Lloyd, Sienna
schneller und obwohl ich es mir verboten habe, mehr von dieser Szene zu sehen, spüre ich, wie die Temperatur im Raum durch die Symphonie ihrer Begegnung ansteigt. Ich könnte schwören, dass die Scheiben der Glasdecke angelaufen sind. Ich stelle mir Charles vor, dessen Körper ich gerne sehen würde, und der Solveigs Körper jetzt mit Sicherheit majestätisch verwöhnt. Ich kneife die Augen fest zusammen, um das Bild ihres Liebesspiels aus meinen Gedanken zu verjagen, aber meine Erregtheit ist zu groß und ich muss sie einfach sehen.
Ich wusste nicht, dass ich so große Augen machen kann. Charles liegt auf dem Rücken, beide sind auf dem Tisch. Seine Muskeln zeichnen sich vom Hals bis zu den Fußknöcheln ab, er hat den Körper eines Models, eines Sportlers … Er lässt sich wirklich nicht in die Karten blicken. Sein schweißgebadeter Oberkörper glänzt verführerisch. Solveig steht ihm allerdings in nichts nach. Sie sitzt auf ihm, hat ihm jedoch den Rücken zugekehrt. Sie stützt sich auf seinen Knien ab und reitet anmutig auf ihm. Ihre runden, weichen Brüste passen sich ihren grazilen Bewegungen perfekt an. Ihre Haare fallen wild darüber und ich verfolge verstohlen eine Schweißperle, die sich ihren Weg vom Nabel bis zu Solveigs honigfarbener, rasierter Körpermitte bahnt. Ich beobachte das stürmische Liebesspiel aufmerksam, um keine Sekunde dieses Spektakels mehr zu verpassen, und plötzlich passiert etwas Unglaubliches. Kurz bevor sich die beiden dem Orgasmus hingeben, werden sie von einem weißen Nebel umgeben und der dichte weiße Dunst breitet sich im ganzen Raum aus. Ich kann nichts mehr erkennen. Dann dringen Schreie der Erleichterung zu mir hoch, die Stärke ihres Orgasmus überwältigt mich und ich fühle mich ebenfalls befriedigt.
Einige Minuten vergehen. Der Nebel verflüchtigt sich und die Temperatur im Raum fällt wieder.
„Na dann, Charles, es hat mich sehr gefreut.“
„Mit dir habe ich heute den Schreibtisch eingeweiht, Sol.“
„Das glaube ich dir nicht, aber trotzdem danke.“
Sie sprechen völlig unbekümmert miteinander, während sie sich wieder anziehen. Keine Berührungen, keine Zärtlichkeiten, nichts. Solveig wirft einen Blick auf die Uhr und erklärt Charles, dass sie jetzt duschen müsse; heute Abend gehe sie mit Rebecca aus, wie in den guten alten Zeiten, als sie noch alleine waren.
„Wirst du mir erzählen, warum sie verschwunden ist?“
„Ja. Vielleicht. Aber nicht jetzt.“
„Geh.“
Sie verlässt den Raum. Charles ist alleine. Er stellt die Gläser und Stühle wieder an ihren Platz. Dann macht er sich bereit, den Raum zu verlassen, dreht das Licht ab und sagt mit lauter Stimme:
„Wenn ich die Möglichkeit dazu gehabt hätte, dann hätte ich diesen Moment gerne mit dir geteilt, Héloïse. Ich habe an dich gedacht, während … Vergiss nicht, hinter dir abzusperren, wenn du gehst.“
Dann schließt er die Tür. Ich halte mir die Hand vor meinen offen stehenden Mund. Ich wollte nicht, dass er es weiß, und ich wollte seinem Blick danach auch nicht standhalten müssen. Ich werde ihm nie mehr in die Augen sehen können. Diese Offenbarung verwirrt mich, oh Charles, es wäre viel einfacher, wenn … Ein winzig kleiner Teil in mir wird bei dem Gedanken an Charles' Geständnis rot vor Scham.
* * *
Zurück in meinem Zimmer finde ich Sols Louis-Vuitton-Koffer. Ich öffne ihn und entdecke eine Nachricht, die mit einem rosafarbenen Stift geschrieben wurde und einen zarten Erdbeerduft verströmt.
Ich habe nicht wirklich das Recht dazu, deine Freundin zu sein, und das macht mich traurig, aber du sollst wissen, dass ich dich wirklich klasse finde. Ich hoffe, dass wir eines Tages Freundinnen sein können.
Liebe Grüße,
Sol.
Was meint sie mit:
„Ich habe nicht wirklich das Recht dazu, deine Freundin zu sein?“
Ich stecke die Nachricht in mein Heft. Dann probiere ich sofort ein neues Outfit an: lederne Leggings, asymmetrischer, roter Kaschmirpullover und die roten Louboutins. Ich bin eindeutig nicht mehr die Gleiche. Sol war so großzügig. Das Heft fällt vom Tisch. Ich lese die erste Seite erneut und das Gefühl, schreiben zu wollen, überkommt mich.
Tag 39, 22:59
Ich weiß nicht mehr genau, wo oder wer ich bin. Es ist, als würden mich zehn Jahre von meinem alten Leben trennen. Möglicherweise sind die Dinge, die ich gerade erlebe, einzigartig, aber heute Abend habe ich einen echten Durchhänger. Ich streichle meinen neuen roten Pullover, zerzause meine kurzen
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