Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liz Balfour

Liz Balfour

Titel: Liz Balfour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich schreib dir sieben Jahre
Vom Netzwerk:
nicht?«

    »Ich bin keine Engländerin«, hörte ich mich sagen. Und staunte. Hatte ich das wirklich gerade gesagt?
    »Nein? Wer so spricht wie du und dann noch nicht mal tanzt, muss aus England kommen.«
    »Ich lebe ja auch dort. Aber ich bin hier in der Nähe aufgewachsen.«
    »Ach? Wo genau?«
    »Myrtleville«, sagte ich und plapperte schnell weiter, weil ich nicht nach meinen Eltern gefragt werden wollte. »Aber ich lebe schon ganz lange nicht mehr dort. Ich bin nur zu Besuch. Róisín und ich waren zusammen in der Grundschule.«
    Er lächelte. »Schön.«
    Da war es wieder, das alte Thema. Heimat. Und Herkunft. Und ich wusste wie üblich nicht recht, wie ich mich dabei fühlen sollte.
    »Und du?«, sagte ich, um von mir abzulenken, aber er war noch nicht fertig mit mir.
    »Eine Irin tanzt«, sagte er.
    »Tja, dann bin ich wohl doch eine Engländerin.« Ich trank mein Glas aus.
    »Stimmt, jetzt seh ich’s auch. So schnell, wie du den Wein runterkippst …«
    »Die Iren trinken ja zum Glück überhaupt nichts«, gab ich ironisch zurück.
    »Wir können es aber genießen.«
    Ich dachte an meinen Vater, spürte einen Schmerz in der Brust und wechselte schnell das Thema. »Hast du auch was mit Theater zu tun?«
    Er lachte. »Ja, manchmal hab ich was mit Theater zu tun. Wenn ich reingehe, zum Beispiel.«

    »Ich meine, arbeitest du dort?«
    »Nein.«
    »Sondern?«
    »Das interessiert dich doch gar nicht. Du wechselst nur das Thema.«
    »Welches Thema?«
    »Du genießt nicht.«
    »Quatsch.«
    »Dann beweis es mir.«
    Ich verdrehte die Augen. »Wie denn?!«
    »Genieß deinen Wein.«
    »Er ist nicht gut«, behauptete ich.
    »Woher willst du das wissen, so wie du ihn in dich reingekippt hast?«
    Ich stand auf und suchte nach einer Flasche Rotwein. Jack – oder war es Joe? Ich fand einfach nicht heraus, wer von den beiden wer war – stand in der Küchentür und sprach gut gelaunt mit einer älteren Frau, die aussah, als hätte sie gerade eine Blitzdiät hinter sich. Die weite schwarze Hose im Marlene-Stil schlackerte um ihre mageren Beine, und das riesige, formlose graue Strickoberteil sah aus, als würde es seine Besitzerin jeden Moment verschlucken. Sie präsentierte, was sie sagte, mit großen Gesten, fester, tiefer Stimme und französischem Akzent. (Seltsam, an was ich mich jetzt wieder alles erinnern konnte, da sich die Blockade gelöst hatte.) Ich zögerte, ob ich die beiden unterbrechen sollte. Aber das war gar nicht nötig, Jack oder Joe war ein perfekter Gastgeber und merkte sofort, dass ich auf der Suche nach etwas war.
    »Bier? Whiskey? Cocktail?«
    »Rotwein.«

    Er klopfte sich mit dem Zeigefinger auf die Unterlippe, als helfe ihm das beim Nachdenken. Dann sagte er: »Richtig. Du hattest den Merlot. Bleibst du dabei? Oder warte, ich habe noch einen Südafrikaner, Pinotage. Oder lieber ganz klassisch einen Cabernet Sauvignon? Der ist allerdings, muss ich zugeben, ein bisschen langweilig. Ein totaler Fehlkauf.« Er beugte sich näher an mein Ohr. »Eignet sich aber hervorragend für Gäste, die schon zu betrunken sind, um zu merken, was sie trinken.«
    Ich lachte. »Dann nehm ich den Pinotage.«
    Er gab mir gleich die ganze Flasche mit. Ich studierte das Etikett auf dem Rückweg.
    Der Platz auf dem Sofa war noch frei. Mein Gesprächspartner sah den Tänzern zu und hielt seinen Whiskey in der Hand. Er sah nicht aus, als würde er sich langweilen, ganz und gar nicht. Als ich mit der Weinflasche auftauchte und mich neben ihn setzte, brauchte er drei Sekunden, um seinen Blick von den hüpfenden Menschen loszureißen.
    Ich goss mir Wein ein und hielt das gefüllte Glas hoch. »Sieh genau hin: Ich werde diesen Wein sehr genießen.« Ich schwenkte die rote Flüssigkeit, roch an dem Wein, schwenkte wieder, roch noch einmal, schwenkte, schloss die Augen, nippte, behielt den winzigen Schluck eine Weile im Mund, machte dazu ein Weinkennergesicht, schluckte runter, seufzte wohlig und verkündete: »Guter Tropfen. Pinotage. Südafrika. Stellenbosch.« Ich probierte noch einen winzigen Schluck. »2001«, sagte ich dramatisch. Dann trank ich das Glas in großen Schlucken aus.
    Er lachte. »Du kannst es nicht.«
    »Klar. Hast du doch gesehen.«

    »Englische Borniertheit hab ich gesehen.«
    »Und ich sehe irische Starrköpfigkeit.«
    Er grinste. Ich grinste. Goss mir noch ein Glas ein. Jack oder Joe hatte bei diesem Tropfen nicht danebengegriffen.
    »Vorsicht. Ihr vertragt doch nichts.«
    »Ach nein?«
    »So im Vergleich

Weitere Kostenlose Bücher