Lindenallee
Ordnung, wenn du einen Freund hast? Ich meine diese Sache mit türkische Frauen müssen jungfräulich in die Ehe gehen und so?“
Akay antwortete ohne Umschweife. „Ich denke, sie wissen ich lebe nicht so traditionell wie die Generationen vor mir, aber ich habe ihnen damals auch nicht meinen Freund vorgestellt. Hat sich ja auch nicht gelohnt. Aber ich vermute sie ahnen etwas. Es ist besser, wenn ich nicht mit ihnen darüber rede, sondern irgendwann den Richtigen mitzubringen, den ich heiraten werde und mit dem ich Kinder haben möchte.“
„Das weißt du schon genau?“
„Na klar, man muss doch einen Plan im Leben haben.“ Akay sah Paula überrascht an. „Was ist mit dir? Wie sieht dein Plan aus?“
„Mein Plan sah so ähnlich wie deiner aus, bis er wie eine Seifenblase zerplatzte. Ich versuche einfach nur die nächsten Tage und Wochen zu überstehen.“
Harald klopfte an die Trennscheibe zwischen Raucher- und Nichtraucherraum und bedeutete Akay, an die Arbeit zu gehen. Akay winkte ihm verständig zu. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass du das schaffen wirst. Und wenn du mal nicht weiter weißt oder reden möchtest, dann weißt du wo du mich finden kannst.“
Dankbar lächelte Paula ihr hinterher, als sie zu Harald eilte und begann, die Bestellungen abzuarbeiten. Das Lokal füllte sich zusehends und Akay fand kaum noch Zeit für sie, so dass Paula zum Abschluss einen Cappuccino trank und aufbrach.
„Schade, heute ist so viel zu tun. Wir müssen unsere Unterhaltung wann anders fortsetzen“, entschuldigte Akay sich, als sie bei Paula abkassierte.
„Kein Problem, ich bin eh ganz schön müde. Die letzte Nacht war nicht sonderlich erholsam. Heute gehe ich früh ins Bett.“
„Okay, dann schönen Abend.“
Paula trat auf die Straße und sog tief die kühle Abendluft ein. In ihrem Kopf geisterte das Wort „Plan“ umher. Was für einen Plan habe ich, fragte sie sich. Ihr Plan war gewesen, mit Markus eine Familie zu gründen. Sie war mit zweiunddreißig Jahren im besten Alter, um eine Familie zu haben. Jahrelang hatte er sie mit den Worten hingehalten, „lass uns noch mit Kindern warten, wir haben doch genug Zeit“. Und sie hatte gewartet, bis ihre Träume endgültig zerplatzten. In ihr nagten unangenehme Fragen. Sie fragte sich, wie lange sie einen Mann kennen musste, um mit ihm Kinder bekommen zu können. Selbst, wenn sie jetzt einen kennenlernte, war es ratsam sich einige Zeit zu prüfen, um das Wagnis einer Familiengründung einzugehen. Wütend stapfte Paula auf. Die Gedanken führten zu nichts. Ihre Lebensplanung war zerstört, kein Mann weit und breit in Sicht.
In ihrer Wohnung ließ sie sich aufs Sofa fallen und schaltete den Fernseher an. Es lief eine Reportage über Nordseeinseln. Sie nahm von der Dokumentation wenig wahr. Ihr Blick wanderte zum Fenster und blieb an dem Kaktus hängen, den ihr Steffen geschenkt hatte.
Irgendwie frech, mir einen Kaktus zu schenken, dachte sie. Kurz entschlossen stellte sie den Fernseher aus und ging ins Internet. Vielleicht finde ich dort einen Hinweis auf die Bedeutung dieses Kaktus. Steffen hat ihn mir doch nicht ohne Hintergedanken geschenkt, oder?
12
Der nächste Arbeitstag verging wie im Flug. Der neue Job machte Paula tatsächlich Spaß und im Trubel vergaß sie ihre Ängste und Sorgen, die sie spätestens zu Hause wieder einholten.
An diesem Tag schaltete sie bewusst ihr altes Handy ein und legte es auf den Tisch. Es würde nicht lange dauern, bis ihr Netzbetreiber eine Nachricht an diejenigen versandte, die versucht hatten, sie zu erreichen. Keine zwei Minuten später ging ein Anruf ein und Paula wusste sofort, von wem er kam.
„Hallo“, meldete sie sich tonlos.
„Ist das dein Ernst? Du hetzt mir wegen meines Autos einen Anwalt auf den Hals?“ Markus spie jedes einzelne Wort aus.
Paula schluckte. Sie hatte es kommen sehen und musste ruhig bleiben. „Richtig, dann ist der Brief vermutlich eingetroffen.“
„Darauf kannst du wetten! Das ist mein Auto! Was soll der Mist?“
Paula schwieg und dachte an Frank, der ihr geraten hatte, keine Diskussion anzufangen. Solange Markus derart herumschrie, fiel es ihr nicht schwer, einfach den Mund zu halten.
Womit sie nicht rechnete war der Umschwung in seiner Taktik. Er spürte instinktiv, dass ihr in diesem Tonfall so nicht beizukommen war. Er schraubte seine Stimmlage und die Lautstärke drastisch herab.
„Ach, komm schon meine Maus, das ist doch nicht dein Ernst mit dem Anwalt. Das können wir
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