Lisa
gefährliche Person hat sich in meiner Wohnung aufgehalten.
Ich meine, kennt ihr einen Mörder persönlich? Möchtet ihr einen treffen? Vielleicht ja, aber bestimmt nicht bei euch zu Hause. Mir war es, als hätte ich den Flügelschlag des Schicksals gehört. Ich sage das ziemlich überdreht, weil man für so einen Sachverhalt überhaupt keine Worte hat, zumindest ich nicht. Ich weiß, dass ich mich als bodenständig und nüchtern bezeichnet habe, aber das bezog sich auf Irreales. Auf Trug und Spaß und Gaukelei. Und plötzlich kommt der Sheriff. Der echte. Alles klar?
Da war eine Mörderin bei euch in der Wohnung, hat euer Bett gesehen, eure Couch, eure Bücher, eure alten Funkgeräte, eure Schiffe in den Flaschen und zuletzt eure Sexfotos und -filmchen. Gute Güte, die weiß sogar, wie mein Schwanz aussieht! Ja, mir ist klar, dass der sie kaum interessieren wird, aber trotzdem. Ich will sagen, ich war sicher noch nie so nahe an einem Mörder.
Das erinnert mich an dieses Spiel, wie nahe bist du einem Händedruck von Barack Obama. Oder besser, Gorbatschow, wie nahe bist du einem Händedruck von Gorbatschow, kennt das einer von euch, dieses Spiel?
Also: Gorbatschow hat Schewardnadse sicher mal die Hand gegeben. Schewardnadse hat Genscher die Hand gegeben. Genscher hat Westerwelle die Hand gegeben. Westerwelle hat Stoiber die Hand gegeben, Stoiber hat Faltlhauser die Hand gegeben, dem hat mein Chef mal die Handgegeben, ich habe meinem Chef die Hand gegeben. Mein Handshakefaktor zu Gorbatschow beträgt damit 7.
Möglicherweise kennen sich Faltlhauser und Westerwelle auch, vielleicht kennt Faltlhauser Genscher, vielleicht Genscher Gorbatschow, dann wäre ich auf 5 oder 4, wenn ich mich nicht verzählt habe. Sieben oder gar nur vier Menschen stehen zwischen einem Händedruck von Gorbi und mir. Cool, nicht?
Das Spiel könnt ihr auch ein bisschen schlüpfriger spielen, ist eine gute Abendunterhaltung. Mein Fickfaktor zu Madonna beträgt bloß 4, und das macht mir keiner von euch nach. Aber das verrate ich jetzt nicht genau. Immerhin, es liegen nur vier Betten zwischen mir und Madonna.
Ich sollte mir vielleicht doch einen runterholen, ich merke, wie mir das Thema an allen Ecken auflauert, das macht die Hitze. Einmal kurz den Lurch würgen, das könnte mich ablenken von dem Bild, das ich im Kopf habe. Danke, Wichsen ist mir gerade vergangen. Da kommt Madonna nicht mit. Leider.
Diese zwei jungen Leute. Er hatte ihre Gedärme im Mund, und wie es aussieht, haben beide noch gelebt, als er die da reingestopft gekriegt hat. Wehren hat er sich schlecht können, weil sie ihm die Zähne und zusätzlich oben und unten ein Stück vom Kiefer rausgefräst hatten, so dass er zwischen Nase und Kinn ein mächtiges Loch hatte. Bei der Obduktion haben sie in seinem Magen Finger von ihr gefunden, ein Ohr, ein Auge, ein paar Zehen und jede Menge Haare, an denen Kopfhaut hing. Ich weiß, es reicht, mir ist genauso schlecht geworden, als ich es das erste Mal hörte, doch mittlerweile …
Ich will sagen, ich habe es schon oft gehört, ich habe aber auch viel über die anderen Dinge gehört, die nach 1990 in Anwesenheit der Frau passiert sind, und da klingt das mehr nach Etüde.
…
Wo war ich? Was wollte ich? Jedesmal, wenn ich diesen Song höre, drifte ich ab.
Die zwei jungen Leute. War kein großer Fall für die Zeitungen, weil die Polizei damals nicht viel rausgegeben hat, in der Hoffnung, der Täter würde übermütig werden und Fehler machen oder so, sie hielten ihn für eine Art durchgeknallten Eitelkeitsfanatiker, glaube ich, etwas in der Richtung, außerdem hatten sie keine Lust auf Panik in ihrer Gegend, und weil der Junge und das Mädchen aus dem Ausland stammten, waren die Zeitungen bald nicht mehr interessiert.
Wie es in deren Heimat ausgesehen hat, weiß ich natürlich nicht. Ist ja oft so: Wird jemand in der Fremde umgebracht, stürzen sich die Zeitungen gierig darauf, das sind immer willkommene Schlagzeilen. Geheimnisvolle ferne Länder, und einer von uns dort draufgegangen, na hallo! Alle, die unter einem Neidkomplex leiden, freuen sich, genauso wie alle, die nie weiter als bis zum Nachbarland gekommen sind, entweder aus Faulheit oder Armut oder Angst oder allem zusammen. Das geschieht denen recht, wären sie zu Hause geblieben, aber ein freundliches Mädchen war das, ich sage Ihnen, Frau Nachbarin, und der Junge, war das nicht der Sohn von diesem Politiker, ja steckt da etwa mehr dahinter.
Wenn mich nicht alles
Weitere Kostenlose Bücher