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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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ihre eigene Dummheit, wie lange sie sich hatte an der Nase herumführen lassen. Das Leben, welches sie geführt hatte, erschien ihr im Nachhinein so banal und belanglos. Beinahe schämte sie sich für ihr fehlendes Selbstbewusstsein, es nicht schon viel früher beendet zu haben.
    „Aber Paula“, ermahnte sie Magarete, als sie eines Nachmittags mit Friedrich im Garten zusammensaßen, „schlechte Erfahrungen gehören zum Leben dazu. Das hilft dem Menschen, sich weiterzuentwickeln, Neues zu versuchen und gute Erfahrungen zu sammeln.“ Magarete saß entspannt im Stuhl und verscheuchte milde eine Biene, die sich gefährlich dicht ihrem Kuchenstück näherte.
    „Ja, ich weiß ja. Aber mitunter wünsche ich mir schon, ich hätte diese Erfahrung abkürzen können. Sieben Jahre sind zu lang.“ Sie wurde durch die bunten Schmetterlinge im Garten abgelenkt, die sich auf den Blumen niederließen und gierig den Nektar der Blüten einsogen. „Also ich muss sagen, der Garten ist wirklich wunderbar.“
    „Wenn ich mich nicht mehr um den Garten kümmern kann, dann übernimmst du das für mich, ja?“, äußerte Magarete beiläufig.
    Paulas Kopf ruckte zu ihr herum. „Aber du bist doch da! Warum sollte ich mich darum kümmern?“
    „Ewig werde ich nicht da sein.“
    „Das ist der Lauf der Dinge“, mischte sich Friedrich ein. Er saß zusammengesunken in seinem Stuhl und hatte dem Gespräch gelauscht.
    „Ich hasse solche Sprüche“, erwiderte Paula leise, „damit kann ich nichts anfangen. Der Lauf der Dinge. Was soll das heißen? Warum muss das so sein? Finde ich doof.“ Trotzig, wie ein kleines Mädchen, versuchte sie die Augen vor den Tatsachen zu verschließen. Natürlich überlegte sie hin und wieder wie es sein würde, wenn Magarete oder Friedrich nicht mehr wären. In letzter Zeit hatte sie bei Friedrich deutlich bemerkt, wie stark er körperlich abbaute. Sein Herz war nicht mehr in der Lage, den Körper mit lebensnotwendigen Schlägen bei Kräften zu halten. Er wurde schnell müde, so dass er und Magarete nur noch selten das Haus verließen. Bei schönem Wetter saßen sie im Garten, wobei Friedrich regelmäßig nach kurzer Zeit einschlief. Magarete saß neben ihm und hielt seine Hand, streichelte sie und betrachtete ihn liebevoll, aber mit einem traurigen Zug um den Mund.
    Magarete und Friedrich ahnten längst, dass Paula über seine Krankheit Bescheid wusste. Sie redeten nicht darüber, was gab es auch zu besprechen?
    Friedrich straffte sich in seinem Stuhl. Es kostete ihn viel Mühe. Er legte auffordernd die offene Hand auf den Tisch. Betreten über ihren vorherigen Ausbruch, blickte Paula auf diese vom Wetter gegerbte Hand. Sie legte ihre Hand in seine und blickte ihm in die Augen. In diese äußerst wachen und klugen Augen.
    „Alles hat seine Zeit, meine liebe Paula. Sieh dir zum Beispiel die schönen Blumen an. Jetzt blühen sie, im Herbst verlieren sie ihre Blüten. Die Pflanze sammelt ihre Energie im Winter und im Frühling tauchen sie mit neuer Pracht auf.“
    „Sie tauchen im Frühling wieder auf. Das sagst du doch selbst. Aber du“, sie zögerte und wusste nicht, wie sie weitersprechen sollte.
    „Im Frühling kommt etwas Neues, ja. Es muss so sein, es kann doch nicht ewig das Alte bestehen.“
    „So richtig überzeugen tut mich das nicht“, erwiderte Paula unglücklich.
    Friedrich drückte aufmunternd ihre Hand und lächelte wissend. „Glaube mir einfach. Alles ist gut, so wie es ist. Es gibt nichts, worüber du dir Sorgen machen musst.“
    „Ich glaube, mir fehlt die Gelassenheit des Alters.“
    Lachend ließ Friedrich ihre Hand los. „Das mag sein.“
    „Hallo?“ Aus dem Treppenhaus erklang die Stimme von Steffen.
    „Wir sind hier im Garten“, rief Magarete.
    Im gleichen Moment tauchte sein strahlendes Gesicht auf. Er drückte Paula einen Kuss auf den Mund und begrüßte Magarete und Friedrich.
    „Ihr lasst euch das ja gut gehen. Rentner müsste man sein.“ Er zog sich einen Stuhl heran und plumpste erleichtert hinein. „Endlich Feierabend. Anscheinend hat sich das halbe Viertel eine Sommererkältung zugezogen.“ Er nahm einen Schluck aus Paulas Wasserglas. „Und was liegt bei uns heute noch an? Es ist Freitag und ich könnte ein wenig Abwechslung vertragen.“
    „Das ist eine gute Idee. Schnapp sie dir und geht unter Leute. Hier senkt sie nur den Altersdurchschnitt zu sehr.“ Friedrich schmunzelte.
    „Gut, ich habe verstanden. Ihr wollt mich loswerden. Na dann“, sie stand mit

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