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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Problem mit der Blase hatte - perfekter Vorwand für ihn, in Chavez durch die Flure zu strolchen und zu gucken, wem er als Nächstes ans Bein pinkeln könnte.
    Als Charles das letzte Mal was gegen mich in der Hand hatte, hatte das das Ende meiner LARP-Aktivitäten bedeutet. Von dem würde ich mich nicht noch mal erwischen lassen.
    "Was macht er?"
    "Kommt genau in unsere Richtung", sagte Darryl. Er zitterte.
    "Okay", entgegnete ich. "Zeit für Notfall-Gegenmaßnahmen." Ich holte mein Handy raus. Diese Sache hatte ich lange im Voraus geplant - Charles würde mich nie wieder drankriegen. Ich mailte meinen Server zuhause an, und der legte los.
    Sekunden später kackte Charles' Handy spektakulär ab. Zehntausende von zufälligen Anrufen und SMS liefen parallel bei ihm auf, sämtliche Warn- und Klingeltöne meldeten sich gleichzeitig und dann wieder und wieder. Den Angriff hatte ich mithilfe eines Botnetzes bewerkstelligt, was mir einerseits ein schlechtes Gewissen bereitete; aber andererseits war es ja im Dienst einer guten Sache.
    In Botnetzen fristen infizierte Rechner ihr untotes Dasein. Wenn du dir einen Wurm oder Virus fängst, sendet dein Rechner eine Botschaft an einen Chat-Kanal im IRC, dem Internet Relay Chat. Diese Botschaft zeigt dem Botmaster, also dem Typen, der den Wurm freigesetzt hat, dass da Computer sind, die auf seinen Befehl warten. Botnetze sind enorm mächtig, da sie aus Tausenden, manchmal Hunderttausenden von Rechnern bestehen, die über das ganze Internet verteilt sind, meist über Breitbandleitungen verbunden sind und auf schnelle Heim-PCs zugreifen. Normalerweise tun diese Rechner das, was ihre Besitzer wollen, aber wenn der Botmaster sie ruft, kommen sie wie die Zombies hervor, um ihm zu dienen.
    Mittlerweile gibts im Internet so viele infizierte Rechner, dass die Mietpreise für ein, zwei Stunden Botnetz-Nutzung total im Keller sind. Die Kisten arbeiten zumeist als billige Spambots und fluten deine Mailbox mit Potenzpillen-Reklame oder wieder mit neuen Viren, um auch deine Kiste zu infizieren und fürs Botnetz zu rekrutieren.
    Ich hatte also grade 10 Sekunden auf dreitausend Rechnern gemietet und jeden einzelnen angewiesen, eine SMS oder einen VoIP-Anruf an Charles' Handy abzusetzen; dessen Nummer hatte ich mal während einer dieser verhängnisvollen Bürositzungen bei Benson von einem Post-it abgelesen.
    Muss ich erwähnen, dass Charles' Telefon nicht in der Lage war, damit umzugehen? Zuerst ließen die SMS den Gerätespeicher überlaufen, sodass das Handy nicht mal mehr seine Routinen ausführen konnte, etwa das Klingeln zu koordinieren und die gefälschten Rufnummern der eingehenden Anrufe aufzuzeichnen. (Wusstet ihr, dass es völlig simpel ist, die Rückrufnummer einer Anruferkennung zu faken? Dafür gibts ungefähr 50 verschiedene Möglichkeiten - einfach mal "Anrufer-ID fälschen" googeln...)
    Charles starrte sein Telefon fassungslos an und hackte auf ihm herum, die wulstigen Augenbrauen regelrecht verknotet ob der Anstrengung, dieser Dämonen Herr zu werden, die das persönlichste seiner Geräte in Besitz genommen hatten. Bis hierher war der Plan aufgegangen, aber nun tat er nicht, was er sollte - er sollte sich nämlich einen ruhigen Winkel suchen, wo er versuchen würde, sein Handy wieder unter Kontrolle zu bringen.
    Darryl schüttelte mich an der Schulter, und ich zog mein Auge vom Türspalt weg.
    "Was macht er?", flüsterte Darryl.
    "Ich hab sein Handy geflutet, aber jetzt glotzt ers nur an, statt zu verschwinden." Er würde Schwierigkeiten haben, das Ding zu rebooten. Wenn der Speicher erst mal komplett voll war, würde es schon schwer sein, auch nur den Programmcode zu laden, der fürs Löschen der Nachrichten gebraucht wurde; und bei seinem Handy konnte man auch nicht mehrere Nachrichten auf einmal entfernen, also würde er Tausende von Nachrichten einzeln löschen müssen.
    Darryl schubste mich weg und schaute selbst durch den Türspalt. Kurz darauf begannen seine Schultern zu beben. Ich fürchtete schon, er hätte ne Panikattacke, aber als er sich umdrehte, sah ich, dass er so sehr lachen musste, dass ihm Tränen über die Wangen liefen.
    "Galvez hat ihn grade richtig rundgemacht, weil er während des Unterrichts im Flur war und sein Handy draußen hatte - hättst du sehen müssen, wie sie ihn zerfleischt hat. Hat ihr richtig Spaß gemacht."
    Darauf gaben wir uns die Hand; dann verschwanden wir zurück durch den Gang, Treppe runter, hinten rum, zur Tür raus, am Zaun vorbei und

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