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Little Bee

Little Bee

Titel: Little Bee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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Batman.«
    Charlie schüttelte auch den Kopf. Er war nicht glücklich damit. Ich sah den Strand entlang. Die Soldaten waren noch einen knappen Kilometer entfernt. Sie gingen langsam, schauten nach links und rechts und überprüften die Gesichter der Leute am Strand. Manchmal blieben sie stehen und gingen erst weiter, nachdem jemand ihnen die Papiere gezeigt hatte. Ich nickte langsam. »Danke, Sarah.«
    Ich ging den Hang hinunter zu dem harten Sand, an dem sich die Wellen brachen. Ich blickte hinaus auf den dunstigen Horizont und folgte dem tiefblauen und indigofarbenen Meer von dieser fernen Linie bis zum Strand, wo es sich in weißsprühenden Wellen brach und seine letzten dünnen Flächen schäumenden Wassers zischend über den Sand schickte, bis sie dort, wo sich meine Füße befanden, im Nichts versickerten. Ich sah, dass es hier endete. Der nasse Sand unter meinen Füßen erinnerte mich daran, wie es war, als die Männer mich und Nkiruka mitgenommen hatten, und zum ersten Mal bekam ich Angst. Ich war jetzt hellwach. Ich kniete mich in die Brandung und spritzte mir kaltes Salzwasser auf Kopf und Gesicht, bis ich wieder klar denken konnte. Dann ging ich rasch zu der Stelle, die Sarah mir gezeigt hatte. Sie war zwei oder drei Minuten entfernt. Ein hoher Vorsprung aus dunkelgrauem Fels ragte dort auf Höhe der Baumkronen aus dem Dschungel und verlief über den Sand bis ins Meer. Er wurde zum Wasser hin niedriger, war an seinem Ende aber immer noch zwei Mann hoch. Die Wellen brachen sich daran und sandten Fontänen aus weißem Schaum in den silberblauen Himmel. Im Schatten des Felsens war es auf einmal kalt, und ich schauderte, als meine Haut den dunklen Stein berührte. Einige Frauen saßen dort im Schatten auf dem harten Sand, den Rücken gegen den Felsen gelehnt, während die Kinder um sie herum spielten, über die Beine der Mütter sprangen und in die Brandung rannten, lachten und einander herausforderten, sich in den weißen, donnernden Schaum zu stürzen, dort wo sich die hohen Wellen an dem Felsen brachen.
    Ich setzte mich zu den anderen Frauen und lächelte. Sie lächelten zurück und unterhielten sich in ihrer Sprache, die ich nicht verstand. Die Frauen rochen nach Schweiß und Holzrauch. Ich schaute über den Strand. Die Soldaten waren jetzt sehr nah. Die Frauen um mich herum beobachteten sie ebenfalls. Als die Soldaten nahe genug waren, um Sarahs Hautfarbe zu bemerken, gingen sie schneller. Sie blieben vor Sarah und Charlie stehen. Sarah hielt sich sehr aufrecht und starrte den Soldaten entgegen, die Hände in die Hüften gestützt. Der Anführer trat vor. Er war groß und entspannt, hatte das Gewehr über der Schulter und kratzte sich am Kopf. Ich sah, dass er lächelte. Er sagte etwas, worauf Sarah den Kopf schüttelte. Der Anführer lächelte jetzt nicht mehr. Er brüllte Sarah an. Ich hörte es, konnte aber nichts verstehen. Sarah schüttelte erneut den Kopf und schob Charlie hinter ihre Beine. Die Frauen um mich herum starrten hinüber und sagten Wahl, doch die Kinder spielten weiter in der Brandung und bemerkten gar nicht, was drüben geschah.
    Der Anführer der Soldaten nahm das Gewehr von der Schulter und richtete es auf Sarah. Die anderen Soldaten kamen näher und ergriffen ebenfalls ihre Waffen. Der Anführer brüllte wieder. Sarah schüttelte einfach nur den Kopf. Der Anführer holte mit dem Lauf seiner Waffe aus, und ich dachte schon, er wolle ihn Sarah ins Gesicht stoßen, doch da riss sich Charlie los und rannte den Strand entlang zu der Felsspitze, an der wir saßen. Er rannte mit gesenktem Kopf, und sein Batman-Umhang flatterte hinter ihm her, und zuerst lachten die Soldaten nur und schauten ihm nach. Doch der Anführer lachte nicht. Er schrie seine Männer an, und einer hob das Gewehr und richtete es auf Charlie. Die Frauen um mich herum keuchten auf. Eine von ihnen kreischte. Es war ein verrückter, schockierender Laut. Ich hielt es erst für einen Seevogel und sah nach oben, doch als ich mich wieder zu Charlie wandte, spritzte ein Sandstrahl aus dem hartem Boden neben ihm auf. Zuerst wusste ich nicht, was das bedeutete. Dann begriff ich, dass es ein Schuss gewesen war. Ich schrie. Der Soldat bewegte den Gewehrlauf und zielte erneut. Da sprang ich auf und rannte auf Charlie zu. Ich rannte so schnell, dass mein Atem brannte, und ich schrie den Soldaten zu, Nicht schießen, nicht schießen, ICH BIN DIEJENIGE, DIE IHR SUCHT, und ich rannte mit halb geschlossenen Augen und spreizte eine Hand

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