Lockruf der Toten / Magischer Thriller
drin.«
Ihr Handy klingelte. Ein paar rasche Worte, dann beendete sie das Gespräch. »Ich muss los. Die nächste Séance ist nach dem Mittagessen. Wir halten die Schauplätze und Personen geheim. Ja, ich weiß – Grady ist ein Profi, und heute Abend werden seine Leute ihm Material über jede halbwegs berühmte Person gefaxt haben, die jemals in dieser Gegend gestorben ist. Aber ich habe einen Plan.«
Sie ging zur Tür und blieb dann noch einmal stehen. »Oh, und bevor du gehst, da auf dem Schreibtisch liegt eine Einverständniserklärung. Bloß ein Zusatz zu deinem Vertrag. Sie ist in der blauen Mappe. Nimm sie dir mit und lies sie in Frieden durch – keine Eile.«
Ich öffnete die blaue Mappe, die sie auf dem Schreibtisch liegen gelassen hatte, und fand darin ein einzelnes ausgedrucktes Blatt. Auf den ersten Blick sah es mehr nach einem Memo als nach einer Einverständniserklärung aus.
Betreff: Gabrielle Langdon
Der Name kam mir bekannt vor, aber ich musste noch ein paar Zeilen weiter lesen, bevor mir klarwurde, was ich da in der Hand hatte: eine detaillierte Kurzversion von Leben und Sterben des möglicherweise bekanntesten Mordopfers von Brentwood.
Ich klappte die Mappe hastig zu und musterte den Schreibtisch, aber es waren keine weiteren blauen Mappen da. Es waren keine Mappen
irgendeiner
Farbe da.
Becky hatte gesagt, sie habe einen Plan, und jetzt wusste ich auch, wie der aussah.
Ich hatte die Mittagessenszeit und den frühen Nachmittag zur freien Verfügung, und so holte Jeremy mich mit dem Auto ab. Er hatte bereits Erkundigungen bei Robert und einer zweiten möglichen Informationsquelle eingezogen – Clay. Ebenso wie Jeremy und Elena arbeitete Clay nur zeitweise und überwiegend von zu Hause aus – einer der Vorteile, wenn man ein gesundes gemeinsames Bankkonto besitzt und ansonsten nicht allzu viel Wert auf weltliche Güter legt. Von Jeremy und Elena wusste ich, dass Clay seinen Beruf mit Leidenschaft betrieb, aber er sprach kaum je mit einer Person außerhalb des Rudels über ihn.
Während Robert Vasic aussah wie der typische Professor, hätte niemand weniger wie einer aussehen – oder sich geben – können als Clay. Nichtsdestoweniger war er genau das, ein Anthropologe mit dem Spezialgebiet Tiergottheiten. Es gibt einen Fachbegriff dafür, der mir nie einfällt, aber es besteht auch keine Gefahr, dass Clay das Thema in absehbarer Zeit mit mir erörtern möchte.
»Irgendwas Neues?«, fragte ich, während ich die Autotür schloss.
»Sehr wenig«, antwortete Jeremy im Losfahren. »Clay sagt, wir sind auf dem falschen Dampfer. Natürlich hat er es sehr viel drastischer ausgedrückt, aber worauf es rausläuft – seiner Ansicht nach wird die Verbindung zwischen heidnischen Religionen wie Druidentum und Wicca einerseits und der Opferkultur andererseits in der öffentlichen Wahrnehmung stark übertrieben.«
»Du meinst, in Wirklichkeit schlachten sie gar nicht bei jedem Vollmond ein Baby? Bradford Grady wäre furchtbar enttäuscht. Und arbeitslos wahrscheinlich auch.«
»Wiccanerinnen und Satanisten praktizieren keine Menschenopfer, ganz egal, was die Boulevardzeitungen sagen. Aber sogar die mysteriöseren Religionen sind harmloser, als ich angenommen hätte. Tieropfer, ja. Aber keine Menschenopfer. Diejenigen, die es getan haben, gehören in die ferne Vergangenheit und haben seither Alternativen entwickelt, die besser zu modernen Vorstellungen passen. Eine Sekte, die Clay erwähnt hat, ist der Tantrismus.«
»Das ist mit dem Buddhismus verwandt, oder nicht?«
Jeremy schüttelte den Kopf. »Dies ist etwas anderes. Eine in Indien beheimatete Religion, die Opferungen durchführt. In der Regel sind es Tieropfer, aber es hat auch Berichte über geopferte Menschen gegeben, manchmal Kinder. Dann gibt es die ›Muti‹-Morde, vor allem in Südafrika – nicht eigentlich Menschenopfer im engeren Sinne, aber das Ermorden von Menschen, oft von Kindern, zu medizinischen Zwecken.«
»Kann solches Zeug seinen Weg zu uns gefunden haben?«
»Ich weiß es nicht, aber da ich nie davon gehört habe, ist es wahrscheinlich sehr selten.«
»Gut.«
»Man hat mir nahegelegt, wir sollten uns auf die okkulte Unterwelt von Los Angeles konzentrieren, was gar nicht so einfach sein dürfte.« Er bog um eine Ecke. »Aber weil wir es gerade von Boulevardzeitungen hatten, Elena hat mich an jemanden erinnert, der die Recherchen vielleicht beschleunigen könnte. Hope Adams ist ein halbes Jahr lang hier,
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