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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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Magarete in die Knie und legte den Kopf in ihren Schoß. „Es tut mir so leid, Magarete“, stammelte sie. Die Tränen bahnten sich ihren Weg empor und tropften auf Magaretes Rock.
    Beinahe mechanisch begann Magarete ihr übers Haar zu streicheln. „Ist schon gut, Paula. Er ist ganz friedlich eingeschlafen.“ Ihre Stimme klang schwach und untröstlich. Sie ließ ihren Kopf auf Paulas Kopf sinken und gemeinsam beweinten sie Friedrich.
    Steffen stand hilflos da. Zu seinem Beruf als Arzt gehörte es dazu, zu Verstorbenen gerufen zu werden. Er wusste, was zu tun war, aber es fiel ihm schwer, persönlich damit umzugehen. Er hatte Friedrich auf seine Weise sehr gemocht und trauerte um ihn, aber er hatte nie eine solch enge Bindung wie Paula aufgebaut. Sein Mitgefühl galt Magarete, die schwer an dem Verlust zu tragen haben würde.
    Und Paula? Er wusste nicht, wie sie es verkraften würde. Das war der Zeitpunkt, vor dem er sich immer gefürchtet hatte. Würde es einen Einfluss auf ihre Beziehung haben? Würde Paula vor einer festen Bindung zurückschrecken, wenn sie sah, wie sie enden konnte?
     
    Magarete übertrug es Steffen und Paula, die Formalitäten zu erledigen. Sie fühlte sich dazu nicht imstande und übertrug ihnen die Verantwortung.
    Friedrich hatte in seinem Testament verfügt, eingeäschert zu werden. Wegen der Sommerhitze wurde der Termin rasch angesetzt. Die Zeremonie im Krematorium geschah in Stille und in kleinem Rahmen.
    Einzig Paula und Steffen begleiteten Magarete, die innerhalb kürzester Zeit geschrumpft war und nur noch ein Abbild der Dame war, die Paula kannte.
    Die Trauerfeier legte sich auf Paulas Gemüt wie ein erstickendes Leichentuch. Sie hielt fortwährend Magaretes Hand und versuchte einen Teil ihres Schmerzes aufzunehmen. Sie hoffte inständig, dass es ihr gelang. Sie hatte den Eindruck, Magarete bekam nur verschwommen mit, was um sie herum geschah.
    Kurz vor der Einäscherung trat Karl Mendelssohn mit seiner Frau in die Kapelle ein. Sie waren so schnell wie möglich aus Berlin angereist, um dem Vater das letzte Geleit zu geben.
    Paula schluckte schwer, als sie sah, wie Karl seinen Vater betrauerte. Dunkle Ringe zeichneten sich unter seinen Augen ab, seine Frau Monika schien ihn regelrecht stützen zu müssen.
    Beinahe erleichtert trat Paula nach der Andacht mit Magarete am Arm ins Tageslicht. Die Welt um sie herum hatte sich nicht verändert. Die Sonne strahlte vom blauen Himmel, ein Kinderlachen von der anderen Straßenseite war zu hören, die Menschen gingen ihrer alltäglichen Arbeit nach. Und doch war etwas anders. Ein Mensch war von ihnen gegangen und die Partnerin dieses Verstorbenen würde ihres Lebens nicht mehr froh werden. Betrübt drückte Paula die Hand von Magarete, die sich etwas gefangen hatte.
    „Dann lasst uns nach Hause fahren. Die Gäste warten bestimmt schon“, schlug Magarete mit brüchiger Stimme vor.
    „Wir kommen nach. Wir wollen gleich zum Notar und die Angelegenheiten meines Vaters regeln“, wandte Karl bedauernd ein. „Wir müssen leider morgen schon wieder zurück.“
    Magarete hob beschwichtigend die Hand. „Das ist in Ordnung, Karl. Wir sehen uns dann nachher, ja?“
    Karl nickte und tippte sich an seinen dunklen Hut. Mit hängenden Schultern wandte er sich ab, während sie langsam auf das Auto zusteuerten.
    Die Fahrt legten sie schweigend zurück. Jeder hing seinen Gedanken nach und sammelte Kraft für die anstehende Trauerfeier.
    Im Garten versammelten sich die Menschen, die in Lucklum vor ein paar Wochen mit Friedrich und Magarete in der Lindenallee fröhlich und ausgelassen gefeiert hatten. Akay und Harald kümmerten sich um die Getränke und das Essen, Kira wieselte flink zwischen den Gästen umher und räumte Teller und Gläser ab. Sie hatte bemerkt, wie ernst die Erwachsenen waren und verhielt sich auffallend taktvoll. Steffen war mehr als erstaunt über seine artige Tochter, er war stolz auf sie.
    Luise und Walter standen ihrer Tochter zur Seite, Herr und Frau Lindner fehlten natürlich auch nicht. Frau Lindner inspizierte gerade eine Kaffeetasse von unten, um herauszufinden, aus welchem edlen Kaffeeservice sie trank. Paula bemerkte es und rümpfte die Nase.
    Karl Mendelssohn erschien mit seiner Frau. Viel später als vermutet und wirkte dennoch etwas gelöster als im Krematorium. Paula indes sog scharf die Luft ein, als Karl die dunkle Urne mit der Asche seines Vaters vor Magarete auf den Tisch stellte. Rundherum stapelten sich Teller, Besteck

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