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Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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Uhr morgens erschöpft auf den Heimweg. Bevor ich gehe, beschließen wir, uns morgen Abend wieder zu treffen. Mom will Carolyn morgen von der Schule aus anrufen und den Termin vereinbaren. Ich umarme sie, und mir ist sehr wohl bewusst, wie schwer sie das bedrückt, was ihr in der Schule bevorsteht. Eine Schülerin ermordet, eine weitere verschwunden, ein Lehrer unter Verdacht. Anscheinend wäre der logischste Ansatzpunkt für meine Suche nach Trish dieser Daniel Frey. Mom wird dafür sorgen, dass ich mich auf dem Schulgelände aufhalten kann, unter dem Vorwand erhöhter Sicherheitsvorkehrungen.
    Ich finde es schrecklich, die beiden jetzt allein zu lassen.
    Ich habe eine Wohnung in der Innenstadt gemietet, solange mein Haus in Mission Beach wieder aufgebaut wird. Während der Fahrt tröste ich mich mit dem Gedanken, dass es nur sinnvoll ist, in dieser Wohnung zu übernachten, weil ich morgen früh im Büro sein muss. Ich will meinem Partner David ausführlich erklären, was wir in den nächsten Tagen tun werden.
    Eine Nichte aufspüren – eine Nichte  –, von der ich nicht mal wusste, dass es sie gibt.
    Eine Nichte, die womöglich in einen Mord verwickelt ist.
    Ich greife in meine Handtasche auf dem Beifahrersitz und hole das Foto heraus, das ich aus Carolyns Album mitgenommen habe. Ich halte es vor mich hin, so dass ich darüber die Straße sehen kann, und betrachte es mit kurzen Blicken, während ich fahre.
    Das Mädchen hat etwas, das mich fasziniert. Nicht nur, dass sie meine Nichte sein könnte – ich spüre eine Verbindung zu ihr, die ich so noch nie erlebt habe. Seit ich ein Vampir geworden bin, geraten meine Gefühle den Sterblichen gegenüber manchmal außer Kontrolle. Culebra sagt, das sei ganz natürlich. Dass ich, solange ich meine Bindungen an meine menschliche Familie und menschliche Freunde aufrechterhalte, empfänglich für die Sorgen und Nöte Sterblicher sein werde.
    Aber das hier ist mehr als eine Sorge Sterblicher. Ich habe gesehen, wie meine Mom und mein Dad auf diese Fotos reagiert haben.
    Ich kann nicht beschreiben, was ich empfinde, wenn ich das Mädchen anschaue. Aber es ist stark und machtvoll.
    Und es fühlt sich beinahe an wie Hoffnung.

Kapitel 6
    DIENSTAG
    A ls ich endlich zu Hause ankomme, bin ich erschöpft – emotional und körperlich. Der Mythos, Vampire seien Geschöpfe der Nacht, ist wirklich nur ein Mythos. Manche Dinge ändern sich nicht, wenn man zum Vampir wird. War man vor der Wandlung ein Morgenmensch, bleibt man das auch danach. Ich brauche meine acht Stunden Schlaf und muss mich, wenn der Wecker um sechs Uhr klingelt, buchstäblich aus dem Bett zerren und unter die Dusche stellen.
    Das Bedürfnis nach dieser ersten Tasse Kaffee ist auch eine von diesen Konstanten. Ich ziehe mich nicht einmal an, bevor ich die Kaffeemaschine einschalte. Bis ich in Jeans und einen Pulli geschlüpft bin, ist der Kaffee fertig, und ich auch.
    Ich nehme eine Tasse mit hinaus auf den Balkon, der an der Vorderseite des Hauses liegt. Ich genieße die Aussicht über das Seaport Village und nach Westen in Richtung Coronado. So früh am Morgen ist die Bucht ganz ruhig, und das stille Wasser schimmert in der Sonne wie flüssiges Gold.
    Ich nippe meinen Kaffee und lasse das Koffein die schläfrigen Hirnzellen wecken. Ich sehe kein Problem darin, den Tag an Moms Schule zu verbringen – meine Anwesenheit wird schon keine besondere Aufmerksamkeit erregen. Wegen des Mordes an Barbara Franco werden sich psychologische Betreuer und Polizisten auf dem Schulgelände aufhalten. Da wird ein weiteres unbekanntes Gesicht niemandem sonderlich auffallen. Die wenigen Lehrer, die mich vielleicht erkennen, wissen, womit ich meine Brötchen verdiene. Es ist weiß Gott nicht aus der Luft gegriffen, dass eine Kopfgeldjägerin sich bei einem Sicherheitsdienst etwas dazuverdient – vor allem, wenn sie mit der Rektorin verwandt ist.
    Und mir entgeht auch nicht die Ironie dieser Situation: Zum ersten Mal liefert meine Berufswahl keinen Stoff für Auseinandersetzungen zwischen meinen Eltern und mir. Gestern Abend haben sie nicht ein einziges Mal erwähnt, wie sehr sie sich wünschen, ich würde diesen albernen Job aufgeben und wieder als Lehrerin arbeiten.
    Carolyn wusste keine Einzelheiten über Barbaras Tod, aber ich nehme an, dass heute etwas darüber in der Zeitung stehen wird. Ich trinke meinen Kaffee aus, schnappe mir meine Handtasche und fahre hinunter in die Tiefgarage. Unten neben der Aufzugstür ist ein

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