Lisa

Titel: Lisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic

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ansehen. So viele von der Sorte trifft man nicht. Interessanterweise glauben viele Menschen von sich, so zu sein, doch die meisten von ihnen täuschen sich, die tun nur so als ob. Entweder hapert es an der Genussfähigkeit oder an der Intellektualität oder am Charakter.
    Es gibt zu wenige intelligente Wüstlinge. Und zwar beiderlei Geschlechts.
    …
    Jetzt reichts mir aber. Sekunde. Wenn das so weitergeht, muss ich den Laptop neu hochfahren.
    Bene. Der eine von meinen zwei besten Kumpeln. Eigentlich heißt er Benedikt. In der Firma ist er für die Ballerspiele zuständig. Ich mache Strategie, er macht Ballerspiele. Was für ein Fettsack! Und wie unlebendig und träge! Ich mag ihn trotzdem, den Bene, mit seiner Milchtrinkerei und seinen komischen Zusatzwaffen und langweiligen Ostereiern und seinen abgekauten Nägeln und seiner Gier nach Leberkäse.
    Okay, die Nägel mag ich nicht.
    Vor allem mag ich seinen Humor. Er trägt zum Beispiel gern ein T-Shirt mit der Aufschrift SEX MACHT SCHLANK.
    Normalerweise freuen mich T-Shirts mit Botschaft nicht besonders. Bobos tragen solche besonders gern, und Bobos mag ich nicht, ich mag niemanden, der irgendetwas oder irgendjemanden nachmacht, weil er sich nicht traut oder es nicht schafft, selbst jemand zu sein.
    Hm.
    Ich weiß nicht, was für ein Licht die Dinge, die ich hier vom Stapel lasse, auf mich werfen.
    Na egal. Wenn mich jemand mag, ist gut, und wenn nicht, soll er oder sie es bleibenlassen. Das ist eine Lektion, die man irgendwann lernen muss. Die einen schaffen es früher, andere brauchen länger, manche kapieren es nie. Ihr könnt nicht von allen geliebt werden. Wenn ihr Leuten nach dem Mund redet, werden die euch vielleicht mögen, andere aber werden euch für eine Wanze halten. Ich mache mir schon lange keine Gedanken mehr darum, was man über mich denkt. Ist ja nur wichtig, dass ich mit mir im Reinen bin.
    Fasle ich schon wieder? Na ja, ich darf das. Nicht weil ich ein solcher Teufelskerl wäre, sondern weil ich hier sitze und Schiss habe wie wohl kaum ein anderer auf der Welt. Weil ich etwas weiß, was kaum ein anderer auf der Welt weiß.
    …
    Ich denke nach, deshalb ist es so still.
    …
    Mit CSI und überhaupt allen Detektiv- und Krimiserien kenne ich mich also nicht aus, und ich hatte nie das Gefühl, etwas zu versäumen. Ich wusste ziemlich wenig über moderne Ermittlungsarbeit der Polizei, bis Hilgert begann, mir die Materie zu erklären. Besonders anhand des Mordfalls von 1991 bei Dresden. Kann sich wohl keiner mehr an die Geschichte erinnern. Damals wird eine Frau tot im Wald gefunden, und ich erspare mir diesmal lieber, genau zu erzählen, in welchem Zustand sie aus der Botanik gezogen wurde.
    Die Genspur der Frau finden sie an dem Hanfseil, das der Toten um den Hals hängt, oder besser, an dem, was mal ein Hals gewesen ist. Es reicht ein Nichts, ein Niesen, einHusten auf einen Gegenstand, der genetische Fingerabdruck sitzt darauf, und den kann man nicht einfach so abwischen wie einen echten. Auf so ein Stück Seil hat die Frau gehustet oder es mit angehusteten Händen begriffelt, und das genügte, damit hatten sie die Spur.
    Wahrscheinlich war noch mehr Spur da. Zu Anfang sicher noch viel mehr, doch die Leiche hing da ja eine Weile rum, soweit ich weiß, ein paar Wochen, in denen es mehrfach geregnet hat, und so blieb nicht viel übrig, womit die Spurensicherung etwas anfangen kann.
    Zum CSI-Fan bin ich dennoch nicht geworden. Ein anderer hätte sich womöglich auf diese Serien gestürzt und nach Informationen gegiert, bei mir war eher das Gegenteil der Fall, ich habe den Fernseher sofort abgedreht, wenn ich die Titelmusik gehört habe. Na ja, oder weggezappt.
    Sagt man eigentlich zappen oder zäppen oder säppen? Weil ja ganz spezielle Leute immer säppen sagen. Wird schon stimmen, wenn die das sagen. Nur komisch, dass das immer dieselben Leute sind.
    Gibt Schlimmeres, nicht wahr? Zum Beispiel Leute, die statt Paris Pariiii sagen. Das sind die schlimmsten. Man fragt sich schon.
    Mailand: Miilaaano. Ich fliege morgen nach Laaandaan. Heuer fahren wir nach Barfelona! Nicht einmal Barsssselona, sondern dieser Laut, bei dem ihr euch auf die Zunge beißt! Interessanterweise hab ich noch nie jemanden sagen hören, er fährt nach Ljubljana, da ist immer Laibach gut genug.
    Egal, die schlimmsten sind die mit Pariii. Da geht nichts drüber.
    Obwohl, mir fällt gerade ein, da gab es eine Phase, in derdie Leute statt Lech Walesa Lech Ouah-ouonsa sagten. Das klingt