Lions - Feuriger Instinkt
Mittelfinger gezeigt hätte.
Smitty drehte sich um und schaute zu der Stelle, die Jessie angestarrt hatte. Aber er sah immer noch nichts, das ihn nervös oder besorgt gemacht hätte.
Also was zum Henker hatte seine kleine Jessie Ann beunruhigt?
Sobald Jess aus dem Aufzug stieg, rannten ihre Freunde davon. Sie entkamen ihr alle, bis auf denjenigen, den sie sowieso hatte erwischen wollen.
»Jess! Sei vernünftig!« Sie zerrte Phil am Kragen in ihr Büro und knallte die Tür zu. Sie hatte ungefähr zehn Minuten, bis die anderen hereinschlichen. Es musste schnell gehen.
Phil dagegen versuchte nach Kräften, sich zu verteidigen, weil er sie mit einem verrückten Hinterwäldler-Wolf allein gelassen hatte. »Wir dachten, wir müssten ja nicht alle mit dir ins Krankenhaus fahren.«
»Lass gut sein. Ich muss dich etwas fragen.«
»Was?«
»Erinnerst du dich an Walt Wilson?«
Phil dachte kurz nach. »Der Name kommt mir bekannt vor …«
»Kristans biologischer Vater.« Der Mann, der die damals achtzehnjährige Maylin einfach hatte sitzen lassen, weil »das Ding in dir nicht von mir ist«.
»Oh. Der«, schnaubte Phil. »Was ist mit ihm?«
»Ich glaube, ich habe ihn gesehen.«
»In New York?«
»Nein, im Weltall.«
»Okay. Leicht unangebrachter Sarkasmus.«
Jess wanderte zu dem großen Fenster hinter ihrem Schreibtisch. Sie schaute selten hinaus. Sie hatte selten Zeit dazu.
»Bist du sicher, dass er es war?«
»Nein, aber ich glaube, er war es. Ich habe sein Foto einmal in Mays Fotoalbum gesehen. Sie behielt nur ein Foto von ihm, damit Kristan wusste, wie er aussah.« Sie runzelte die Stirn. »Er hat ganz schön viele Haare verloren für einen Wolf. Hat eine riesige fliehende Stirn.«
»Ich glaube nicht, dass eine Stirn fliehen kann.«
»Willst du dich darüber mit mir streiten?«
»Hey. Kommt diese ganze Gereiztheit von Walt Wilson?« Phil grinste. »Oder von diesem großen alten Landwolf?«
Als Jess so tat, als wolle sie sich über den Tisch hinweg auf ihn stürzen, schlang Phil die Arme um die Brust. »Nicht die Nippel!«
»Spür Wilson auf!«, befahl ihm Jess. »Wenn er in der Stadt ist, will ich es wissen.«
»Okay.«
»Ich finde den Zeitpunkt seines Erscheinens ein bisschen suspekt, Phil.«
»Das dachte ich auch.«
»Und ich lasse nicht zu, dass Kristan verletzt wird. Nicht von diesem Arschloch. Aber behalt es für dich, bis wir etwas wissen.«
Phil kam um den Schreibtisch herum und stellte sich neben sie. »Was ist sonst noch los?«
»Wilson ist ein größeres Problem, als euch allen bewusst ist.« Sie atmete hörbar aus. »Er ist ein Smith. Ein entfernter Cousin oder so etwas. Ich bin mir nicht sicher, welche Blutlinie, aber es ist so.«
»Super. Einfach super.«
»Ja, du weißt, wie die Smiths sind, wenn es um die Familie geht. Und wenn sie glauben, wir legen ihn aufs Kreuz …«
»Lass uns noch nicht darüber nachdenken. Ich schaue, was ich herausfinden kann, und ich werde diskret sein.«
»Gut.«
»Übrigens würde ich mir keine Sorgen machen«, grinste Phil. »Wir haben ja jetzt einen Draht zu Smitty.«
»Ich werde ihn nicht bitten, sich gegen seine Familie zu stellen, du Holzkopf.«
»Aaah. Du verteidigst ihn. Liegt da etwa Liebe in der Luft? Ich wette, du brauchtest nur ein bisschen Hilfe von mir, um die Sache ins Rollen zu bringen. Vertrau dich einfach dem Love Doctor an – und wirf nichts nach meinem Kopf!«
Jess stellte die Zwölf-Zentimeter-Drachenstatue aus Zinn zurück auf den Schreibtisch. »Nerv mich nicht, Phil!«
»Ja, Ma’am. Aber du weißt, dass Wilson vielleicht nur hier ist, um das Kind zu sehen.« Phil zuckte die Achseln. »Vielleicht hat er das schon.«
»Daran habe ich auch schon gedacht.« Jess setzte sich auf ihren Schreibtisch. »Aber sie ist entweder mit Keith unterwegs« – Sabinas und Phils Ältestem – »oder mit ihren Schwestern.«
»Glaubst du nicht, dass sie sie decken würden?«
»Auf keinen Fall. Niemand ist so dumm, Kristans Verrücktheiten zu decken.«
Johnny schob sein Buch zur Seite, damit die Kellnerin seinen Burger mit Pommes abstellen konnte. Er war nie ein großer Fantasy-Fan gewesen. Er mochte Western und Krimis. Aber Jess redete die ganze Zeit von Tolkiens Werk, und damit sie den Mund hielt, hatte er sich eine der vielen Ausgaben aus den zahlreichen Bücherregalen, die im gesamten Haus der Meute verteilt waren, genommen. Die Filme hatten ihm schon gefallen, aber Tolkiens geschriebenes Wort sprach ihn noch auf einer ganz anderen
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