Lindenallee
den letzten Treppenstufen angekommen und Frank tauchte auf. Er trug einen dunklen Anzug und sah fast furchteinflößend nach Anwalt aus.
„Hallo Frank.“
„Hallo Paula.“ Sein Lächeln relativierte schnell die einschüchternde Wirkung seiner Arbeitskleidung.
„Komm rein.“
Frank trat ein, während Paula um die Ecke ins Treppenhaus blickte.
„Ich bin alleine, oder erwartest du noch jemanden?“ Frank zog sich das Jackett aus.
„Nö“, stammelte sie. Sie hätte wetten können, dass Frank mit Steffen im Schlepptau bei ihr auftauchen würde. Nun war sie ein klein wenig enttäuscht.
Paula nahm ihm das Jackett ab. „Möchtest du etwas trinken?“
„Gerne. Wasser, wenn du hast.“
Paula verschwand in der Küche, während Frank seine Unterlagen im Wohnzimmer aus seiner Aktentasche nahm und auf den Esstisch legte. Paula stellte ihm das Glas daneben und nahm ihm gegenüber Platz.
„Ich finde es echt klasse, dass du mich dabei unterstützt“, begann Paula.
Frank hob die Hand und wiegelte ab. „Das ist doch nur ein Brief, nichts weiter.“ Er reichte ihr das Schriftstück. Sie überflog die Zeilen und gab ihn zurück.
„Mich würde das auf jeden Fall beeindrucken. Hoffentlich wirkt es beim Adressaten.“ Paula knetete unruhig ihre Hände im Schoß.
„Bei neunzig Prozent wirkt es, glaub mir. Die meisten scheuen eine Auseinandersetzung vor Gericht. Ich schicke den Brief heute ab. Ich muss eh noch zur Hauptpost. Morgen hat er ihn schon im Briefkasten liegen.“ Frank steckte den Brief in einen Kuvert und verschloss ihn. „Erledigt.“ Er nahm einen Schluck Wasser und sah Paula an. „Das wird schon werden“, munterte er sie auf.
„Warum sind alle so nett zu mir?“, fragte Paula. „Womit habe ich das verdient?“
„Du lässt es zu. Das Nutzen wir alle schamlos aus.“ Lachend erhob er sich. „Ich muss wieder los. Die Familie wartet.“
Paula brachte ihn an die Tür. „Wie geht es weiter in meinem Fall?“
Frank schwang sich elegant das Jackett über die Schulter. „Ich vermute, es wird irgendeine Reaktion geben. Entweder einen Anruf oder einen Brief vom Gegen-Anwalt. Lass dich bitte auf keine Diskussionen ein. Informiere mich und wir besprechen das weitere Vorgehen, okay?“
„Das mache ich. Vielen Dank noch mal.“
„Keine Ursache.“
„Da bist du ja“, rief Akay ihr freudig entgegen, als sie die Tür zum Kobald öffnete. Harald, der Besitzer, lächelte und nickte ihr zur Begrüßung zu.
„Hallo zusammen.“
Paula ließ ihren Blick schweifen. Am Tresen saßen fünf grauhaarige Männer, die sich zu ihr umgedreht hatten. Vor den Männern standen jeweils ein Bier und ein Schnaps. Paula nickte ihnen freundlich zu und verzog sich rasch in den Raucherraum, der zu dieser frühen Zeit leer war. Akay folgte ihr.
„Mensch, das ist klasse, dass du hergekommen bist.“ Akay nahm neben ihr auf einem Barhocker Platz. Paula zündete sich eine Zigarette an.
„Frank war bei mir und der Brief an meinen Ex geht heute noch raus. Es gibt also neben meinem neuen Job noch etwas zu feiern! Ich werde das Auto los und damit ein weiteres Stück meiner unsäglichen Vergangenheit.“ Paula lächelte zufrieden.
„Dann sollten wir mit einem Sekt anstoßen. Ich bin gleich wieder da.“
Paula gratulierte sich im Stillen, denn der Schritt, den sie heute getan hatte, war wichtig für sie. Allerdings saß tief in ihrem Inneren die Angst vor Markus Reaktion. Sie kannte ihn nur zu gut und der Brief würde seine jähzornige Seite zum Vorschein bringen. Diese Seite hatte ihr immer Unbehagen bereitet und häufig war sie es gewesen, die beschwichtigend auf ihn Einfluss nehmen musste. Nur diesmal würde sie nicht nachgeben, obwohl der Respekt vor der eigenen Courage an ihr nagte.
„So, hier ist ein Gläschen Sekt.“ Gerade rechtzeitig wurde sie von Akay in ihren Gedankenspiralen unterbrochen.
„Auf einen Neuanfang“, prostete Akay ihr zu.
„So soll es sein.“
„Wie lange seid ihr eigentlich zusammen gewesen?“
„Sieben Jahre.“
„Das ist eine lange Zeit. Da tut eine Trennung weh. Meine längste Beziehung dauerte anderthalb Jahre. Am Schluss war es eher wie eine Wohngemeinschaft. Wir wohnten zusammen und es war, als ob sich zwei Freunde Lebewohl sagten. Sehr eigenartig.“ Akay nippte am Glas.
„Nicht böse sein, wenn ich das jetzt frage.“ Paula blickte Akay vorsichtig an, denn sie fühlte, ihre nächste Frage könnte sie in ein Fettnäpfchen treten lassen. „Ist das für deine Eltern in
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