Linda Lael Miller
war, seine letzte Feststellung zu ignorieren. »Was
bringt dich her, Gavin?«
erkundigte
sie sich kühl und trat näher an das wärmende Feuer, weil
er den Platz inzwischen aufgegeben hatte. »Hat dir jemand erzählt, ich sei
glücklich? Denn das würde ja
dein überstürztes Erscheinen und dein unbotmäßiges Verhalten ausreichend
erklären.« Mit der Zeit bekomme ich die viktorianische Sprechweise ganz gut
in den Griff; dachte sie, und beglückwünschte sich im stillen.
Gavin
runzelte die Stirn, als er sie im flackernden Schein der Lampen betrachtete,
und der Brandy in seinem Glas
leuchtete wie Bernstein, als er es an die Lippen hob. »Seit wann benutzt du
Worte wie > unbotmäßig < ?« fragte er erstaunt, nachdem er einen Schluck
getrunken hatte.
»Du würdest
es ja doch nicht glauben, wenn ich es dir erzählen würde«, antwortete
Katherine. Ein unsichtbares Feuer
tanzte und schwelte im Raum, und sie spürte, daß Gavin sich des erotischen
Prickeln zwischen ihnen mindestens so sehr bewußt war wie sie selbst.
Er trank
einen weiteren Schluck von seinem Brandy. »Es wird dir sicher leid tun, zu
erfahren, daß dein Jeffrey Beecham
sich zu grüneren Weiden aufgemacht hat.« Die Herausforderung war in
einigermaßen mildem Ton gesprochen, aber deshalb nicht weniger bedrohlich.
»Das ist
gut«, erwiderte sie mit ruhiger Entschiedenheit. »Ich werde ihn nicht
vermissen.« Dann schluckte sie, um Mut zu fassen für die nächsten Worte. »Aber
du hast mir gefehlt, Gavin. Sehr sogar.«
Gavins
kühler Blick glitt über sie – über das Kleid, dessen weißer Baumwollstoff mit
winzigen, lavendelfarbenen
Blüten bestickt war, und über das dichte, kastanienbraune Haar, das sie zu
einem weichen Knoten aufgesteckt
hatte. Als Katherine sah, wie Gavin schluckte, erfaßte sie eine überwältigende
Zärtlichkeit für ihn und ein Verlangen, das so machtvoll war, daß sie sich gar
nicht auszudenken wagte, wohin es führen würde, wenn sie ihm nachgab.
»Beleidige
mich nicht, indem du so tust, als brächtest du mir irgendwelche Gefühle entgegen«,
antwortete er schroff. Doch trotz seiner warnenden Worte – und obwohl der halbe
Raum sie trennte – war Katherine sich der Härte und Hitze seines Körpers nur
allzu intensiv bewußt.
Sie seufzte
schwer. Sie hatte noch nie einen Mann verführt – und war auch noch nie
verführt worden, was das betraf , so daß sie also nicht die geringste
Ahnung hatte, wie sie vorgehen sollte. Sie wußte nur, daß sie in dieses
Jahrhundert versetzt worden war und in die Gesellschaft dieses Mannes, weil
seine Seele die Gefährtin ihrer Seele war.
»Du
begehrst mich, Gavin«, sagte sie schlicht. Und sehr, sehr leise.
Er wandte
sich ab und schleuderte das Glas mit dem Brandy in den Kamin. Das Glas
zerschellte, der Alkohol ließ die Flammen auflodern, doch Gavin schien nichts
davon zu bemerken. Er stand mit dem Rücken zu Katherine am Kamin und stützte
beide Hände auf den Sims.
Er hatte
keinen Zoll nachgegeben, und doch wußte Katherine instinktiv, daß sie jetzt die
Oberhand besaß. »Ich hole dir etwas zu essen, wenn du möchtest«, sagte sie in
so normalem Ton wie möglich. In all diesen Wochen hatte sie gebetet und
gehofft, daß Gavin auf die Insel kommen möge, und jetzt, wo er hier war, war
sie sich ihrer Liebe zu ihm sicherer als je zuvor.
Er schwieg
sehr lange, aber Katherine war nicht weniger stur als er und wartete geduldig
ab.
»Bring das
Tablett in mein Schlafzimmer«, antwortete er schließlich.
Das Herz
stieg ihr in die Kehle. Sie war bang und froh zugleich, als sie in die Küche
eilte, und als sie eine halbe Stunde später, nachdem sie sorgfältig die Reste
des Abendessens
aufgewärmt hatte, die Treppe hinaufstieg und das große Schlafzimmer betrat,
zitterte sie am ganzen Körper.
Es war
nicht die Angst davor, sich Gavin hinzugeben, was ihr Furcht einjagte, obgleich
sie noch nie in ihrem Leben mit einem Mann geschlafen hatte. Nein, was sie
beängstigte, war die Möglichkeit, daß er vielleicht gar nichts anderes
vorhatte, als sie abzuweisen und zu demütigen.
Das Tablett
auf einer Hand balancierend, öffnete sie die Tür und betrat das Zimmer, das sie
in all diesen Wochen ganz für sich allein gehabt hatte.
Gavin hatte
das Feuer im Kamin geschürt und saß nun in einem Lehnstuhl und starrte mit
ernster Miene in die Flammen. Er hatte seinen Mantel und Kragen abgelegt, und
sein Hemd stand fast bis zur Taille offen.
Katherine
hätte sich jetzt gern die Illusion gestattet, daß
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