Linda Lael Miller
er ihr zuliebe so unverschämt
gut aussah, aber es war viel wahrscheinlicher, daß er sich des verlockenden
Anblicks, den er bot, gar nicht bewußt war.
Sie stellte
das Tablett auf den kleinen runden Tisch neben seinem Sessel, doch er nahm sie
nicht zur Kenntnis, sah sie nicht einmal an.
Sie
beschloß, daß sie ihn vorhin mißverstanden haben mußte, und wandte sich in
einer Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung ab. »Ich werde in einem der
Gästezimmer schlafen«, sagte sie mit einer Stimme, die so leise war, daß sie
über dem Krachen des Donners draußen und dem Prasseln des Feuers im Kamin kaum
zu verstehen war.
»Du bist
meine Frau«, erklärte Gavin schroff und noch immer, ohne Katherine anzusehen.
»Du wirst in meinem Bett schlafen.«
8. Kapitel
Das warme Licht des Feuerscheins
flackerte über Gavins regenfeuchte Kleider, glitzerte auf dem polierten Leder
seiner Reitstiefel und verlieh seinem ebenholzschwarzen Haar einen
bläulich-roten Schimmer. Katherine war erschüttert von der überwältigenden
Liebe, die sie für diesen Ehemann empfand, der ihr durch Zufall in den Schoß
gefallen war – es war fast, als ob irgendein altes Unrecht endlich berichtigt
worden wäre, nach einem langen, mühevollen Kampf.
Jede
einzelne Faser ihres Körper schien zu vibrieren wie die Saiten eines
empfindlichen alten Instruments, das jemand aus einer verstaubten Truhe befreit
und gestimmt hatte, damit es unter kundigen, geliebten Fingern neu erklang.
Gavin legte
seine Hände auf die Armlehnen seines Sessels und richtete sich müde auf. Als er
sich zu Katherine umwandte, lag sein Gesicht im Schatten, so daß sie den
Ausdruck seiner Augen nicht erkennen konnte, aber sie spürte die nur mühsam
unter Kontrolle gehaltene Kraft seines Körpers und den Aufruhr und den Tumult,
die seinen Verstand beherrschten. Katherine wußte, daß es bei dem Konflikt, den
er mit sich austrug, um die mächtigsten aller menschlichen Emotionen ging – um
Liebe und das Gefühl, das Hand in Hand mit ihr einherging: Haß.
Zum ersten
Mal, seit sie an diesem Ort gelandet war, begann sie wirklich Hoffnung zu
verspüren, daß sie vielleicht doch noch den Weg in Gavins Herz finden würde,
um sich dort einen dauerhaften Platz zu schaffen.
Aus Angst
jedoch, daß alles, was sie sagen konnte, das empfindliche Gleichgewicht
vielleicht zur falschen Seite neigen würde, schwieg sie und sah ihn nur
kocherhobenen Kopfes an, um ihm zu zeigen, daß sie nicht einzuschüchtern war.
Er trat
einen Schritt auf sie zu, dann noch einen, zögernd und
so widerstrebend, als wehrte er sich gegen irgendeine elementare Kraft, die ihn
zu Katherine hinzog.
Langsam hob
er die Hand und legte sie auf ihre Schulter, und sie wandte den Kopf und küßte
seine Fingerknöchel.
»Möge Gott
mir beistehen«, wisperte er in einem Ton, als habe er nun von keiner Seite mehr
Beistand zu erwarten, nicht
einmal vom Himmel. Er legte den Kopf zurück und schloß die Augen, und einen
langen Moment betrachtete
Katherine das Spiel der Muskeln an seinem kräftigen Hals, bevor sie langsam den
Kopf neigte und ihre Lippen auf Gavins Kehle preßte.
Sie spürte,
wie ein Erschauern ihn durchzuckte, und ein Gefühl des Heimgekehrtseins, das
weit über alles Körperliche
hinausging, erfaßte sie, als er sie aufstöhnend an sich riß. Ihr Haar fiel
offen über ihren Rücken, als er mit einer einzigen Bewegung den kleinen Knoten
löste, den sie so sorgfältig festgesteckt hatte.
Dann ließ
er seine freie Hand ihren Rücken hinabgleiten und preßte ihren weichen,
nachgiebigen Körper an seinen harten,
unnachgiebigen. Als er sie küßte, ungestüm und
fordernd, war es Katherine plötzlich, als hätte der behagliche, warme Raum sich
in ein Vakuum verwandelt – als
schwebte sie in freiem Raum. Nur der Kontakt mit Gavins Lippen ermöglichte ihr
das Atmen; wenn er den Kuß unterbrach, würde ihre letzte Verbindung mit der
Lebenskraft gebrochen sein, sie würde sich in Asche auflösen und aufhören zu
existieren.
Gerade, als
Katherine dachte, sie ertrüge keine weitere dieser schwindelerregenden
Emotionen mehr, weil sie sonst
Gefahr lief, den Verstand zu verlieren, drängte Gavins warme Zunge sich
besitzergreifend zwischen ihre Lippen. Es war ein Symbol für die Eroberung, die
darauf folgen würde, das war Katherine bewußt, und diese süße Warnung raubte
ihr die Kraft aus ihren Knien.
Sie stieß
einen hilflosen kleinen Schrei aus, als Gavin sie, ohne den Kuß auch nur für
einen Moment zu
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