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Lisa

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Titel: Lisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic
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aber… ich höre schon auf, das klingt wirklich snobistisch, dabei gehts nur um guten Geschmack, Bier will auch keiner warm trinken. Außerdem erinnert das frappant an das Weinkulturgefasel der Bobos, die bei mir daheim vor dem Haus bei einem Glas Riesling am Multikulti-Markt sitzen und dann ihr Schafshirn kaufen gehen, denn am Abend kommen Inka und Manuel zu Besuch.
    Obwohl, da fällt mir jemand ein. Nina natürlich, Kathas Freundin, die mit der geplatzten Leber. Die hat durchaus warmes Bier … na, das erzähle ich euch.
    Sie hat irgendein Kraut genommen, was weiß ich, Fenchel oder so, nagelt mich nicht fest, es spielt auch nicht die geringste Rolle, es sei denn, ihr wollt es nachmachen. Also: Sie setzt dieses Kraut in mehreren Litern Bier an, stellt die Flaschen ins Fenster, damit die Sonne draufknallt, und dort bleiben sie vierzehn Tage lang. Nach den zwei Wochen eröffnet sie ihrem Freund, dass sie beide nun eine Wurmkur beginnen.
    Eine WURMKUR. Weil ja jeder meterweise Würmer im Gedärm hat. Wie dem auch sei, der arme Teufel erfährt, dass er nun dreimal morgens auf nüchternen Magen einenhalben Liter von diesem Fenchelbier trinken muss, das zuvor allerdings noch AUFGEWÄRMT wird.
    Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wahrscheinlich hätte ich das Teufelsgebräu kommentarlos in den Ausguss geschüttet. Aber der nicht. Der hat wohl nur seine blauen Augen kullern lassen und etwas wie Superideeschatzi gegurrt. Am ersten Tag, hat er mir hinterher erzählt, am ersten Tag hätte er kotzen können. Also ich hätte es gemacht, ich hätte nicht nur können, da wäre von müssen die Rede gewesen. Am ersten Tag fand er es zum Kotzen. Dann durfte er einen Tag verschnaufen. Der Tag darauf war wieder Biertag. Da fand er es gar nicht mehr so schlimm. Dann ein Tag Pause, und dann die letzte Rate.
    Und was ist passiert? Er fand es plötzlich prima! Er sagte, es hat ihm geradezu geschmeckt! Am allerangenehmsten ist jedoch der Rausch gewesen, den er gehabt hat. Das glaube ich ihm sogar, von sieben Uhr morgens an zwei, drei Stunden beduselt sein, das kann schon Spaß machen. Aber er hat gemeint, er ist süchtig geworden, die Tage danach war er richtig enttäuscht, dass die Wurmkur zu Ende war.
    Ich habe ihm geraten, sich einfach jeden Morgen ein Bier aufzuwärmen. Ich zieh was.
    …
    Was ich an diesen alten Ferienhäusern nicht schätze, ist der Mangel an Komfort, den sie einem dann auch noch als Naturbelassenheit anpreisen. Gewissermaßen arbeiten die mit Judotricks, machen aus ihren Schwächen Stärken. Nütze die Kraft deines Gegners! Frechheit. Wo Zivilisation hingehört, scheiß ich was auf die Naturbelassenheit. Ich mag die Natur, ich liebe sie, aber ich gehe zu ihr hinaus und sie soll nicht zu mir reinkommen.
    Ich erzähle das nur wegen der Toilette hier, da rege ich mich jedesmal so auf, aber lassen wir das.
    Wie bin ich vorhin eigentlich auf diese Biergeschichte gekommen? Wurmkur, wieso habe ich das …
    Wo sind denn jetzt die … ach da. So, Feuer auch noch, wo ist das Feuer?
    Feuer ist gut. Ich mag Feuer. Mit Feuer auf deiner Seite …
    Wird Zeit, dass ich mir noch was auflege, heute habe ich immerhin noch nicht so viel wie gestern um die Zeit.
    Nein, kein schlechtes Gewissen. Ich erwähne es nur. Wahrscheinlich weil ich mich noch wegen gestern ärgere. Ab einem gewissen Stadium wirkt das Zeug nicht mehr so. Ich meine, von 0 auf 1 ist heftiger als von 2 auf 3 und weitaus heftiger als von 6 auf 7. Idealerweise sollte man jeden Tag nur einmal was ziehen und es dann lassen. Aber das bringe ich nicht fertig.
    …
    Ein Uhr früh. Ist nicht … Ja, die Frau. Mal sehen, ob ich es noch zusammenkriege.
    1990. Das ermordete Interrail-Paar. Grausam. Achtzehn und sechzehn waren die. Ich weiß noch, dass das Mädchen älter war, ungewöhnlich, welches Mädchen in dem Alter gibt sich denn mit Jüngeren ab? So eine hätte ich damals gern kennengelernt. Man findet die beiden eines Morgens in einer Baugrube. Gefesselt und erwürgt. Mit ihr hat man noch irgendwas Sexuelles angestellt.
    Meine Diebin war am Tatort, das steht zweifelsfrei fest, zusammen mit einem Albaner. Ob sie sie selbst getötet hat, weiß ich nicht. Die Sexgeschichte hat sie wohl dem Albaner überlassen. Vielleicht auch nicht, ich halte alles für möglich.
    Das war die Stelle in Hilgerts Erzählung, wo mir zum ersten Mal mulmig wurde. Als mir sozusagen die Erkenntnis kam, was das alles bedeutet, dass ich unmittelbar betroffen bin bei dieser Sache: Eine sehr

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