Lockruf der Toten / Magischer Thriller
Leute, die man unangekündigt im Büro haben will.«
»Das ist wahr. Was …«
»Welche Telefonnummer hat sie?«
»Oh. Natürlich.«
Er gab mir die Nummer. Ich tippte sie in mein eigenes Handy ein und reichte das Gerät an ihn weiter. Er redete ein paar Sekunden lang, so leise, dass ich nichts davon verstand.
»Sie kommt runter«, sagte er dann, während er mir das Handy zurückgab.
Wir gaben den Eingang frei, und es dauerte nicht länger als eine Minute, bevor die Rauchglastür aufgerissen wurde und eine junge Frau herauskam. Hope Adams trug Sportschuhe, Jeans und ein T-Shirt und sah aus wie eine Bollywood-Prinzessin, die unerkannt durch L.A. zu gehen versucht. Sie war zierlich und feinknochig, mit zarten Gesichtszügen und goldbraunen Augen – es war die Sorte von Gesicht, die mit achtzig Jahren noch ebenso schön ist wie mit zwanzig. Aber zugleich machte sie den Eindruck, als wisse sie nicht recht, was sie mit dieser Schönheit anfangen sollte, etwa wie ein Mädchen von der Farm, dem man eine Vera-Wang-Robe ausgehändigt hat – unsicher, wie man so etwas anzieht und ob sie es im Grunde überhaupt wollte. Ihre langen schwarzen Locken waren zu einem achtlosen Pferdeschwanz nach hinten gezerrt, und über eine Wange zog sich wie eine Kriegsbemalung ein Tintenschmierer.
Ihr Blick fiel auf Jeremy, und sie lächelte und kam rasch auf ihn zu, um ihm die Hand zu geben. Sie griff fest und lebhaft zu, eine Spur
zu
fest und lebhaft, wie eine junge Angestellte, die zu einem Treffen mit dem Geschäftsführer bestellt wurde – halbwegs überzeugt, dass dies nichts Übles zu bedeuten hat, aber außerstande, einen Rest von Furcht abzuschütteln.
»Mr. Danvers, es ist schön, Sie wiederzutreffen.«
»Jeremy, bitte. Und das ist …«
»Jaime Vegas.« Noch ein fester Händedruck. »Ist mir ein Vergnügen. Sie wollen … ihr wollt also über ein Ratsproblem reden? Meine Wohnung ist ein paar Häuser weiter, wenn wir es lieber ein bisschen privater machen wollen.«
Ich folgte Hope die Hintertreppe zu ihrer aufzuglosen Wohnung hinauf. Auf dem Weg hierher hatten wir einen Laden gefunden, in dem es Prepaid-Handys gab. Ich hatte Jeremy gezeigt, was genau er brauchte, und er hatte darauf bestanden, alles Weitere selbst zu erledigen, während Hope und ich vorausgingen – auf diese Weise würden wir nicht allzu viel von ihrer Zeit beanspruchen.
Die Wohnungstür öffnete sich auf eine dunkle Höhle, in der ein schwaches Aroma von Moder und durchdringend gewürztem Essen in der Luft hing. Jemand hatte versucht, der Sache mit zitronenduftendem Putzmittel und frischen Blumen Herr zu werden, aber die Aromen blieben. Hope trat ein und begann Fenster zu öffnen.
»Den Geruch werde ich einfach nicht los«, erklärte sie. »Ich schwör’s, der hängt in den Wänden.«
Sie schaltete die Beleuchtung ein, aber an der Helligkeit in der Wohnung änderte sich wenig. Zwei der drei Fenster boten einen eindrucksvollen Blick auf eine Mauer, so dicht nebenan, dass jemand jede Bauvorschrift ignoriert haben musste. Ich trat als Erstes in eine Küche. Fünf Schritte später stand ich mitten im Wohnzimmer.
»Winzig, was? Es ist ein Loch, aber ich kann’s mir leisten, es war möbliert, und ich hab’s nicht weit zur Arbeit.«
»Es ist hübscher als meine ersten Wohnungen.«
»Ich hab’s mir beim Vermieter erkämpfen müssen, dass ich die Wände streichen durfte – ich selbst und mit Material, das ich selbst bezahlt habe.« Sie strich mit den Fingern über die Mauer. »Obwohl ich ihm damit letzten Endes wahrscheinlich keinen Gefallen getan habe. Anscheinend muss man die Wände abwaschen, bevor man sie streicht. Das dürfte der Grund sein, warum ich den Mief nicht rauskriege.«
Ich sah zu einem Arrangement von frischen Blumen auf dem Sofatisch hinüber. Ein weiterer, kleinerer Strauß stand auf dem Bücherregal. »Aber die Blumen machen es viel freundlicher.«
»Die stammen noch vom letzten Besuch meiner Mom hier. Was auch für die Vorhänge, Teppiche, Kissen gilt … ich habe wahrscheinlich die einzige Wohnung der ganzen Stadt, in der die Accessoires mehr wert sind als die Möbel. Jeden Tag bin ich zur Arbeit gegangen, bin nach Hause gekommen und habe irgendwas Neues hier gefunden, und dann hat sie mir erklärt, nach welchen Gesichtspunkten sie die Farbe oder das Material ausgewählt hat. Sie versucht mir immer noch beizubringen, wie man ein Zimmer gestaltet. Ich sage ihr immer, sie steht da auf verlorenem Posten – das Gen
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