Lockruf des Glücks
hatte keine Wahl, und sie wusste es. Ohne es ausdrücklich auszusprechen, hatte ihr Atherton, als ihr Vorgesetzter, deutlich gemacht, dass sie ihre persönlichen Gefühle um ihrer Karriere willen beiseiteschieben musste.
Mit gestrafften Schultern stand sie auf. Ein harter, angespannter Zug spielte um ihren Mund. »Also gut.«
»Gut«, sagte Atherton barsch und stöberte auf seinem Schreibtisch. »Hier, das hat er für Sie dagelassen.« Er hielt ihr eine cremefarbene Visitenkarte entgegen, in die der verhasste Name eingeprägt war. »Ich erwarte morgen Ihren Bericht.«
»Sie werden ihn bekommen.«
Als sie an der Tür angekommen war, hielt er sie auf. »Dieser Etat entscheidet weder über den Erfolg noch den Untergang von Bennett, Megan. Er braucht sich nicht mehr zu beweisen. Was ihn antreibt, ist der Ruf seiner Agentur, als die beste Agentur. Für ihn ist das alles ein Spiel, und Geld ist nur das Mittel, um Treffer landen zu können. Aber für uns bedeuten die Werbespots von Seascape eine riesige Summe Geld. Ich weiß, dass Sie einen guten Job hinlegen werden, um uns alle glücklich zu machen.«
»Das stimmt. Das werde ich«, sagte sie schnöde und verließ mit hoch erhobenem Haupt das Büro.
Das vertrauliche, abgekürzte J am Ende der kurzen Nachricht ärgerte sie am meisten. Während sie auf dem Bett lag und versuchte, sich vom Kampf durch den nachmittäglichen Stoßverkehr durch Atlanta zu erholen, las sie die Nachricht auf der Rückseite der Visitenkarte zum hundertsten Mal. »Ein Fahrer wird dich um halb acht Uhr abholen. J.«
»Nun, vielleicht will ich nicht von einem Ihrer verdammten Fahrer um halb acht Uhr abgeholt werden, Mr Bennett«, sagte sie laut. Aber das Auto würde pünktlich vor der Tür stehen, und sie wusste, dass sie bereit wäre. Ob sie wollte oder nicht, sie war gezwungen mit Josh zusammenzuarbeiten.
Nach ihrer Besprechung mit Doug Atherton hatte sie den Rest des Nachmittags versucht, ihre Gedanken
zu sortieren und mit seinen Enthüllungen zu Rande zu kommen. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, dass Josh ihr Leben manipuliert haben könnte. Warum hatte er sich für sie all die Umstände gemacht? Hatte er versucht, sein Gewissen über den viel zu frühen Tod von James zu erleichtern und sich selbst von der Schuld reinzuwaschen? Das musste es sein. Aber zu wissen, dass sie ihren Erfolg ihm verdankte...
Nein, entschied sie, sprang vom Bett und ging ins Badezimmer, um kurz zu duschen. Er mochte dafür verantwortlich sein, dass sie anfangs ihren Job bekommen hatte, aber den Erfolg hatte sie sich selbst erarbeitet. Damit hatte er nichts zu tun. Er hatte sie nicht bei ihren beruflichen Entscheidungen beraten.
Trotzdem, wie sollte sie ihm entgegentreten, wohl wissend, wie sehr sie ihm zu Dank verpflichtet war? Wäre er nicht gewesen, hätte er sich nicht durchgesetzt, würde sie jetzt von der viel zu geringen Lebensversicherung von James und dem mageren Gehalt leben, das sie bei einem kleinen, unbedeutenden Radiosender verdient hätte. Stattdessen war sie Verkaufsleiterin eines angesehenen regionalen Fernsehsenders, in einem der größten und wichtigsten Sendegebiete des Landes. Nur wenige Frauen konnten das von sich sagen. Nur wenige Männer konnten es.
Sie würde ihm mit Stolz und kühler Verachtung begegnen, entschied sie, als sie in das Kleid schlüpfte, das sie für diesen Abend ausgewählt hatte. Ihr Auftritt wäre ebenso erstklassig wie seiner. Das Kleid war
ganz schlicht geschnitten. Von Rüschen, weiten Ärmeln oder gebauschten Röcken wäre ihre zierliche Figur erdrückt worden. Unter diesem Gesichtspunkt hatte sie ihre ganze Garderobe ausgesucht.
Als Megan sich jetzt im Spiegel ansah, wusste sie, dass dieses Kleid eines ihrer besten war. Die Farbe der Seide war eine Spur gebrochener als reines Weiß. Es hatte einen tiefen V-Ausschnitt. An der Spitze des Ausschnitts begann eine Linie kleiner Strassknöpfe, die bis zum Gürtel, der um ihre Taille lag, verlief. Der Rocksaum umspielte ihre Beine knapp über dem Knie. Durch die hochhackigen Riemchensandalen kamen ihre schlanken Waden zur Geltung.
Ein Lockenstab hatte die Wellen ihres Haars aufgefrischt, die zu beiden Seiten ihres Gesichts locker herunterfielen. Sie steckte kleine Diamantohrringe fest und war fertig. Da das Kleid ärmellos war, nahm sie einen schwarzen Spitzenschal und wählte eine passende Abendhandtasche aus Satin. Gerade als sie ein blumiges Parfum aufgelegt hatte, klingelte es an der Tür.
Ein uniformierter
Weitere Kostenlose Bücher