Lions - Feuriger Instinkt
sie nicht noch verschlimmern.
Jess rieb sich die Augen. Halt. Warum interessierte sie überhaupt Smittys Beziehung zu seinem Vater? War sie verrückt geworden? Sie ließ sich wieder hineinziehen. Zurück in den Wahnsinn, der als die Smith-Meute bekannt war.
»Ich weiß es zu schätzen, dass du helfen willst«, sagte sie und versuchte es mit einer anderen Richtung. »Aber es gibt nichts zu helfen. Alles ist in Ordnung.«
Die Pause, die darauf folgte, war lang, und einen Moment lang glaubte sie, die Verbindung sei abgebrochen.
Bis Smitty sagte: »Du lügst mich an, Jessie Ann. Und ich werde herausfinden, warum.«
»Und wieso? Weil du eindeutig ein Hobby brauchst – und vielleicht auch eine Freundin?«
»Nein, weil Freunde das füreinander tun. Wir helfen einander aus. Und egal, was du glaubst – wir sind immer noch Freunde.«
»Auf was für einem Planeten lebst du eigentlich?«
»Ich weiß nicht. Aber er ist nett. Überall gibt es Feuerhydranten – und Häschen!«
Jess prustete, sie hatte größte Mühe, sich das Lachen zu verkneifen. Verdammter Kerl! Er brachte sie immer noch zum Lachen. Wie damals, als er sie nach dem Lagerfeuer beim Schulfest in einem Luftschacht versteckt gefunden hatte. Sie hatte vorgehabt, die ganze Nacht dort zu bleiben, bis der Alkoholpegel bei Sissys Wolfsschlampen gesunken war. Aber er hatte sie mit Witzen herausgelockt und ihr einen dieser riesigen Hershey-Schokoriegel versprochen. Dann hatte er dafür gesorgt, dass sie sicher nach Hause kam.
Jahre später versuchte er immer noch, sie zu beschützen. Nur dass sie es jetzt nicht mehr brauchte.
»Ich muss auflegen, Bobby Ray.« Sie war froh, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Ihr Lächeln hätte ihn nur weiter ermuntert. »Ruf mich nicht mehr an. Versuch nicht, mir zu ›helfen‹. Leb einfach dein Leben – und sei glücklich.«
Als er nichts sagte, legte Jess auf, schaute auf die Uhr und machte sich wieder an die Arbeit.
Smitty ging zurück zum Überwachungsfahrzeug; Jessies letzte Worte spulten sich immer wieder in seinem Kopf ab.
Seine Schwester saß auf der Kante des Wagenbodens und hatte den Rücken an eine der offenen Türen gelehnt. Sie hatten an diesem Abend einen Auftrag, bei dem es um einen ausländischen Geschäftsmann ging, aber bisher war alles ruhig gewesen. Eigentlich der perfekte Job. Niedrige Gefahrenstufe, hohes Honorar.
»Pause?«, fragte er.
Sissy trank Kaffee und knabberte an einem Stück Kuchen. »Ja, ich faulenze nicht.«
»Ich frage ja nur.«
»Es war die Art, wie du gefragt hast.« Sissy sah ihn eine Weile an. »Was ist los mit dir?«
»Nichts. Warum?«
»Du hast einen komischen Ausdruck im Gesicht.«
»Kann ich dich etwas fragen?«
»Wenn es sein muss.«
Smitty nahm ihren Kaffee und trank einen Schluck. »Ist es dir wichtig, ob ich glücklich bin?«
»Nein.« Sissy holte sich ihren Kaffee zurück. »Und besorg dir gefälligst selber einen.«
»Also gut.« Er schnappte ihr das Stück Kuchen weg, und als sie wild danach angelte, schob er sich das ganze Stück auf einmal in den Mund.
»So«, sagte er und gab sich Mühe, dabei Krümel auf sie zu spucken. »Jetzt hatte ich meinen eigenen.«
Kapitel 7
Smitty hatte gerade begonnen, Gehaltsschecks zu unterschreiben, als Mace in sein Büro kam.
»Weißt du etwas über diesen Auftrag im Kunstmuseum, wegen dem gerade ein Anruf kam?«
»Nö. Was für ein Auftrag im Kunstmuseum?«
»Sie wollen uns für heute Abend.«
»Nicht genug Zeit«, antwortete Smitty, ohne von seinen Gehaltsschecks aufzublicken.
»Wir müssen genug Zeit schaffen.«
»Warum?«
Mace legte ein Blatt Papier auf die Schecks.
Smitty starrte darauf. »Ha. Schau dir all diese Nullen an.«
Die Katze grinste. »Ja, schau sie dir an.«
»Wo kommt der Auftrag überhaupt her?«
»Ein alter Tiger, der im Museumsvorstand sitzt, hat mir erzählt, dass ihm eindringlich nahegelegt wurde, uns für die Wohltätigkeitsveranstaltung heute Abend zu engagieren.«
»Nahegelegt?«
» Eindringlich nahegelegt.«
»Von …?«
Mace zuckte die Achseln, bereits auf dem Weg, um das Team zusammenzurufen. »Irgendein Typ namens Phil.«
Smitty starrte auf die Schecks hinab, die noch unterschrieben werden mussten. »Phil wer?«
Jess zog ihren Mantel aus und reichte ihn dem Mädchen hinter dem Tresen. Dann tat sie, was sie schon die ganze letzte Stunde tat – sie zog den Saum ihres Kleides herunter. Falls man das überhaupt ein Kleid nennen konnte. Es war eher ein Kleidchen für eine
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