Locke greift an
zusammengeklebt, mal in großen, mal in kleinen, stand sein Name im Adressfeld. Er schaute auf die Rückseite des Kuverts. Auch dort prangte nur ein großes schwarzes X.
Seine Mutter schaute ihm über die Schulter.
»Wirklich sehr merkwürdig. Reiß das Schreiben mal auf.«
Vorsichtig machte sich Patrick zu Werke. Als Erstes fiel ein großes Foto aus dem Umschlag auf den Boden. Schnell bückte er sich und erstarrte fast. Auf dem Foto war Poldi zu sehen. Sein Hund trug ein komisches Trikot in knallroten Farben. Tatsächlich, Poldi in einem Fußballhemd! Was für ein merkwürdiger Anblick. Locke drehte das Bild um. Auch auf der Rückseite waren diese zusammengeklebten Buchstaben.
Wlr HaBEn DelNeN HuND! WENN dU iHn GeSUND
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Rot-Weiss Düsseldorf aM soNNtag kEiNe tOrE - uNd
SoRGe Dafür, DaSs Deln VerElN n icHt GewlNNt.
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PollZei zu BENachRichTigen!
Wieder standen Locke Tränen in den Augen. Seine Mutter hatte alles mitgelesen. »Wie gemein, wer kommt denn auf eine solch perverse Idee?«, fragte sie entsetzt. »Wir sollten sofort die Polizei anrufen.«
Locke aber wehrte ab. »Nein, die Kidnapper bringen Poldi sonst um!«
Nachdenklichkeit setzte ein. »Wenigstens wissen wir jetzt, dass Poldi wohlauf ist«, versuchte Frau Schubert, einen positiven Aspekt einzubringen.
Locke nickte traurig. »Aber lass uns nicht mit der Polizei reden. Vielleicht fällt uns ja selber etwas ein. Lass uns das Spiel abwarten. Während der neunzig Minuten könnt ihr ja mal unauffällig die Zuschauer beobachten. Eventuell seht ihr ja was Ungewöhnliches. Soll ich überhaupt spielen?«
Lockes Vater dachte keinen Moment nach. »Aber natürlich!« Er nickte aufgebracht. »Wir lassen uns nicht erpressen. Wo kämen wir denn da hin! Wie feige müssen die sein, wenn sie einen unschuldigen Hund entführen, um ein Fußballspiel zu gewinnen. Okay, wir lassen die Polizei raus, aber du musst unbedingt spielen, und du musst dein Bestes geben, ganz klar!« Er sah Lockes Mutter an. »Mama und ich werden die Augen offen halten. Wir werden diese Mistkerle schon kriegen.«
Der Sonntag begann wie jeder normale Spieltag der U15 von Schalke 04. Gegen acht Uhr traf man sich am Stadiongelände der Gelsenkirchener. Und um neun machte sich der Teambus auf die Fahrt nach Düsseldorf. Die Mannschaftsaufstellung war unverändert, lediglich Tom Derwinski war zum Torwart Nummer eins befördert worden.
Trainer Thölle hatte in der kurzen Besprechung zuvor nochmals auf die besondere Härte der Düsseldorfer und deren fanatisches Publikum hingewiesen.
»Denkt daran, bleibt cool. Spielt schnell über die Außenpositionen und steht hinten kompakt. Dann ist mindestens ein Punkt drin, aber ich hoffe, es werden mehr!«
Während der Busfahrt ging Thölle, ganz gegen seine sonstigen Gewohnheiten, kurz zu Patrick und Matz. »Was ist nun mit deinem Hund Schweini, oder wie heißt der noch mal?«, fragte er Locke.
Der Angesprochene schaute etwas unsicher zuerst seinen Trainer und dann Matz an. »Schweini heißt Poldi und ist unverändert verschwunden«, antwortete er. Durch seinen Kopf rasten die Gedanken wie auf einer Achterbahn. Sollte er Thölle über die Erpressung informieren oder nicht? Dann hörte er sich selber sagen: »Herr Thölle, Poldi wurde entführt.«
»Entführt?«, kam es wie ein Echo zurück.
Und nun sprudelte es aus Patrick nur so heraus. »Ja, und ich soll heute ganz schlecht spielen. Wir dürfen nicht gewinnen, sonst wird Poldi …« Er sprach nicht weiter.
»Was wird Poldi und was hat unser Spiel damit zu tun?«, fragte Olaf Thölle ungläubig.
Locke fand langsam wieder zu etwas ruhigeren Worten.
»Ich habe einen Erpresserbrief bekommen mit einem Foto von Poldi in einem roten Trikot.« Es fiel ihm sichtlich schwer, weiterzuberichten, deshalb übernahm der bestens informierte Matz.
»Die Verbrecher wollen«, erklärte er, »dass Locke heute keine Leistung bringt und am besten noch ein Eigentor schießt, damit Düsseldorf gewinnt. Falls sich Patrick nicht daran hält, wollen diese Schweine Poldi den Hals umdrehen oder so.«
Thölle war völlig von der Rolle. »Ihr habt natürlich sofort die Polizei angerufen, hoffe ich«, meinte er entsetzt. »Aber warum sagt ihr mir das alles erst jetzt? Locke, wir hätten dich doch nie und nimmer für dieses Spiel aufgestellt, wenn ich davon gewusst hätte.«
Patrick
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