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Linna singt

Linna singt

Titel: Linna singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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hier wegzubringen.
    Aber das würde bedeuten, dass er mich von sich selbst wegbringt. Wenn ich bei ihm bleiben will, darf ich nicht gehen. Schlafen … Ja, ich sollte schlafen und ich weiß, dass ich es kann, es ist oft mein einziger Ausweg gewesen. Schlafen und vergessen.
    Angezogen krieche ich unter meine Decke und spüre nur noch, wie das Frösteln von meinem Bauch hinauf in meinen Kopf wandert, bevor mein Körper sich das nimmt, worauf er schon seit gestern Abend wartet.
    Er tut es mit solcher Gewalt, dass ich erst glaube, mir Falks Stimme nur einzubilden, als wäre sie eine Art Wachtraum, wie er dem tatsächlichen Aufwachen oft vorangeht. Doch dann fallen Wassertropfen auf meine Nase, warme, weiche Perlen, und mein Körper richtet sich wie der eines Schlafwandlers auf, die Gedanken fern, die Augen geschlossen. Ich muss mit beiden Händen darüberreiben, um sie öffnen zu können, so müde bin ich noch.
    »Linna … hey, Mozzie …«
    Ja, ich bin es, denke ich zerstreut und versuche einzuordnen, was ich sehe: einen halb nackten Mann, bekleidet nur mit einem Handtuch um die Hüften, die Haare feucht, das Gesicht schweißnass. Es ist sein Schweiß, der auf meine Nase getropft ist. Meine Zunge wandert neugierig nach oben, um ihn zu kosten, doch meine Haut hat die salzige Nässe bereits aufgesogen.
    »Was … Was ist denn? Ist wieder etwas passiert? Falk, was ist los?«
    »Schlaf mit mir.«
    Was sagt er da? Ist das ein Befehl oder eine Bitte? Ich rücke ein Stück von ihm ab, obwohl meine Hände längst fühlen wollen, was meine Augen sehen, es ist prachtvoll, keine Frage, und ohne Saunatuch wäre es womöglich noch viel prachtvoller. Aber so einfach geht das nicht!
    Skeptisch mustere ich ihn und versuche, mich auf die Fakten und nicht auf meine Bedürfnisse zu konzentrieren. Er muss in der Sauna gewesen sein, ja, seine Brust ist gerötet und seine Wangen sind es auch, aber seine Augen – seine Augen wirken nicht entspannt. Sie wirken unruhig und verstört. Sie suchen mich. Nein, sie suchen Vergessen in mir.
    »Du musst mir sagen, was passiert ist. Es ist doch etwas passiert, oder?«
    »Linna, bitte …« Er fasst mich nicht an, bedrängt mich nicht, aber nun ist es kein Befehl mehr. Es hat nichts Flehentliches, sein Bitten, er wirft seinen Stolz nicht über Bord, aber es ist das Gegenteil von dem, was meine Lust weiter anfachen kann, sosehr sie auch in mir aufbegehrt. Meine Seele spricht eine andere Sprache.
    »Nein.« Entschieden schüttele ich den Kopf. »Ich bin kein Dienstleister für Liebesangelegenheiten. Probier es woanders.«
    Oh Gott, bin ich bescheuert. Er sitzt hier halb nackt auf meinem Bett, ich müsste nur am Zipfel des Handtuchs ziehen, um das zu tun, wovon ich seit Jahren träume, und ich sage Nein. Dass er über irgendetwas erschrocken ist, sehe ich, und es lässt mich nicht kalt, aber verdammt, er ist ein gestandener Mann, er kommt allein damit zurecht. Ich bin keine Medizin!
    »Okay … okay. Sorry. Sorry, sweetheart …« Mein Nein muss wie ein Schwall kaltes Wasser gewirkt haben. Er rutscht ein Stück von mir weg, wobei der Saum seines Handtuchs ein wenig höher rückt und ich mehr betrachten könnte, als mir bisher erlaubt wurde, doch auch danach steht mir nicht der Sinn. In etwa wird es so aussehen wie bei jedem anderen Mann, ein paar Zentimeter mehr oder weniger fallen dabei nicht ins Gewicht, auch wenn ich bei Falk eher auf die Zentimeter mehr tippe. »Oh my God, bin ich ein Idiot.« Mit beiden Händen fährt er sich über das Gesicht und dann von hinten durch die nassen Haare, als wolle er damit seine sündigen Gedanken vertreiben.
    »Das bist du nur, wenn du mir nicht sofort erzählst, was passiert ist«, ermahne ich ihn hartnäckig.
    »Das kann ich nicht.«
    »Warum nicht? Kannst du nicht oder willst du nicht?« Ich stehe auf und nehme mein Duschlaken vom Stuhl, um es ihm um die Schultern zu legen. Ein egoistischer und kein fürsorglicher Akt. Je weniger nackte Haut, desto besser kann ich nachdenken, und hier ist etwas passiert, worüber wir uns beide Gedanken machen sollten.
    »Ich kann nicht. Ich weiß nicht mal, was genau geschehen ist! Es war wie – wie ein Flashback. Ja, ein Flashback. Ich war plötzlich wieder acht und … oh shit …«
    Flashback? Einen Flashback bekommt man nur, wenn man in der Vergangenheit ein traumatisches Erlebnis hatte. Falk hatte ein traumatisches Erlebnis? Mit acht und in der Sauna?
    »Ich dachte … okay, ich dachte, wir können hier Liebe machen und

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