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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hundert Jahre Zaertlichkeit
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fragen.«
    Sie
bedankte sich noch einmal, fuhr heim, und da der Tag sonnig geworden war, nahm
sie ihr Mittagessen mit an das grasige Ufer des Birch Creek, in Sichtweite der
alten, überdachten Brücke, die jetzt strengstens für jeglichen Verkehr
gesperrt war.
    Nachdem sie
gegessen hatte, streckte sie sich auf ihrer Decke aus und las über Lizzies
Verhaftung. Leider war dieser Bericht von demselben wortgewandten Reporter
geschrieben worden, der so blumig über das Feuer berichtet hatte, so daß es
über die offensichtlichen Tatsachen hinaus keine Informationen gab.
    Nachdenklich
legte Elisabeth die Kopien beiseite und blätterte das Buch aus der Bibliothek
durch. In der Mitte gab es Fotos. Die Autorin mit ihrer Familie auf der
Veranda – wenn man diese paar rauhen Fichtenbretter als Veranda bezeichnen
konnte – einer baufälligen Hütte mit Dachpappe abgedeckt. Die Autorin, wie sie
auf den Stufen eines ländlichen Schulhauses stand, das schon lange vor Elisabeths
Geburt nicht mehr existiert hatte, und eine Schiefertafel und ihr Lesebuch an
die Brust drückte.
    Elisabeth
blätterte weiter, und ihr Herz tat einen mächtigen Satz. Praktisch die ganze
Stadt mußte sich auf diesem Bild befinden, und eine Seite der Brücke war zu
sehen. Doch es war nicht dieses Bauwerk, das ihren Blick anzog und in ihrem
Innern einen seltsam süßen Aufruhr verursachte.
    Es war
Jonathan, wie er ihr von dem Foto entgegenlächelte. Er trug Hose und Weste,
und seine dunklen Haare waren attraktiv zerzaust. Trista stand neben ihm, einen
von Blumen überquellenden Korb in der Hand, und blickte ernst in die Kamera.
    Elisabeth
schloß die Augen. Sie mußte ihre Emotionen in den Griff bekommen. Diese Leute
waren seit einem Jahrhundert tot. Und welche Phantasien sie auch uni die
beiden gesponnen haben mochte, sie konnten nicht Teil ihres Lebens sein.
    Doch trotz
ihrer Selbstermahnung wußte Elisabeth, daß sie diese Schwelle in die
Vergangenheit wieder überqueren würde, wenn sie konnte. Sie wollte Jonathan
sehen und ihn vor der dritten Woche im Juni warnen.
    Und sie
wollte Jonathan ganz einfach wiedersehen.
    Zurück im
Haus, fand Elisabeth keine Ruhe, weshalb sie die gereinigte Backform der
Buzbees nahm und zu dem Haus auf der anderen Straßenseite ging.
    Ein
Obstgarten schirmte das anmutige alte Ziegelhaus vor direkten Blicken ab, und
die Einfahrt war mit duftenden
Blüten übersät. Elisabeth lächelte und fragte sich, wie sie jemals Pine River
gegen den Lärm und den Beton von Seattle hatte eintauschen können.
    Miss Cecily
kam auf die Veranda heraus und winkte, sichtlich erfreut über den Besuch. »Ich
habe meiner Schwester
gesagt, Sie würden vorbeikommen, aber sie meinte, Sie würden Ihre Zeit lieber
mit jungen Leuten verbringen.«
    Elisabeth
lachte leise. »Hoffentlich störe ich nicht. Ich hätte vorher anrufen sollen.«
    »Unsinn.«
Cecily kam auf den Weg herunter und hakte sich bei Elisabeth ein. »Niemand
ruft auf dem Land an. Man kommt einfach vorbei. Hat Ihnen das Essen geschmeckt,
meine Liebe?«
    »Ja, jeder
Bissen war ein Genuß.«
    Sie stiegen
die Natursteinstufen zu der Veranda hinauf, auf der sich eine altmodische
Schaukel im Wind bewegte. Die mächtige Standuhr in der Diele schlug drei Uhr
mit der Melodie von Big Ben. Elisabeth war überrascht, daß es schon so spät
war.
    »Schwester!«
rief Cecily und führte Elisabeth durch den Korridor. »O Schwester. Wir haben
Besuch!«
    Roberta
erschien und wirkte ein wenig eingeschnappt. Offenbar hätte sie sich lieber
auf einen Besuch eingestellt. »Nun«, sagte sie leicht schmollend, »ich hole
die Limonade und die Melasseplätzchen.«
    Bald darauf
saßen die drei Frauen im Wintergarten der Buzbee-Schwestern.
    »Elisabeth
hat das Essen köstlich gefunden«, verkündete Cecily mit einem zufriedenen
Unterton. Elisabeth unterdrückte ein Lächeln und fragte sich, welche Rivalitäten
noch zwischen diesen alternden Schwestern bestanden.
    »Warte, bis
sie meine Gemüse-Lasagne gekostet hat.« Roberta schürzte die Lippen, während
sie nach ihrer Stickerei griff.
    »Das möchte
ich sehr gern«, meinte Elisabeth aus Höflichkeit. Sie nahm ein Melasseplätzchen
und hoffte, das würde die Dinge irgendwie ausbalancieren. »Mr. Robbins von der
Zeitung meinte, Sie hätten wahrscheinlich Mrs. Carolina Meavers gekannt.«
    »Aber ja«,
versicherte Roberta. »Sie war unsere Lehrerin in der Sonntagsschule.«
    »Die alte
Krähe«, murmelte Cecily.
    Elisabeth
knabberte an ihrem Plätzchen. »Sie schrieb

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