Linda Lael Miller
Gepäckstücke
einigermaßen übersichtlich anzuordnen. »Hören Sie auf, in der Tür
herumzustehen, als wollten Sie jeden Augenblick hinausstürzen und davonrennen.
Auf dem Herd steht ein Topf mit Speck und Bohnen, und es müßte auch noch Kaffee
da sein, falls nicht irgendein Indianer vorbeigekommen ist und es sich hier
gemütlich gemacht hat, während ich Sie in der Stadt abgeholt habe.«
Bess
schluckte, entdeckte schnell den Herd und setzte sich dann in Bewegung. Sie
fragte nicht nach Indianern ohne Manieren – sie hatte noch immer an jenem
anderen Wort zu knabbern, das er benutzt hatte, das Wort, das ihre Vereinbarung
für die Nacht betraf und beunruhigend behaglich klang.
»Was
meinten Sie mit > einpacken < ?« fragte sie noch einmal, während sie den
Deckel von einem Topf warmer Bohnen mit Speck aufhob und fast ein wenig
schwankte von dem jähen Hunger, der sie plötzlich überwältigte.
Sie hatte
schon einen Teller gefunden und etwas von der köstlich duftenden Suppe
ausgeschenkt, bevor Will antwortete, und als er es tat, stand er direkt hinter
ihr.
»Das ist
ganz einfach.« Er sprach ruhig, sachlich, und dennoch haftete seiner Stimme
noch etwas ganz anderes an – etwas Elementares, Männliches, das man besser überhörte.
»Zu den Anfängen der Siedlerzeiten, als ein Mann einen langen Weg zurückzulegen
hatte, um seine Liebste zu besuchen, durch gefährliches Gelände und miserables
Wetter, wäre es sehr unbarmherzig gewesen, ihn fortzuschicken und heimreiten
zu lassen, wenn der Besuch vorüber war. Deshalb befestigte der Vater des
Mädchens ein Brett als Barriere in der Mitte ihres Betts, und sowohl die junge
Dame wie auch ihr Verehrer wurden so fest in Decken eingewickelt wie die
ägyptischen Mumien, über die man lesen kann. So konnten sie zusammen liegen und
die ganze Nacht lang reden, wenn sie wollten, aber es bestand keine Gefahr, daß
sie Ünzucht trieben, weil sie sich nicht ohne fremde Hilfe aus der Decke
wickeln konnten.«
Da war es
wieder, dieses unziemliche Wort. Unzucht treiben, wiederholte sie im
stillen, um sich gegen jeden weiteren Schock in dieser Art zu wappnen.
Bess' Hände
zitterten ein wenig, aus Nervosität und Hunger, als sie ihren Teller auf den
Tisch stellte, der aus einfachen Kiefernbrettern zusammengenagelt war, und sich
auf eine umgedrehte Obstkiste setzte, um zu essen. »Das klappt nicht, Mr.
Tate«, wandte sie bescheiden ein und wagte nicht, den Blick zu seinen
mutwilligen Augen zu erheben. »Und man sollte meinen, Sie wären vernünftig
genug, es selbst zu sehen. Nur einer von uns könnte > eingepackt < werden,
da dann keiner mehr da wäre, um es bei dem anderen zu tun.«
Sie spürte
seine Belustigung, die auch in seinem Ton mitschwang, als er darauf antwortete.
»Nun ja,
dann werden wir uns wohl mit einem Brett im Bett begnügen müssen, Bessie-Liebling,
weil ich nicht die Absicht habe, auf dem Fußboden zu nächtigen.«
Bess, die
mit unverhohlenem Appetit die würzige Bohnensuppe löffelte, wagte endlich
aufzuschauen, »Na schön. Dann schlafe ich auf dem Bärenfell. Tun Sie mir
nur den Gefallen, sich in Zukunft nicht als einen größeren Gentleman als diesen
Ladenbesitzer zu bezeichnen, Mr. Tate, denn Sie sind auch nicht besser.«
Sie hatte
den Eindruck, als würde Will ein wenig erröten, obwohl das bei dem dichten
Bart schwer zu sagen war. »Keine Dame schläft unter meinem Dach auf dem
Fußboden«, erklärte er entschieden, »und das ist mein letztes Wort zu dieser
Angelegenheit.«
Bess
beschloß, daß es sinnlos gewesen wäre, noch weiter auf dem Thema zu beharren,
und zuckte nur die Schultern. Wenn es Nacht wurde, würde sie einfach am Kamin
sitzenbleiben, und sofern er nicht die schlimmste Art von Schurke war, würde er
sie bestimmt nicht dazu zwingen, das Bett mit ihm zu teilen.
Und falls
er es doch versuchte, dann mußte sie eben das Risiko eingehen, den wilden
Indianern zu begegnen, die draußen herumschlichen.
Mit diesen
und ähnlichen Gedanken beendete Bess die erste warme Mahlzeit, die sie seit
anderthalb Tagen zu sich nahm. Will sagte, er habe zu tun und zeigte auf das
Brennholz, die Zinkwanne und ein Stück gelber Seife, bevor er auf die Felder
ging.
Bess war
todmüde und sehnte sich nach einem heißen Bad, aber es dauerte eine ganze
Weile, bis sie sich dazu überwinden konnte, sich im Hause eines fremden Mannes
auszuziehen. Doch dann schürte sie das Feuer und holte Wasser aus dem Bach, der
hinter der Blockhütte vorbeifloß, um es auf dem
Weitere Kostenlose Bücher