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Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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halten. Wir haben sogar einen Tipp bekommen, dass er sich mit seiner Familie in Kolumbien aufhalten soll. Auf der hacienda eines seiner Lieferanten.«
    »Wann könnt ihr ihn euch holen?«
    »Sobald wir die Auslieferung geklärt haben. Bisher waren die Federales bereit, mit uns zu kooperieren. Für den Moment ist es wohl das Beste, wenn Martinez glaubt, er sei davongekommen. Dass nur kleine Fische wie ich ins Netz gegangen wären. Wir wollen den richtigen Zeitpunkt abwarten und ihn überrumpeln.«
    Er klingt sehr sachlich und unbekümmert, aber ich weiß, dass Max in Gefahr schwebt, solange Martinez auf freiem Fuß ist. Früher oder später wird Martinez erfahren, dass der Fahrer, von dem er glaubt, er säße im Gefängnis, in Wahrheit ein Agent ist, der fleißig dabei hilft, den Prozess gegen seinen ehemaligen Boss vorzubereiten.
    Doch jetzt biege ich auf meinen Parkplatz vor dem Büro ein, so dass die Unterhaltung erst mal vorbei ist. Das Büro liegt am Pacific Coast Highway in einem niedrigen Betonbau, der früher Star-Kist gehörte, als der Thunfischfang in San Diego noch ein einträgliches Geschäft war. Der Komplex stand fünfzehn Jahre lang leer – feinste Lage direkt am Meer. Ein Konsortium aus Geschäftsleuten, zu dem auch mein Vater gehörte, schaffte es, die Gebäude zu Bürohäusern umzubauen. Er hat David und mir einen tollen Deal verschafft, und wir durften uns als Erste eines der frisch umgebauten Büros aussuchen – an einer Ecke mit Blick in beide Richtungen und einer Terrasse direkt auf dem Wasser. Obendrein haben wir eigene Parkplätze, ein unerhörter Luxus so nah am Seaport Village und dem Yachthafen.
    Vetternwirtschaft muss ja nicht immer schlecht sein.
    Davids Wagen, ein gelber Hummer mit reichlich Chrom, hockt dick und breit auf seinem Parkplatz. Ich manövriere den Jaguar daneben. Max macht ein gieriges Gesicht wie ein kleiner Junge, als er im Vorbeigehen über die Tür des Hummers streicht.
    Er fängt meinen Blick auf und grinst. »Ich überlege, ob ich mir auch so einen kaufe.«
    Klar doch. Genau das, was man in Südkalifornien braucht – ein benzinfressender Monstertruck. Ich habe das schon damals nicht verstanden, als David sich das Ding gekauft hat, und ich verstehe es immer noch nicht. Männer und dicke Autos. Ein ewiges Rätsel.
    Dads Großzügigkeit erstreckte sich nicht auf neue Möbel, deshalb ist unser Büro mit den Sachen aus unserem alten Loch eingerichtet. Mitten im Raum steht ein großer Doppelschreibtisch aus Eiche, zwei überdimensionierte, altmodische Ledersessel. Die müssen so riesig sein, denn mein Partner ist eins fünfundneunzig groß und wiegt über hundertzwanzig Kilo. Er hat mal als Tight End für die Broncos gespielt und ist gut in Form geblieben.
    An einer Wand steht ein Aktenschrank, daneben eine alte, zerschrammte Anrichte mit einer Kaffeemaschine und Bechern obendrauf und den Vorräten unten drin. Wir haben jeder einen Computer und ein Telefon auf unserer Seite des Schreibtischs. Drucker und Fax stehen auf einem weiteren kleinen Schreibtisch in der Nähe der Schiebetür, die zur Terrasse führt. Ansonsten beschränkt sich die Einrichtung auf einen kleinen Kühlschrank, gerade groß genug für ein paar Sixpacks. Insgesamt nicht viel, aber alles, was wir brauchen.
    Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee schlägt uns zur Begrüßung entgegen. David steht mit dem Rücken zu uns vor der Anrichte. Er trägt Jeans und ein Hawaiihemd, das sich über seinem muskelbepackten Rücken spannt, als er den Arm ausstreckt. Er hat glatte Haut und diesen Oliventeint, der das ganze Jahr über leicht gebräunt wirkt. Sein braunes Haar ist kurz geschoren, und seine blauen Augen können entweder funkeln vor Freude oder einen mit eiskalter Präzision schier töten.
    Als er sich umdreht, hat er zwei Becher in der Hand. Ohne aufzublicken, streckt er mir einen entgegen.
    »Gut, dass du da bist. Kam gerade ein Anruf rein. Wir haben … «
    Er bricht ab, als er Max hinter mir hereinkommen sieht. Die lebhafte Freude schwindet so schlagartig aus seinem Gesicht, wie sämtlicher Sauerstoff aus dem Raum zu entweichen scheint. Die blauen Augen werden eisig. Davids Schultern spannen sich an, seine Stirn legt sich in Falten, und der Mund wird schmal vor Abneigung.
    So geht das jedes Mal. Ich werde nie verstehen, was für eine seltsame Dynamik da am Werk ist. Die beiden Männer haben viel gemeinsam. Beide sind groß und stark, beide haben dank eines Sportstipendiums am College studiert. David

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