Linda Lael Miller
unseren Familien
mit dem Baby angeben können.«
Der Junge
bekam Schluckauf. Er wog nicht mehr als eine Feder. »Haben Sie ihm schon einen
Namen gegeben?«
Rose-of-Sharon
lächelte. »Ich wollte ihn Benjamin nennen, nach seinem Daddy, aber Ben will
davon nichts hören. Er hat seinen Namen nie besonders gemocht. Also haben wir
einen aus der Bibel genommen – Joshua.«
»Joshua«,
wiederholte Juliana leise. Sie erinnerte sich an die Bibelstelle, in der von
dem Einsturz der Mauern von Jericho erzählt wurde. »Das ist ein guter, starker
Name.«
»Joshua
Thomas Gainer«, sagte Rose-of-Sharon.
Erstaunt
blickte Juliana auf.
»Ja«, fuhr
Rose-of-Sharon fort. »Nach Tom Dancingstar. Hat Ben Ihnen erzählt, dass ich
seine Hilfe nicht wollte, weil es nicht angemessen ist, sich als weiße Frau von
einem Indianer versorgen zu lassen?«
Juliana
sagte nichts, schüttelte aber den Kopf. Das hatte Ben ihr nicht erzählt, und
sie war froh darüber.
»Wenn
Joshua ein Mädchen geworden wäre«, fuhr Rose-of-Sharon jetzt etwas sanfter fort
und streckte die Arme nach ihrem Kind aus, »hätte ich mich für Ihren Namen
entschieden.« Sie runzelte die Stirn, und Juliana, die Joshua nur zögerlich
wieder zurückgab, musste an Angelique und Blue Johnston denken. Ob die beiden
inzwischen verheiratet waren? »Aber wie ist Ihr Name überhaupt?«
»Juliana«,
erwiderte sie lachend.
»Das ist
ein sehr schöner Name.«
»Danke.
Rose-of-Sharon aber auch.«
Die junge
Frau errötete ein wenig. »Ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet. Das Schlimmste
war für mich, so weit weg von meiner Mom zu sein – oder zumindest dachte ich
das, bevor die Wehen einsetzten.«
Lächelnd
steckte Juliana die Bettdecke um Rose-of-Sharon und das Baby fest. »Mit der
Zeit werden Sie die Schmerzen vergessen.«
»Aber noch
nicht«, rief Rose-of-Sharon und erschauerte ein wenig. »Mir tut alles weh.«
»Ruhen Sie
sich etwas aus«, sagte Juliana sanft.
»Und wenn
ich mich im Schlaf aus Versehen auf Joshua lege?«, fragte Rose-of-Sharon
ängstlich. »Er ist doch so winzig.«
»Ich passe
auf, dass das nicht geschieht«, versprach Juliana. Es gab keine Wiege, aber sie
entdeckte eine kleine Kommode in einer Ecke der Hütte, zog eine Schublade
heraus, polsterte sie mit einer zusammengefalteten Steppdecke aus und stellte
sie neben das Bett, wo Rose-of-Sharon sie sehen und erreichen konnte. Dann
bettete sie das Baby vorsichtig hinein.
Da es keine
weiteren Decken mehr gab, nahm Juliana eines von Bens dicken Flanellhemden, um
den kleinen Joshua damit zuzudecken.
Zufrieden
schlief Rose-of-Sharon ein. Und Juliana saß still und nachdenklich neben ihr.
Um halb
zwei am Nachmittag kamen die Männer zurück, durchgefroren und mit vom Wind
geröteten Gesichtern. Ben übernahm die Pflege seiner Frau und seines Sohns.
Juliana
schlüpfte in Lincolns Mantel. Vor der Hütte begann er, vorsichtig die Knöpfe zu
schließen, dann ließ er seine nach Heu duftenden behandschuhten Hände nah an
ihrem Gesicht auf dem Kragen liegen.
»Tom wird
in die Stadt reiten und den Friedensrichter aufsuchen«, erklärte er. »Wenn du
einverstanden bist.«
Sie hatte
noch nicht genug Zeit gehabt, um sich in diesen Mann zu verlieben – jedenfalls
nicht über beide Ohren –, aber sie respektierte ihn. Sie mochte ihn.
War das
genug?
Sie
erkannte ihre eigene Stimme nicht wieder, als sie antwortete. »Ich bin
einverstanden.«
Da lächelte
er so unerwartet und so umwerfend, dass sie fast in Ohnmacht gefallen wäre.
»Gut«,
sagte er heiser. »Das ist gut.«
Plötzlich
sank ihre Stimmung. »Dieses ... dieses Kleid ...«
»Beth'
Mutter hat ständig ganze Kisten voller Kleider geschickt«, meinte er. »Beth
hat dieses hier nie getragen.«
Juliana
ließ die Worte einen Moment auf sich wirken, dann nickte sie.
Lincoln
nahm ihre Hand. »Lass uns den Christbaum aufstellen«, sagte er lachend, »bevor
Gracie mich umbringt.«
Während
Juliana und die Kinder Schachteln mit Christbaumschmuck aus einem kleinen
Abstellraum neben dem Wohnzimmer holten, ging Lincoln in den Schuppen, um den
Baum hereinzubringen. Joseph wich ihm nicht von der Seite.
Der Baum
war so groß, dass sie ihn beide durch die Tür schleifen mussten. Die Äste
verströmten diesen herrlichen Duft, den Juliana schon immer mit Weihnachten
verband.
Billy-Moses
und Daisy starrten den Baum staunend an, sie standen eng aneinandergeschmiegt
und hielten sich an den Händen. Juliana musste an Mr Philbert denken und wusste
plötzlich mit
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