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Linna singt

Linna singt

Titel: Linna singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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und auch danach … Du warst ja dauernd in jemanden verknallt und hast mit ihm rumgemacht, wenn sich die Gelegenheit bot. Ach, in mehrere gleichzeitig warst du verknallt! Das stand sogar in der Abizeitung!«
    »Knutschen ist etwas anderes als Sex, das muss ich dir wohl nicht erklären! Oder doch?« Ich werfe Jules einen provokanten Blick zu, obwohl ich kaum mehr etwas sehen kann. Alles scheint zu zittern und sich ineinander aufzulösen. »Kennt sie den Unterschied?«
    Jules’ Grinsen gefriert, doch er sagt immer noch nichts Konkretes. Er ist also Maggies Meinung. Ich unterschlage Bettgeschichten. Die Ohnmacht drückt mir die Kehle zu, ich kann nicht mehr atmen. Es ist wie mit ihr … Niemand glaubt mir. Niemand. Ich kann sagen, was ich will, ich kann die besten Argumente anbringen, es ändert nichts. Ich bin die Böse, die mit dem schlechten Charakter, die Egozentrikerin, die andere Menschen ausnutzt und nur auf ihren Vorteil aus ist. Ich könnte schreien und weinen und flehen, es würde immer nur ausgelegt werden als Manipulation und Show, ja, als Show …
    »Wisst ihr was?«, erhebt sich plötzlich Falks sonore Männerstimme. »Es ist mir egal, mit wem Linna im Bett war.« Maggie sackt in sich zusammen. Auch mir bleibt die Luft weg, doch seine Worte zerstreuen die Nebel in meinem Kopf. Ich kann wieder etwas sehen. Nachdrücklich streicht er Luna über den haarigen Kopf, als wolle er damit seine unerwartete Wortmeldung bekräftigen. Wenigstens ist es dem Hund egal, wann ich meine Jungfräulichkeit verloren habe. »Gut, vielleicht war sie mit mehr als fünf Männern im Bett, na und? Wenn ein Mann das tut, regt sich niemand auf. Aber eine Frau ist gleich eine Bitch. Das ist nicht fair.«
    Meine Augen beginnen zu brennen. Falk hat ebenfalls Zweifel, aber er verteidigt mich und mein Leben. Er verteidigt mich …
    »Darum geht es hier nicht«, weist Maggie ihn bockig zurecht. »In diesem Spiel geht es um die Wahrheit und ich bin überzeugt, dass Linna nicht die Wahrheit sagt. Sie macht uns was vor. Wer ist noch dieser Meinung?«
    Ich schaue nicht hin. Ich will nicht sehen, wer von ihnen die Hand hebt und wer nicht.
    »Gut, dann beraten wir jetzt über eine neue Frage.«
    Sie stehen auf und ziehen sich in eine Ecke zurück, wo sie tuschelnd und raunend die Köpfe zusammenstecken. Nur Falk bleibt gegenüber von mir sitzen. Ihm wird der Kinderkram langsam zu blöd, mir auch, aber ich werde nicht kneifen, so übel mir auch ist. Wenn ich jetzt weglaufe, wird es mir als Einknicken ausgelegt, als Beweis, dass ich gelogen habe. Ich werde das aushalten und abwarten. Ich muss mir nur vorstellen, dass es ein Kampf ist, ein Kampf mit Worten. Das Blatt kann sich jederzeit wenden. Oft werde ich erst dann am stärksten, wenn die Gegnerin überlegen zu sein scheint. Die anderen nehmen ihre Köpfe wieder auseinander und kommen zu Falk und mir zurück.
    »Wir haben uns auf eine neue Frage geeinigt«, vermeldet Simon in versöhnlichem Ton. »Die Frage lautet: Hast du schon einmal jemanden geschlagen oder verprügelt?«
    Können sie Gedanken lesen? »Außerhalb vom Ring? Nein.«
    »Du flunkerst, Linna.« Maggies Zeigefinger wandert nach oben. »Jetzt sag doch endlich mal die Wahrheit, wir sind doch …«
    »Du willst die Rangeleien in der Unterstufe ja wohl nicht mitzählen, oder? Übrigens habe ich Manuel verprügelt, um dich zu verteidigen. Nur falls du es vergessen hast.«
    »Das meine ich nicht«, entgegnet Maggie. »Ich meine …«
    »Im Ring?«, würgt Falk Maggie ab. »Dann stimmt das also, du boxt?«
    »Ja, ich boxe. Hat irgendjemand ein Problem damit?«
    Jules pfeift leise durch die Zähne. Auch Tobis Augen weiten sich. Nur Simons Blick wirkt leicht angeekelt.
    »Bist du gut?«, fragt Falk weiter. »Ich meine, machst du auch Kämpfe?«
    Ich nicke. Endlich Fragen, an deren Antwort niemand zweifeln wird und für deren Wahrheitsprüfung es genügend Beweise gibt. »Ja zu beidem. Ich bin gut und ich bestreite Kämpfe. Bisher hab ich meistens gewonnen, einmal sogar mit einem K. o., trotz Kopfschutz.«
    Oh, wenn das hier nur ein Kampf im Ring wäre … Mit echten Gegnern und fairen Regeln. Bei denen nicht zählt, was ich in der Vergangenheit getan habe oder wonach es aussah, sondern lediglich, wie ich meine Gegnerin erwische. Sobald der Kampf begonnen hat, gibt es nur das Hier und Jetzt. Alles andere zählt nicht. Nicht einmal mein Aussehen spielt dann noch eine Rolle. Mundschutz und Helm entstellen selbst die schönste Frau. Ich muss

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