Linda Lael Miller
wittern und ihn jagen könnten.«
Meg
lief es kalt den Rücken herunter. Wie Brad stammte auch sie von Ranchern ab und
machte sich keine romantische Vorstellung von Wölfen. Sie waren nicht wie
Hunde, sondern wilde Tiere, für die Rinder und Pferde nichts als Beute
darstellten.
»Haie
mit Beinen«, sagte sie leise. »So nennt Rance sie.«
Brad
nickte nur. Vor ihnen war Olivia abgestiegen und beugte sich über etwas, das
auf der Erde lag.
Als
sie dort hinkamen, waren Olivias Satteltaschen geöffnet, und sie hielt eine
Spritze gegen das Licht. Wegen der Dunkelheit und weil die Pferde nicht
stillstanden, brauchte Meg einen Moment, um zu erkennen, um was für ein Tier
sich Brads Schwester kümmerte.
Ein
Hund lag blutend und zitternd auf der Seite.
Bevor
Meg sich von dem Schock erholt hatte, sprang Brad aus dem Sattel und kniete
sich neben das Tier – vermutlich ein Streuner, der einem Rudel Wölfe oder
Kojoten zum Opfer gefallen war. Dass der Hund noch lebte, grenzte an ein
Wunder.
Mit
Tränen in den Augen beobachtete Meg, wie Brad dem Hund über eine bebende Flanke
strich. Die Zärtlichkeit, mit der es tat, ging ihr ans Herz und löste in ihr
etwas aus, das sie nie wieder hatte fühlen wollen.
Brad
sah seine Schwester an. »Kommt er durch?«
»Ich
bin nicht sicher. Auf jeden Fall muss die Wunde genäht werden.« Sie setzte die
Spritze an. »Ich gebe ihm ein Beruhigungsmittel. Sobald es wirkt, bringen wir
ihn nach Stone Creek in die Praxis.«
»Was
ist mit Ransom?«, fragte Meg. Sie kam sich so hilflos vor und das war sie nicht
gewöhnt.
Olivia
hob den Kopf. Sie als Tierärztin konnte das verletzte Tier nicht zurücklassen.
Sie brachte es auch nicht fertig, es einzuschläfern, weil das einfacher gewesen
wäre, als es in der Stadt zu versorgen. »Ich suche ihn morgen früh, sobald die
Sonne aufgeht.«
Brad
legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Ransom ist schon so lange auf sich
allein gestellt. Er wird es schaffen.«
»Hol
mir einen Schlafsack, ja?«
Er
kehrte zu seinem Pferd zurück.
»Was
hat der Hund hier draußen gemacht?«, fragte Meg.
»Wahrscheinlich
ist er herrenlos«, erwiderte Olivia, »oder jemand hat ihn am Highway
ausgesetzt. Viele Leute glauben, dass Hunde in der Wildnis überleben können,
aber das ist natürlich Unsinn.«
Meg
stieg ab und berührte das Tier vorsichtig am Kopf. Es trug kein Halsband, aber
vielleicht war es gechipt, dann würde Olivia den Halter ermitteln können.
Brad
rollte den Schlafsack aus. »Können wir ihn jetzt bewegen?«
Olivia
nickte. »Steig wieder auf!«, befahl sie ihrem Bruder. »Wir heben ihn an.«
Er
pfiff nach seinem Pferd. Gehorsam kam es angetrottet, und er schwang sich in
den Sattel.
Meg
und Olivia hüllten den inzwischen bewusstlosen Hund in den Schlafsack und hoben
ihn hoch, bis Brad ihn in die Arme nehmen konnte. Dann ritten sie schweigend
zur Ranch zurück, wo er das Tier vorsichtig in Olivias Kombi legte.
»Ich
bleibe hier und bringe die Pferde unter«, bot Meg an. »Dann kannst du Olivia in
der Praxis helfen.«
Er
nickte. »Danke.«
Seine
Schwester warf ihr einen anerkennenden Blick zu, bevor sie sich zu dem Hund
setzte. Brad stieg ein und startete den Motor.
Meg
sah ihnen nach und führte die drei Vierbeiner in die Scheune, nahm ihnen Sattel
und Zaumzeug ab, suchte die Hufe nach Steinen ab und versorgte die Tiere mit
Wasser und Heu. Dabei musste sie immerzu an Brad und den verletzten Hund in
Olivias Wagen denken.
Am
liebsten wäre sie in ihren Blazer gestiegen und ihnen gefolgt, aber sie wusste,
dass sie in der Praxis nur im Weg herumstehen würde. Deshalb fuhr sie zur
Triple-M-Ranch zurück. Sie machte sich gerade Tee, als das Telefon läutete.
Sie
warf einen Blick aufs Display – kein Name, nur eine unbekannte Nummer.
»Hallo?«
»Er
kommt durch!«, verkündete Brad. Vermutlich rief er vom Handy aus an.
Meg
kamen die Tränen. »Gott sei Dank. Hat Olivia ihn operiert?«
»Das
war nicht nötig. Er hatte keine inneren Verletzungen, aber er war übel
zugerichtet – mit all den Nähten sieht er aus wie ein Baseball.«
»Hat
er einen Mikrochip?«
»Ja«,
erwiderte Brad nach einem Moment, »aber die Nummer gibt es nicht mehr. Olivia
hat im Internet ermittelt, dass der Hund einem Mann gehörte, der vor sechs
Monaten verstorben ist. Niemand weiß, wo Willie in der Zwischenzeit war.«
» Willie ?«
»Der
Hund. So heißt er, Willie.«
»Und
was wird jetzt aus Willie?«
»Er
muss eine Weile in der Praxis bleiben«, antwortete Brad.
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