Lockruf Der Leidenschaft
außergewöhnlichen Geschöpfes in die Kunst der Liebe in keinerlei Anlehnung an die Brutalität stehen sollte, die sie in der Vergangenheit hatte erdulden müssen. Er konnte sich nur allzu gut an ihre klägliche Bitte an jenem ersten Abend erinnern, ihr nicht wehzutun. Damals, als sie mit der Ergebenheit eines Menschen, der es gewohnt war, stets nur Opfer zu sein, den Kampf schließlich aufgegeben und sich in ihr Schicksal gefügt hatte, welche neuen, doch unvermeidlichen Qualen sie auch immer erwarten mochten. Heute Nacht hingegen sollte sie lediglich Sanftheit spüren, während er sie über die süßen Pfade der Lust führte. Für das wilde Gerangel ungestümer, auf Befriedigung drängender Leidenschaft wäre später noch Zeit genug. Nicholas nahm eine Katharinen-Birne aus der Fruchtschale, eine Frucht, die King Charles und seine Königin sehr schätzten. Und man konnte annehmen, dass das Mädchen, das sich in Kürze in diesen erlesenen Kreisen wieder finden sollte - zumindest, wenn alles nach Plan verlief -, sie vermutlich noch nie gekostet hatte. Nicholas schälte die Birne, teilte sie säuberlich in vier Teile und legte sie auf Pollys Teller. Gleichzeitig kam ihm in den Sinn, dass er ihren Gaumen noch nicht auf derlei Genüsse vorbereitet hatte, was es also dringend nachzuholen galt. Dieser Gedanke warf aus irgendeinem unerfindlichen Grund einen dunklen Schatten auf die Szene. Dies war nun schon das zweite Mal, dass die Überlegungen des Verschwörers sich auf eine so unwillkommene Weise in sein Bewusstsein geschlichen hatten, in einem Augenblick, in dem er sich einzig und allein auf eine liebevolle Verführung konzentrieren wollte.
»Vielen Dank.« Polly lächelte mit einem Hauch von Schüchternheit, als sie das Obst entgegennahm. »So ein Mahl habe ich nur selten genossen.«
»Das war ja auch meine Absicht«, entgegnete Nicholas sanft, erhob sich und ging um den Tisch herum. Als er neben ihr stehen blieb, drehte Polly sich auf ihrem Stuhl um und sah ihn fragend an. »Ist es Zeit?« Ihre unverblümte Frage brachte ihn für einen Moment aus der Fassung - bis er erkannte, dass dies im Grunde genau die Reaktion war, die er hätte erwarten sollen. Die Rituale der Verführung waren für diese Jungfrau wahrscheinlich gänzlich unbekannt, deren Erfahrungen auf der einen Seite zwar sehr weit reichend, auf der anderen aber höchst bescheiden waren. »Iss erst deine Birne«, sagte er und begann, die Nadeln aus ihrem Haar zu ziehen. Die schwere, honigfarbene Masse fiel auf Pollys Schultern. Nicholas ließ genüsslich seine Finger durch die üppige, seidige Mähne gleiten, fasste sie im Nacken zusammen und schlang sie zu einem dicken Knoten, während er sich hinabbeugte und mit den Lippen über Pollys schlanken Hals streifte. Polly erschauerte auf höchst köstliche Art und Weise und stellte fest, dass dieses Gefühl unvereinbar war mit dem banalen Verzehr einer Frucht. Sie legte die Birne auf ihren Teller zurück und beugte den Kopf unter dem Druck seines Kusses, der festen Glätte seiner Zunge in der kleinen Grube an ihrem Halsansatz.
Nicholas umfasste ihre sanft gerundeten Schultern und ließ seine Hände nach vorne gleiten, um ihre unter dem Kleid verborgenen Brüste zu umfassen und zart mit den Daumen darüber zu reiben, bis er spürte, wie ihre Spitzen sich verhärteten und sich gegen die feine Wolle ihres Kittelkleides drängten. Polly schnappte keuchend nach Luft und hob instinktiv ihre Hände, um sie auf seine Finger zu legen. Doch sie wusste nicht, ob sie es tat, um seine Hände fortzuschieben oder um sie zu ermuntern, nicht innezuhalten mit ihren Liebkosungen. »Komm.« Nicholas rückte Pollys Stuhl zur Seite, zog sie auf die Füße und drehte sie zu sich herum. »Es gibt da ein paar Dinge, die ich dir zeigen möchte.« In seinen Augen loderten die Flammen purer Leidenschaft, doch sein Mund war sanft und seine Hände behutsam, als er sie um Pollys Wangen legte und sie küsste. Pollys Blick verharrte wie gebannt auf dem Gesicht, das so dicht über ihr schwebte, als gäbe es keine andere Möglichkeit zu gewährleisten, dass ihr keine einzige Nuance dieses wundervollen Gefühles entging. Der Mund, der auf dem ihren lag, verzog sich zu einem Lächeln, und Nicholas' Fingerspitzen schlossen mit sanftem Druck ihre Augenlider, ehe sie sich unter die Fülle ihres Haares gruben, um die makellose Form ihrer Ohren nachzuzeichnen. Pollys Körper spannte sich unter den Liebkosungen an, während er als Antwort auf diese
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