Little Lies - Vollkommen vertraut: Roman (Little-Reihe) (German Edition)
gegeben.«
Ich holte kurz Luft und fuhr dann fort. »Ich war egoistisch und habe mein Schuldgefühl so lange erfolgreich unterdrückt, bis es verschwunden war. Und nur wenn ich gesehen habe, wie er dich schmerzerfüllt und sehnsüchtig anschaute, wurde mir vor schlechtem Gewissen ein bisschen übel. Dazu hat sich dann noch die Angst gemischt. Angst davor, dass du merkst, was ich getan habe, und dich ihm zuwendest. Ich wollte dich doch nicht verlieren …«
Zum ersten Mal hatte ich die Wahrheit laut ausgesprochen. Jahrelang hatte ich sie unter Verschluss gehalten, sie sofort beiseitegeschoben, wenn das schlechte Gewissen an mir nagte. Ich hatte dabei zugesehen, wie Ashton ihre Persönlichkeit veränderte, und hatte sie nicht davon abgehalten. Das hier war alles meine Schuld.
Ashtons Hand spielte mit meinem Haar, und ich hätte am liebsten die Augen geschlossen und wegen dieser kleinen unschuldigen Geste leise aufgestöhnt. Würde ich sie immer so sehr lieben? Würde ich mein Leben lang dafür bezahlen müssen, was ich ihr angetan hatte, und für immer diesen Schmerz in der Brust spüren?
»Ich habe dich auch geliebt, Sawyer. Ich wollte gut genug für dich sein, wollte das gute Mädchen sein, das dir zusteht.«
Als sie das sagte, wurde mir einmal mehr klar, warum das mit uns nicht funktioniert hatte. Eigentlich war sie mir perfekt erschienen, seit ich sie kannte. Dennoch hatte ich sie glauben lassen, dass das nicht ausreichte.
»Ash, du warst perfekt, genau so, wie du warst. Ich war doch derjenige, der zugelassen hat, dass du dich veränderst. Und mir gefiel das ja auch. Doch gleichzeitig war das einer der vielen Gründe, weswegen ich befürchtet habe, dass du mir eines Tages doch entgleitest. Ganz tief in mir drin wusste ich, dass der Freigeist in dir, den du so lang unterdrückt hast, sich irgendwann wieder herauskämpfen würde. Genau das ist jetzt passiert. Und dass es zusammen mit Beau dazu kam, erstaunt mich nicht im Geringsten.«
»Es tut mir leid, Sawyer. Ich wollte dir nie wehtun. Ich habe ein Riesenchaos verursacht … Du wirst Beau und mich nicht zusammen sehen müssen, versprochen. Ich werde aus eurem Leben verschwinden, und ihr zwei könnt euch wiederfinden.«
Dass Beau nach diesen Worten nicht fluchend wie ein Droschkenkutscher aus dem Gebüsch gestürzt kam, zeigte mir, dass er zu weit weg war, um uns zu hören. Ich griff nach Ashtons Hand. Ich war der Einzige, der sie von solchen Plänen abhalten konnte. Es war Zeit, dass ich sie freigab.
»Tu das nicht. Er braucht dich«, sagte ich leise.
Sie schüttelte den Kopf und lächelte mich traurig an. »Nein, er will das auch. Heute hat er mich kaum beachtet. Er hat nur mit mir gesprochen, als er den anderen klargemacht hat, dass sie mich in Ruhe lassen sollen.«
Sie hatte tatsächlich keinen blassen Schimmer!
»Das wird er nicht lange durchhalten. Er hat es noch nie geschafft, dich zu ignorieren. Nicht mal wenn er wusste, dass ich ihn dabei beobachte. Gerade muss er einfach mit ziemlich vielen Dingen klarkommen. Und das ganz allein. Stoß ihn nicht von dir weg.«
Ashton sprang vom Ast herunter, stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang ihre Arme um meinen Nacken. Ich wusste, dass sie das zum letzten Mal tat.
»Danke! Dass du das akzeptierst, bedeutet mir unglaublich viel. Aber jetzt braucht er dich . Du bist sein Bruder. Ich hindere euch nur daran, mit allem zurechtzukommen.«
Jetzt hatte der Schmerz den Punkt erreicht, wo er absolut unerträglich wurde. Um mich abzulenken, zwirbelte ich eine ihrer Locken um meinen Finger. Von dem schimmernden Goldton ihres Haars war ich fasziniert, seit wir fünf Jahre alt waren. Sie hatte mich immer an eine Märchenprinzessin erinnert, selbst wenn sie gerade Hühnerleber an die Angelhaken spießte. Diese Prinzessin hatte ich jetzt zwar für immer verloren, aber die Erinnerung an die Zeit mit ihr war mir jeden Stich, der mir jetzt ins Herz fuhr, wert.
»Selbst wenn es falsch von mir war, mit dir zusammen zu sein, ohne auf Beaus Gefühle Rücksicht zu nehmen, bereue ich es nicht. Ich hatte drei tolle Jahre mit dir, Ashton.«
Das war mein Abschied. Beau stand irgendwo ganz in der Nähe und wartete darauf, dass ich für ihn Platz machte. Jetzt war seine Zeit gekommen. Meine hatte ich jedenfalls gründlich verbockt. Ich ließ ihre Haarsträhne fallen, trat einen Schritt zurück und machte mich dann auf den Weg in den Wald zu meinem Bruder.
Sechs Monate später
E igentlich sollte ich mir die Partys auf dem
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