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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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können. Phoebe Buchanan und Henry Wellman.
     
    Und da waren die Polizisten. Julie zwang sich, wegzusehen und ihre Konzentration zu Turow zurückkehren zu lassen.
     
    „Nicht meine Schuld“, meinte der Mann vor ihr.
     
    Julie sagte nichts.
     
    Ein Teil ihres Gehirns, der menschliche Teil – und das würde sie später immer wieder verwundern – schien nicht mehr zu funktionieren, sondern hatte sich einfach abgeschaltet. Nur der professionelle Teil, der Teil, der sie zur Krankenschwester machte, schien von Manuell   auf Automatik   umzuschalten und auf wunderbare Weise weiterhin reagieren zu können.
     
    Und so sah sich Julie Winters die Wunden von Donald Turow an. Sein Riß an der Stirn war nicht das Schlimmste.
     
    Der Brustkorb des Mannes war blutig, direkt unterhalb des Schlüsselbeines. Sie schob die Überreste von Turows Hemd zur Seite, was er mit einem schmerzhaften Stöhnen beantwortete. Mindestens eine Rippe war gebrochen. Die Lunge war nicht punktiert. Turow spuckte zumindest kein frisches, helles Blut, auch wenn sich sein Atem anhörte, als würde irgendwo in seinem Körper ein Leck sein, aus dem andauernd Luft entwich.
     
    Julie befühlte mit ihren Fingern die Ränder der Wunde, irgendwie mit perverser Freude, wenn sie das Aufstöhnen des Mannes hörte, wenn eine neue Schmerzwelle durch ihre Berührung ausgelöst wurde. Mit einem bißchen Glück würden sich die Rippen in einen der Lungenflügel bohren und…
     
    „Lassen Sie…das“, flüsterte Turow, „lassen Sie das sein.“
     
    „Ich kann Ihnen nicht helfen, wenn ich Sie nicht berühren kann.“
     
    „Ich weiß.“
     
    Julie spürte, wie sich etwas hartes, stählernes in ihren Magen bohrte.
     
    „Es ist nicht so, daß ich Ihnen nicht vertraue“, meinte Turow, „aber ich möchte einfach nicht, daß Sie einen Fehler machen, Julie. Das verstehen Sie doch sicher.“
     
    Julie nickte stumm.
     
    „Gut“, meinte Turow, entspannte sich sichtlich, hielt die Pistole aber weiterhin auf den Leib der Krankenschwester gerichtet. „Es tut weh, Julie. Wirklich weh. Ich hätte nicht gedacht, daß es so weh tun könnte.“
     
    Julie hatte das Gewicht auf ihre Knie gelegt, wippte nach hinten, um eine der – allzeit bereiten – Windeln aus der Packung herauszuholen, zusammen mit der Rolle Klebeband, die daneben lag, inmitten von zerbrochenem Glas, Holzsplitter und Schutt.
     
    Sie schnitt sich, fluchte leise und schob sich den Finger in den Mund. Alles klar. Alles klar. Sie machte weiter. Alles klar.
     
    Hinter ihr stöhnte Charlie Foster, und sie wollte nach ihm sehen, wollte wissen, ob er aus seiner Bewußtlosigkeit aufwachen würde, wie es seiner Wunde ging, aber sie hatte keine Zeit dazu.
     
    Der Brustkorb des Mannes war so schlimm verwundet, daß sie nicht einmal hoffen konnte, die Blutung zu stoppen.  Turow mußte in ein Krankenhaus, wenn er überleben wollte. Aber das würde nicht passieren, nicht wahr? Also zurück zu ihr. Sie bepflasterte seinen Oberkörper mit den Windeln  und betrachtete sein ruhiges Gesicht, das sich kaum einmal verzog, wenn sie an den Wunden herumhantierte.
     
    Vielleicht war er auch im Schock. Vielleicht konnte sie… irgendwie schien er ihre Gedanken erraten zu haben, denn der Druck der Waffe in ihrem Magen wurde stärker.
     
    „Denken Sie nicht dran, Julie.“
     
    Julie zitterte. Das letzte Stück Klebeband, das sie von der Rolle abriß und mit dem sie die Windeln an der klammen Haut des Mannes befestigte, so stark, daß die Ränder des Plastiks in seine Brustwarzen hineinschnitten.
     
    Sie lehnte sich zurück.
     
    „Sie werden sterben, Turow“, sagte Julie ruhig. „Selbst wenn ihre Lungen noch in Ordnung sind, wird der Blutverlust Sie in einigen Stunden umbringen.“
     
    „Dann werden Sie mich doch überleben“, lachte er heiser. „Wenn Sie ein bißchen Glück haben. Wir werden sehen.“
     
    Er erhob sich, das Gesicht eine Grimasse, als er die Zähne zusammenbiß und schwankend durch den Laden lief.
     
    „Wir werden sehen“, wiederholte er.
     
    Julie wagte es kaum, sich zu bewegen. So lange nicht, bis Turow sich ihr knapp sechs Meter gegenüber befand, an einem der Regale, einen der alten Holzstühle nahm und ihn gegen das Holz lehnte, so daß er sich bequem darauf hinsetzen konnte. Zerrissene Blätter lagen um ihn herum auf dem Boden, wie dreckiger, mit Blei verseuchter Schnee.
     
    Dann sah sie nach Charlie Foster.
     
     
     
    04:23
     
    Sein Bein war oberhalb der Kniekuppe taub,

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