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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Schwung der Treppe und überlegte, wo wohl das Rote Zimmer sein mochte.
    »Komplette Hintergrundinformationen zu einem Fall sind immer nützlich …« Lockwood vertiefte sich in den Hefter und die Unterhaltung versiegte. Der Zug ratterte weiter vor sich hin. Ich betastete die Vorderseite meiner Jacke, spürte den harten Umriss des kleinen Gegenstandes darunter – den Behälter mit der Kette des toten Mädchens. Wie von Lockwood gewünscht, trug ich ihn sicher um den Hals. Hoffentlich hatte er mit seiner Einschätzung recht, dass wir den Fall bald zum Abschluss bringen würden. Vorausgesetzt natürlich, wir überlebten die Nacht in Combe Carey Hall.
    Am Bahnhof erwartete uns ein Wagen. An der Kühlerhaube lehnte ein junger Mann mit zerzaustem Haar und las in einer älteren Ausgabe von Höllische Heimsuchungen . Als wir, mit unseren Taschen beladen, auf ihn zuwankten wie drei Sherpas beim Aufstieg zum Mount Everest, ließ er die Zeitschrift sinken und musterte uns teils belustigt, teils mitleidig. Er tippte sich ironisch grüßend an die Stirn. »Mr Lockwood? Ich habe Ihre Nachricht bekommen. Ich bringe Sie zum Haus.«
    Unser Gepäck wurde hinten im Wagen verstaut und mit Mühe zwängten George und ich uns auf die Rückbank. Lockwood ließ sich lässig auf den Beifahrersitz gleiten. Das Taxi bog so scharf auf die Straße ein, dass die Enten vom Dorfteich aufflatterten und ich gegen George geschleudert wurde. Ärgerlich rappelte ich mich wieder hoch. Der Fahrer pfiff vergnügt durch die Zähne, während wir durch eine von Ulmen gesäumte Allee fuhren.
    »Ihr Auto ist nicht mit Eisengittern gesichert«, bemerkte Lockwood konversationshalber.
    »Das ist hier nicht nötig«, entgegnete der junge Mann.
    »Eine sichere Gegend? Keine Besucher hier?«
    »Nö. Die tummeln sich alle im Haus.« Der Fahrer riss das Lenkrad herum, weil er einem Schlagloch ausweichen wollte. Ich landete abermals auf Georges Schoß.
    George blickte auf mich herunter. »Brauchst du Hilfe? Du kannst auch liegen bleiben, wenn dir das lieber ist.«
    »Nein danke. Ich komme schon klar.«
    »Meinen Sie mit Haus Combe Carey Hall?«, fragte Lockwood. »Wir übernachten heute dort.«
    »In dem erneuerten Flügel? Oder bei Bert Starkins, dem Verwalter?«
    »Nein, im Haupthaus.«
    Stille. Der Fahrer nahm die Hände vom Lenkrad, bekreuzigte sich, berührte das kleine Heiligenbildchen am Armaturenbrett und spuckte abergläubisch aus dem Fenster. Dann blickte er nachdenklich in den Rückspiegel. »Ihre rote Tasche gefällt mir. Da würden meine Fußballsachen prima reinpassen. Haben Sie was dagegen, wenn ich morgen mal vorbeikomme und die Tasche mitnehme? Mr Fairfax hat bestimmt keine Verwendung dafür und der alte Starkins auch nicht.«
    »Tut mir leid«, erwiderte Lockwood, »aber wir brauchen sie morgen selber noch.«
    »Ich komm trotzdem morgen vorbei. Fragen kostet ja nix.«
    Die Straße stieg jetzt an, führte erst durch dichten Wald, dann durch einen Flickenteppich aus dunkelbraunen, von Wintergrün eingefassten Feldern.
    »Waren Sie denn schon mal im Herrenhaus drinnen?«, erkundigte sich Lockwood.
    »Ich bin doch nicht lebensmüde!«
    »Das heißt, Sie wissen, was man sich darüber erzählt? Über die Geister, meine ich.«
    Der Fahrer bog in letzter Sekunde scharf ab. Der gesamte Inhalt des Wagens wurde nach links geschleudert und mein Kopf wurde zwischen der Fensterscheibe und Georges weicher Wange platt gedrückt. Für ein paar Sekunden hörte ich nur sein Schnaufen an meinem Ohr, und als er sich mit viel überflüssigem Gestrampel wieder aufgerichtet hatte, waren wir schon durch ein heruntergekommenes Tor gefahren und brausten eine lange, schnurgerade Auffahrt hinauf.
    »… ermordet, verschwunden und nie wieder aufgetaucht«, sagte der junge Fahrer gerade. » So hat das alles angeblich angefangen. Jeder hier kennt die Geschichte. Ein Todesfall führte zum nächsten, und die Kette wird nicht abreißen, solange das Haus steht. Meine Mutter meint, man sollte den alten Kasten niederbrennen und die Asche mit Salz bestreuen. Aber der Besitzer lässt sich ja von keinem was sagen, so versessen ist er auf seine kleinen Experimente. Da wären wir. Macht zehn Pfund fünfzig plus zwei Pfund für das Übergepäck.«
    »Sehr interessant«, sagte Lockwood. »Vor allem der erste Teil.«
    Wir hielten im Wendekreis der gekiesten Auffahrt. Durch mein Fenster sah ich eine weite, parkähnliche Landschaft, bestanden mit Eichen und Buchen, und ein Stück des Sees von

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