Lippels Traum (German Edition)
Jungen. Ich schlage nie. Er bekommt allerdings Zimmerarrest!«
»Sie können ihm doch nicht Zimmerarrest geben, nur weil er bei mir zum Essen war!«, sagte Frau Jeschke empört. »Das geht doch nicht!«
»Das müssen Sie schon, bitte schön, mir überlassen!«, sagte Frau Jakob. »Ich bin schließlich für den Jungen zuständig und nicht Sie!«
»Nein, das werde ich Ihnen nicht überlassen!« Frau Jeschke wurde richtig laut. »Ich habe den Jungen eingeladen.«
»Das ist Ihre Schuld, nicht meine«, sagte Frau Jakob kalt.
»Wissen Sie was?!« Frau Jeschke ging auf Frau Jakob zu und tippte ihr mit ihrem dicken Zeigefinger auf die Schulter. »Sie können gehen!«
»Gehen? Was soll das heißen?«
»Sie dürfen einen Tag früher hier Schluss machen. Die eine Nacht bleibe ich bei dem Jungen!«
»Das ist unmöglich, schließlich werde ich dafür bezahlt!«, sagte Frau Jakob entrüstet. »Wie stellen Sie sich das vor?!«
»Wenn es nur an der Bezahlung liegt, können wir das Ganze bestimmt regeln. Ich spreche mal mit Herrn Mattenheim. Sie haben doch sicher die Telefonnummer von Lippels Eltern.«
»Nein, die habe ich nicht«, sagte Frau Jakob.
»Sie steht auf dem Zettel neben dem Telefon«, sagte Lippel.
Frau Jeschke wählte sorgfältig.
Frau Jakob stand daneben und machte ein Gesicht, als wolle sie das Telefon auf Frau Jeschkes Kopf zertrümmern.
»Guten Tag! Können Sie mich bitte mit Herrn Mattenheim verbinden?«, fragte Frau Jeschke. Sie wartete. »Hallo, sind Sie es, Herr Mattenheim? Wie gut, dass Sie im Hotel sind! Hier ist Jeschke, Frau Jeschke, von gegenüber. – Ja. – Wir haben hier ein Problem. Ich würde gern noch die letzte Nacht und den halben Tag morgen hierbleiben und mich um Lippel kümmern«, sagte sie. »Lippel hätte das, glaube ich, auch lieber.«
»Viel lieber!«, schrie Lippel neben ihr ins Telefon. »Hundertmal lieber, Papa!«
Frau Jeschke lauschte ins Telefon und sagte »Ja« und noch einmal »Ja«, dann »Nein, nein!«, und »Ja, genauso ist es leider gekommen. Da haben Sie Recht!«.
Schließlich fragte sie: »Sie haben also nichts dagegen, wenn Frau Jakob heute schon geht? – Und Frau Jakob bekommt den vollen Lohn für alle sieben Tage? – Gut, dann steht dem ja nichts mehr im Weg.« Sie reichte den Hörer an Frau Jakob weiter. »Herr Mattenheim möchte Sie gerne sprechen!«
Mit versteinertem Gesicht nahm Frau Jakob den Hörer entgegen.
Lippel lauschte gespannt. Aber er hörte nur »Ja« und noch einmal »Ja« und »Wenn Sie meinen!«. Dann knallte sie den Hörer auf.
»Ich wollte doch auch mit Papa sprechen!«, beschwerte sich Lippel. Aber Frau Jeschke schob ihn hinter sich und sagte dabei: »Das ist jetzt nicht so wichtig. Das kannst du später immer noch. Erst muss das andere geklärt sein.«
»Das ist unerhört! Eine richtige Frechheit!«, schimpfte Frau Jakob. »Mich einfach so rauszuwerfen! Aber bei dieser Familie war das fast vorauszusehen!«
»Es wirft Sie doch keiner raus. Sie dürfen einfach einen Tag früher nach Hause«, sagte Frau Jeschke.
»Und wie soll ich nach Hause kommen? Soll ich etwa durch die halbe Stadt zu Fuß gehen? Mit einem Koffer in der Hand?«
Lippel schlug das Telefonbuch auf, suchte eine Nummer und wählte dann.
»Wen rufst du an?«, fragte Frau Jakob.
»Ich bestelle ein Taxi für Sie«, erklärte Lippel ihr und ins Telefon sagte er: »Ist da die Taxi-Zentrale? Können Sie bitte ein Taxi in die Friedrich-Rückert-Straße 49 schicken? Bei Mattenheim. In zehn Minuten. – Ja. Danke!«
»Soll ich das Taxi etwa selbst bezahlen?«, fragte Frau Jakob.
»Nein, natürlich nicht«, sagte Lippel.
»Und wo willst du das Geld herbekommen?«
»Im kleinen Holzkästchen auf der Kommode habe ich Geld für Notfälle«, antwortete Lippel.
»Ja, das kann man zur Not als Notfall bezeichnen«, stimmte Frau Jeschke zu.
Eine Viertelstunde später rauschte Frau Jakob ab. Sie ging, ohne »Auf Wiedersehn« zu sagen, und schlug erst die Wohnzimmertür, dann die Haustür laut hinter sich zu.
Lippel und Frau Jeschke beobachteten durch die Fensterscheibe, wie sie draußen ins Taxi stieg und losfuhr.
Als das Auto verschwunden war, sagte Frau Jeschke: »So, und nun machen wir uns einen richtig gemütlichen Abend!«
Es war ziemlich spät, als Lippel endlich ins Bett kam. Frau Jeschke war noch einmal nach Hause gegangen und hatte ihr Waschzeug und ein Nachthemd geholt.
Danach hatten sie zu Abend gegessen, gemeinsam abgespült, Mühle gespielt und ziemlich
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