiten.
    Sie trat an
die Tür, legte ihr Ohr gegen das Holz und lächelte, als Trista sagte: »Und dann
habe ich zu ihm gesagt, Zeek Filbin, wenn du mich noch einmal an den Haaren
ziehst, schicke ich meinen Papa zu dir, damit er dir die Mandel herausnimmt!«
    Elisabeths
Hand erstarrte am Türgriff, als ein anderes kleines Mädchen lachend erwiderte: »Zeek
Filbin muß te einmal der Kopf zurechtgerückt werden, und du hast das genau
richtig gemacht.«
    Vera,
dachte sie. Tristas beste Freundin. Wie sollte das Kind es erklären, wenn sie
aus dem Nichts erschien?
    Elisabeth
konnte es nicht tun, und doch verspürte sie eine Sehnsucht nach dieser Welt und
der Gegenwart dieser Menschen, die über Neugierde oder Nostalgie hinausging.
    Jonathans
tiefe, volle Stimme ließ sie die Augen weit aufreißen. »Trista, du und Vera,
ihr solltet schon seit Stunden schlafen. Jetzt legt euch hin.«
    Es war noch
mehr Kichern zu hören, doch dann verklangen die Geräusche, und das unter der
Tür schimmernde Licht wurde schwächer, bis es von Dunkelheit vollständig
verschlungen wurde. Elisabeth hatte ihre Chance verpaßt, über die Schwelle in
Jonathans Welt zu treten, und sie fühlte sich geprellt. Sie ging zu Bett,
schlief tief und erwachte zeitig am nächsten Morgen von dem Schrillen des
Telefons.
    Da der
Apparat auf dem Schminktisch stand, mußte Elisabeth über den Teppich gehen, um
nach dem Hörer zu greifen.
    »Ja?«
brachte sie schläfrig hervor.
    »Ist dort
Elisabeth McCartney?«
    Etwas an
der Frauenstimme machte sie hellwach. »Ja?«
    »Mein Name
ist Wynne Singleton, ich bin Präsidentin der Quilting Society des Pine River
County. Eines unserer Mitglieder sagte mir, daß Sie sich mit Mrs. Pringle in
Verbindung setzen wollten.«
    Elisabeth
wartete stumm.
    »Ich kann
Ihnen ihre Adresse und Telefonummer geben, meine Liebe«, fuhr Mrs. Singleton
freundlich fort, »aber das wird Ihnen nichts helfen. Sie und ihr Mann haben
heute morgen eine ausgedehnte Geschäftsreise angetreten.«
    Enttäuscht
schrieb Elisabeth dennoch alles auf – Chastity Pringle wohnte offenbar in der
Nachbarstadt Cotton Creek – und bedankte sich bei der Anruferin für deren
Hilfe.
    Nach dem
Frühstück fuhr Elisabeth in die Stadt. Rue wäre in die
Zeitungsredaktion und in die Bibliothek gegangen, um Fakten über Tante Veritys
Haus und Jonathan und Trista Fortner zu sammeln.
    Beides
hatte noch nicht geöffnet, weshalb Elisabeth einen schlichten Blumenstrauß im
Supermarkt kaufte und zu dem gepflegten, umzäunten Friedhof am Stadtrand fuhr.
    Sie legte
die Blumen auf Tante Veritys Grab und begann dann, die Namen auf den schiefen
Steinen im ältesten Teil des Friedhofs zu lesen. Jonathan und Trista waren
Seite an Seite begraben. Ein niedriger, schmiedeeiserner Zaun umgab ihre
Gräber.
    Vorsichtig
öffnete Elisabeth das Türchen, trat hindurch, kniete sich hin und schob das
Frühlingsgras beiseite, das die alten Steine fast bedeckte. »Jonathan Stevens
Fortner«, las sie die eingemeißelte Inschrift. »Geboren 5. August 1856.
Gestorben im Juni 1892... An welchem Tag?« flüsterte sie und wandte sich zu
Tristas Grab. Wie bei dem Vater trug der Grabstein des kleinen Mädchens nur
ihren Namen, das Geburtsdatum und die traurige Inschrift »Gestorben im Juni
1892.«
    Tränen
standen in Elisabeths Augen, als sie aufstand und den Friedhof verließ.

Kapitel 4
    Nachdem sie den Friedhof von Pine River
verlassen hatte, hielt Elisabeth beim Postamt, um den Brief einzuwerfen, den
sie in der Nacht zuvor an Rue geschrieben hatte.
    Die
Bibliothek hatte geöffnet, aber Elisabeth erfuhr schnell, daß es praktisch
keine Unterlagen über die Geschichte der Stadt gab. Es gab allerdings eine
dünne, im Eigenverlag erschienene Autobiographie, »Mein Leben im alten Pine
River«, geschrieben von einer Mrs. Carolina Meavers.
    Während die
Bibliothekarin, eine desinteressierte junge Frau mit stacheligen blonden Haaren
und Kaugummi im Mund, eine Benutzerkarte ausschrieb und Elisabeths Namen in
das Computersystem eingab, überflog

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