Lipstick
zufälligen U-Bahn-Fahrt. Greta und du – ihr wart im Kino.« Sie machte eine kleine Pause. »Du hast ihm sehr gefallen.«
Ich war sprachlos.
»Und er wollte dich wiedersehen.«
»Du lügst doch!« schrie ich.
»Nein. Es ist die Wahrheit. Er hat in Erfahrung gebracht, an welcher U-Bahn-Station du immer einsteigst. Und dann hat er alles weitere einfach in die Wege geleitet – das ist die Wahrheit.«
»Nein!« Jetzt stand ich auf, griff hektisch nach meiner Tasche und versuchte gleichzeitig, meine Jacke anzuziehen.
Katharina erhob sich ebenfalls, kam um den Tisch herum und hielt mich am Arm fest. »Katja!« Ihr Zitronenduft stach mir beißend in die Nase. »Es macht doch keinen Unterschied! Jan liebt dich! Und mich auch, auf seine Weise. Und du gefällst mir sehr.«
»Das ist das Abgeschmackteste, was ich je gehört habe«, sagte ich mit schriller Stimme und versuchte, mich loszumachen. Katharina verstärkte kurz den Druck auf meinen Arm, um mich dann plötzlich loszulassen. »Schade«, sagte sie mit wirklich traurigem Gesichtsausdruck. »Und ich dachte, wir könnten Freundinnen werden.«
Einen Moment lang standen wir uns stumm gegenüber, kampfunfähig, ermattet. Dann machte Katharina einen Schritt auf mich zu und drückte mir einen Kuß auf meine Lippen, indem sie ihre weiche Zunge für den Bruchteil einer Sekunde in meinen Mund wandern ließ.
Fünf Sekunden später war ich draußen. Benommen und erregt. Tausend Fragen. Was sollte ich Greta sagen? Die wartete doch auf eine ganz andere Antwort. Ich würde ihr nichts sagen. Erst mußte ich noch etwas Wichtiges klären.
Natürlich kam Jan sofort am nächsten Tag. Er kam immer wie ein Hündchen angedackelt, wenn man ihn rief.
Ich hatte den Zeitpunkt günstig abgepaßt. Greta war mit Mäxchen zu ihrer Mutter gefahren. Als ich die Tür öffnete, strahlte Jan mich an, als wäre Weihnachten und Ostern zugleich. Katharina hatte ihm offensichtlich nichts erzählt.
»Komm«, sagte ich und zog ihn, während ich ihn schon küßte, ins Gemeinschaftszimmer. Die Lust war sofort da. Lust und Wut – auf sie und auf ihn.
»Was ist mir dir? Du bist so wild«, stammelte Jan lüstern, aber als er den Tisch sah, ließ er mich los.
»Ach, jetzt verstehe ich …« Er lachte mich an und fuhr mir durch die Haare.
»Ich auch«, sagte ich vieldeutig.
Jan wollte mich wieder küssen, aber ich ließ ihn nicht, fragte ihn, wieso sein Modell eigentlich ausrangiert auf dem Dachboden stünde.
»Er gefällt Katharina nicht.«
»Und warum nicht?« Ich hoffte, meine Stimme würde nicht wakkeln.
»Ich habe keine Ahnung. Es sind ein paar Kratzer drauf …« Jan wich mit seinem Blick aus, aber mir war klar, daß er log. Wer weiß – vielleicht hatte er mal mit einer anderen Frau seine Nummern drauf geschoben.
Ich ging zu meinem Tisch und strich über das kühle Holz.
»Er ist ganz weich«, sagte ich. »Und verändert laufend seine Temperatur. Manchmal kommt er mir vor wie ein Mensch.«
Jan fuhr jetzt ebenfalls mit seinen Fingerspitzen über die Tischplatte, griff dann nach meiner Hand, um sie auf dem Holz hin und her wandern zu lassen. In einer plötzlichen Anwandlung von Leidenschaft hievte er mich auf den Tisch.
»Ist er noch Jungfrau?« fragte er mit heute grauen Augen.
»Ja, ist er. Es sei denn, Greta …«
»Pssst«, machte Jan. Er beugte sich vor und küßte mich, ging dann etwas in die Knie, um meinen Rock, meine Strumpfhose und meinen Slip abzustreifen. Jetzt hatte ich nur noch einen schwarzen Rollkragenpullover an.
»Du siehst sexy aus«, sagte er und konnte nicht schnell genug ausseinen Klamotten kommen. Deine Frau auch, schoß es mir durch den Kopf.
Jan stand jetzt nackt vor mir mit steil aufragendem Schwanz. Er schob seine Hände unter mein Gesäß und vergrub seinen Kopf in meinem Schoß.
Er würde nie von mir lassen können – niemals! Der Gedanke befriedigte mich auf eine seltsam perverse Art. Diesmal hatte ich die Fäden in der Hand, nicht er oder Madame Katharina!
»Ich liebe dich«, flüsterte ich in sein Ohr, und dann sagte ich:
»Fick mich.«
»Meine Süße«, murmelte Jan an meinem Ohr. Er küßte mich so wild, daß ich fast vom Tisch fiel. Ich schubste ihn leicht von mir, aber er ließ es nicht zu und kam wieder mit seinen Lippen auf mich zu.
Unsere Münder saugten sich ineinander, verzweifelt, als würden sie ahnen, daß es vielleicht das letzte Mal war.
Irgend etwas mußte passieren, jetzt sofort. Eine einzige Sekunde lang sahen wir uns in die
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