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Lloyd, Sienna

Lloyd, Sienna

Titel: Lloyd, Sienna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Verführt von einem Vampir
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habe.“
    Ich will Mel unterbrechen, doch sie kommt jetzt erst so richtig in Fahrt.
    „Ich habe einiges in meinem Leben in Frage gestellt. Ich habe mir gesagt, dass ich vielleicht die einzige gesunde Freundschaft verloren habe. Nur um dann zu erfahren, dass es dir völlig egal war, ob ich dich gesucht habe oder nicht. Das tut mir wirklich weh. Ich sage ja nicht, dass es mir lieber gewesen wäre, dich verkrüppelt, verletzt und gequält zu finden, aber dich so strahlen zu sehen, macht mich gleichzeitig glücklich und unheimlich wütend.“
    Ich verstehe ganz genau, was Mel meint. Ich bin gleichzeitig gerührt und beschämt.
    „Mélanie, sprechen wir darüber weiter, wenn ich dir alles erzählt habe. Dann wirst du mich besser verstehen. Aber vorher möchte ich dich aus tiefstem Herzen bitten, mir zu verzeihen. Ich war so unsicher. Ich war überzeugt, dass es auf der ganzen Welt niemanden gibt, dem etwas an mir liegt.“
    Mélanies Gesicht entspannt sich. Sie verstummt und hört mir zu. Ich erzähle ihr die ganze Geschichte. Von meiner Kündigung im Melvin Club, vom Unfall, von der Begegnung mit Gabriel, von unserer Leidenschaft, vom Verschwinden seiner Frau während der Krise des Blutes, von unserer wachsenden Liebe, von Rebeccas wundersamen Rückkehr und der Wahrheit über ihre Abwesenheit, von Gabriels Verschwinden. Ich rede und rede. Es wird langsam Nacht.
    Gabriel, Magda, Sol, Charles, Antoine, Rebecca, Edgar. Neue Freundschaften, das Gefühl, wieder eine Familie zu haben.
    Meine neuen Erkenntnisse über die Vampire, mein Buch … meinen neuen Vertrag. Mélanie kann die Überraschung in ihren Augen nicht verstecken. Mir wird bewusst, dass ich in nur zwei Monaten so viel erlebt habe, dass es für zwei Leben gereicht hätte! Als ich fertig bin, nimmt Mel mich in die Arme. Ich fühle, wie aufgekratzt sie ist – daran sind sowohl meine Erzählungen als auch die Riesenmenge Kaffee, die wir währenddessen getrunken haben, Schuld. Sie bombardiert mich mit Fragen: Gabriel, die Vampire, den Sex, die Beziehung zum Geld, die Geschichten von Charles, Sol, Magda und Rebecca, die sie „die Hexe“ nennt. Sie will alles wissen und ich kann sie gut verstehen.
    Wir schweigen einen Augenblick und ich fühle mich leer. Die Erinnerung lässt mich nostalgisch werden und ich sehne mich nach meiner Zeit mit Gabriel. Es war nicht alles nur schön, und auch das Verschwinden seiner Frau lastete schwer auf uns, doch ich war glücklich. Ich habe mich verliebt und sehe nun die Szenen unseres gemeinsamen Urlaubs in der weißen Zone: das Wasser, Gabriel, unser Verlangen. Mein Körper ist erst mit ihm zum Leben erwacht und er fehlt mir.
    Mélanie versteht, dass diese Liebesgeschichte verrückt ist und dass ich ohne ihn untröstlich bin.
    „Gib ihm etwas Zeit. Kannst du dir vorstellen, wie es dir ginge, wenn du zwei Jahre lang nach einer Frau gesucht hast, die dich einfach nur verarscht hat? Sieh mich an, es waren nur zwei Monate und ich bin total ausgeflippt, dabei bist du nicht einmal meine Frau.“
    „Ja, ich weiß, aber warum sollten wir diese Prüfung nicht gemeinsam bestehen?“
    „Weil er nicht will, dass du deine Zeit damit vergeudest, auf ihn zu warten. Du bist nicht wie er.“
    „Aber ich will nur ihn …“
    „Ich weiß, ich sage ja nicht, dass du ins Viertel der Sterblichen zurückkehren und dir einen netten Ehemann suchen sollst. Ich rate dir nur, deine Gefühle auf
Standby
zu schalten und dich auf etwas anderes zu konzentrieren.“
    „Auf das Buch?“
    „Zum Beispiel!“
    Der Kellner kommt schüchtern auf uns zu. Es ist zwei Uhr morgens, sein Dienst ist zu Ende. Wir haben gar nicht mitbekommen, wie schnell die Zeit vergangen ist. Ich schlage Mel vor, sie nach Hause zu fahren, damit sie mir unterwegs von ihrer Geschichte mit unserem Philosophieprofessor, Monsieur Nevert, erzählen kann.
    „Ich lasse mich von dir im Porsche nach Hause bringen … Das Leben ist verrückt.“
    „Du und Monsieur Nevert, das ist verrückt!“
    „Das ist Vergangenheit. Ich habe ein neues
Opfer
.“
    „Ach, wirklich? Kenne ich ihn?“
    „Du schon, ich noch nicht.“
    „?“
    „Charles.“
    „Haha!“
    „Ich bin fasziniert von dem, was du mir erzählt hast. Ich möchte ihn unbedingt kennenlernen.“
    „Du wirst dich wohl nie ändern! Beim nächsten Vollmond?“
    „Ja. Und besorg' dir ein Telefon.“
    „Versprochen. Danke für alles.“
    Ich umarme Mélanie und wir verabschieden uns, wir sind einander so nah, wie wir es nie zuvor waren.

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