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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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tot.
    In den ersten paar Wochen nach der Bombenexplosion verbrachte ich viel Zeit bei Nancy und Joe, und auch wenn wir uns in den folgenden Monaten und Jahren nicht mehr ganz so oft sahen, telefonierte ich doch relativ regelmäßig mit ihr und wir versuchten, uns etwa alle zwei Wochen zu treffen. Manchmal fuhr ich zu ihr in die Wohnung und wir redeten Stunden um Stunden, manchmal gingen wir auch auf einen Kaffee oder zum Essen irgendwohin …
    Wir kamen uns sehr nah.
    Und sie erzählte mir viel von William …
    Auch die Wahrheit über seinen Namen.
    Ich erinnere mich daran, wie sie eines Tages fragte: »Hat er dir jemals von seinem Großvater erzählt?«
    »Ja«, sagte ich und lächelte bei der Erinnerung. »Er hat mir gesagt, sein Großvater liebte Western, und wenn die Oma nicht da war, hätte er sie ihm vorgelesen.«
    Nancy lachte. »Das hat er mir auch erzählt … aber was er nicht gesagt hat, ist, wie sehr auch er Western mochte.«
    »William mochte Western?«
    »Ja, er hat sie sich immer aus der Bücherei geholt, aber nur gelesen, wenn er allein war, in seinem Zimmer … verstehst du? So als wären sie immer noch etwas, das man geheim halten müsste.« Sie sah mich an. »Ehrlich gesagt, ich glaube, es war ihm ein bisschen peinlich.«
    Ich nickte und lächelte traurig … ich stellte mir vor, wie er allein mit einem Taschenbuch-Western in seinem Zimmer saß, ganz versunken in die Welt der Revolverhelden und Geächteten …
    »So ist er zu seinem Namen gekommen«, sagte Nancy.
    »Wie bitte?«
    »William Bonney … du weißt doch, dass das nicht sein richtiger Name war, oder?«
    »Ja …«
    Sie lächelte. »Es war einer der Namen, die Billy the Kid benutzte.«
    »Billy the Kid?«, sagte ich und starrte sie an. Und ich erinnerte mich an den Tag damals im Lagerhaus, als William während des Vorspielens aufgekreuzt war … ich erinnerte mich, wie Curtis nach seinem Namen gefragt hatte und wie er, als William ihn nannte, gemeint hatte: »Ich glaub’s nicht, du heißt genauso wie der verdammte Billy the Kid?«Und wie William ihn nur angesehen hatte und meinte: »Echt? Wusste ich gar nicht.«
    Ich schaute zu Nancy. »Das heißt, er hat sich William Bonney genannt, weil er Western mochte?«
    »Ja, schon, doch es steckt noch ein bisschen mehr dahinter. Ich hab es selbst erst vor Kurzem herausgefunden. Der Vater von Billy the Kid hieß William Henry Antrim. Und Billy nannte sich auch manchmal Henry Antrim.«
    »Und Williams Großeltern kamen aus Antrim.«
    Nancy nickte. »Aber der richtige Name von Billy the Kid, sein Geburtsname, war eigentlich Henry McCarty.« Sie sah mich an. »Und so hieß auch William mit richtigem Namen.«
    »Das versteh ich nicht …«
    »Williams richtiger Name, der Name, der in seiner Geburtsurkunde steht, ist Henry William McCarty.«
    Ich runzelte die Stirn. »Und Billy the Kid hieß auch Henry McCarty?«
    »Ja … ist verrückt, was?«
    Ich schüttelte fassungslos den Kopf. »Das heißt, William hieß eigentlich … Henry ?«
    Nancy lachte. »Nein … keiner hat ihn je Henry genannt. Alle kannten ihn immer nur als William, schon seit er ein Baby war.«
    »Hm …« seufzte ich. »Wenigstens das. Ich meine, ich hätte es, glaube ich, nie auf die Reihe gebracht, mir William als Henry vorzustellen …«
    »Nein«, sagte Nancy leise. »Nein … er wird nie ein anderer sein als William.«
    »William McCarty«, murmelte ich vor mich hin. »William McCarty …«
    Der Klang gefiel mir.
    Nancy erzählte mir an dem Tag auch, wie sie mit richtigem Namen hieß, aber ich musste versprechen, ihn nie vor anderen preiszugeben, auch nicht nach ihrem Tod. Und wie sie einmal zu mir gesagt hatte: Ein Versprechen ist ein Versprechen.
    Ich hab meine Versprechen immer gehalten.
    Weshalb ich das alles auch erst jetzt aufschreibe, einen Monat nach Nancys Beerdigung.
    Sie war seit Langem krank gewesen, es ging mal besser, mal schlechter seit der ersten Krebsdiagnose im Winter 2006. Eine Weile hatte es so ausgesehen, als ob sie den Krebs besiegen könne, doch als sie dieses Jahr im Juli zur Kontrolluntersuchungging, zeigten die Tests, dass der Krebs wieder da war und sich rapide ausbreitete … und danach ging es ganz schnell bergab.
    Sie starb am 21. September 2010 im Krankenhaus.
    Es war genau einen Tag vor Williams vierunddreißigstem Todestag.
    Sie war vierundsechzig.
    Und ich vermisse sie sehr.
    Ich weiß, dass auch Little Joe sie vermisst. Inzwischen ist er natürlich nicht mehr klein und nennt sich auch schon

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