Lockruf des Blutes
in Verbindung gesetzt, dem einzigen Lehrer, vor dem Trish anscheinend Respekt hatte.«
Sie macht eine kurze Pause und schüttelt resigniert den Kopf. »Er hat mir versprochen, ein Auge auf Trish zu haben, und mich um Erlaubnis gebeten, sie in eine ausgewählte Gruppe von Schülern aufzunehmen, für die er nach dem Unterricht den Mentor gespielt hat. Aber er hat gesagt, seine Methoden seien etwas unkonventionell, und er nähme öfter Schüler mit nach Hause, um über Nacht oder das ganze Wochenende lang mit ihnen zu arbeiten. Wenn mir das nicht recht wäre, könne ich ja einfach nein sagen, er wolle mich nicht drängen.«
Nun kann meine Mutter nicht mehr an sich halten. »Und Sie fanden es nicht seltsam, dass ein Lehrer ›Betreuung über Nacht und am Wochenende‹ vorschlägt? Ihnen ist nicht in den Sinn gekommen, dass Sie sich vielleicht mit der Schule in Verbindung setzen und uns melden sollten, was dieser Lehrer Ihnen gesagt hat?«
Carolyn schlägt die Augen nieder. »Er hat mir den Namen einer Frau genannt, deren Tochter auch an diesem besonderen ›Programm‹ teilnimmt. Ich habe sie angerufen. Sie hat mir ganz begeistert davon erzählt, wie Mr. Frey ihrer Tochter geholfen hat. Sie müssen das verstehen, Mrs. Strong. Ich war verzweifelt. Trish hat sich geweigert, die Hilfe anzunehmen, die ich ihr im Krankenhaus angeboten habe. Sie ist mir entglitten, und ich wusste nicht, an wen ich mich noch wenden sollte. Als Trish einverstanden war, Mr. Freys Hilfe anzunehmen, war ich erleichtert.«
Mom schüttelt den Kopf. »Sie haben hier sehr schwere Vorwürfe gegen diesen Lehrer erhoben. Wenn wir Trish erst gefunden haben, müssen Sie mit mir zum Schulausschuss gehen. Aber zunächst einmal müssen wir Ihrer Tochter helfen. Haben Sie irgendeine Ahnung, wo sie sein könnte?«
Carolyn zuckt mit den Schultern. »Nein. Sie ist seit zwei Tagen weg. Sie ist weggelaufen, nachdem Barbara Franco verschwunden ist. Als ich heute Morgen gehört habe, dass Barbaras Leiche gefunden wurde, dass sie ermordet worden ist … Ich habe Angst, dass Trish etwas damit zu tun haben könnte.«
Mom zieht scharf die Luft ein. »Barbaras Leiche wurde gefunden?« Der Tonfall lässt darauf schließen, dass sie auch dieses Mädchen kannte. Sie fängt meinen Blick auf und nickt mir zu. »Auch eine unserer Schülerinnen. Sie wurde am Freitag als vermisst gemeldet. O Gott, das darf doch nicht wahr sein.«
Ich sehe Carolyn prüfend an. »Warum vermuten Sie, dass Trish etwas damit zu tun haben könnte?«
Carolyn beißt sich auf die Lippe. »Barbara ist die einzige gleichaltrige Freundin, die Trish hier gefunden hat. Sie schienen sich wirklich gut zu verstehen. Aber sie hat sich die gleichen Sorgen um Trish gemacht wie ich. Barbara ist letzte Woche zu mir gekommen und hat mir erzählt, dass sie Mr. Frey verdächtigt und was er mit Trish anstellt. Ich habe ihr gesagt, sie müsse sich irren. Aber sie ist dabei geblieben, dass Frey Kinder mit Drogen versorgt hat, im Austausch gegen Sex.«
»Und Sie haben das nicht geglaubt?«
»Hätten Sie das geglaubt? Trishs Verhalten hat sich gebessert. Sie ist nicht mehr die halbe Nacht auf Partys gegangen. Sie wirkte glücklicher. Aber ich konnte Barbara nicht davon überzeugen. Sie hat gesagt, wenn ich nichts unternehmen würde, um Frey aufzuhalten, dann würde sie es tun. Sie hat gesagt, sie wollte zu Ihnen gehen, Mrs. Strong, und Ihnen erzählen, was da vor sich geht.«
Ich schaue zu meiner Mutter hinüber. »War sie bei dir?«
Mom schüttelt den Kopf. »Nein. Ich wünschte, sie wäre zu mir gekommen.«
Carolyns Gesicht verzieht sich, und sie beginnt zu weinen. »Sie ist nicht zu Ihnen gegangen, weil ich es ihr ausgeredet habe.« Ihre Schultern zucken, sie schluchzt laut. »Ich habe ihr gesagt, sie solle zuerst mit Mr. Frey sprechen. Ich habe gesagt, er sei ein guter Lehrer, und es wäre nicht fair, seinen guten Ruf mit solchen Gerüchten zu ruinieren. Ich habe sie zu Frey geschickt. Und jetzt glaube ich, dass er sie umgebracht hat, und ich fürchte, Trish hat ihm vielleicht dabei geholfen.«
Wir lassen sie weinen, obwohl ein Teil von mir auf der Stelle fragen will, warum sie mit dieser Geschichte nicht zur Polizei gegangen ist. Doch der andere Teil von mir muss zugeben, dass Trish, falls Carolyn die Wahrheit sagt, Steves Kind ist. Sie ist mein Fleisch und Blut. Und sie steckt in Schwierigkeiten.
Ich gehe in die Küche und hole eine Packung Taschentücher. Carolyn nimmt sie entgegen, zieht sich ein
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