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Löffelchenliebe (German Edition)

Löffelchenliebe (German Edition)

Titel: Löffelchenliebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kaufhold
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werden einen Yogi dabeihaben, der den gesamten Walk begleitet.«
    »Gut. Wirklich gut.« Ich nicke fleißig und fuhrwerke jetzt doch mit meiner Zunge möglichst unauffällig in den Vertiefungen meiner Backenzähne herum. Die Salzstangen sind aber auch hartnäckig.
    Herr Dahls Spazieren ist wieder in schnelles Gehen übergegangen, die Schritte sind ausladend, und stimmlich passt er sich dem vergrößerten Radius mühelos an. Wenn es so weitergeht, dann joggt er gleich mit Megafon durch die Halle. Zirkeltraining mit Eventstationen. Ich kichere. Und während Herr Dahl weiterredet und weiterrennt und sein graumeliertes Haar im Laufwind flattert, fülle ich mein Glas aus der Nachschubkaraffe auf. Meisterhaft treffe ich exakt den Punkt, der die maximale Weinmenge garantiert und gleichzeitig minimale Maßlosigkeit demonstriert. Ich bin zufrieden.
    Mein Blick wandert durch die Halle, inzwischen spielt eine kleine Kapelle Alpenmusik, und die Lederhosenbuben legen einen Schuhplattler aufs Parkett. Der Besucherstrom ist bereits ausgedünnt, an den meisten Ständen wird das Ende der Messe eingeläutet, überall stehen die Aussteller zusammen und halten Sektgläser und Kanapees in den Händen. Ich köpfe ein weiteres Salzstangenbündel und schiebe mir eine nach der anderen der Länge nach zwischen die Schneidezähne wie ein Kaninchen seine Karotte. Ein irres Hacktempo ist das. Ich bin die personifizierte Abbeiß-Zermalm-Mechanik.
    Herr Dahl walkt in weiter Ferne, während es am Stand nebenan ausgesprochen gemütlich und mindestens genauso hip zugeht. Auf einem quadratischen Kunstrasenpodest hocken um die fünfzehn Leute, die meisten im Schneidersitz und mit einer Flasche Bier in der Hand. Dazu ein Wollmützen- DJ , der ruhige Elektromusik mixt, die sich mit der fernen Dahl’schen Stimme ganz wunderbar zu einem Klangteppich verwebt. Allerbeste Feierabendlaune macht sich in mir breit. Ich werde ruhig und schwer, mein Kopf ist angenehm leer, um mich herum entspannte Gesichter.
    Ein entspanntes Gesicht. Ich lächle weinselig vor mich hin. Das Gesicht lächelt zurück. Ich lächle weiter, es lächelt weiter, ich lächle, es lächelt. Es ?
    Er !
    Nicht auszuhalten, wie er mich so anschaut. Ich muss weggucken, aber schleunigst, nur wohin ? Ich inspiziere meine Fingernägel. Da, neben dem Ringfingernagel, müsste ich dringend ein Stück Haut abpulen, am effektivsten mit den Zähnen, aber das geht jetzt ja nicht. Untersuche meinen Rocksaum Millimeter um Millimeter, ist da etwa ein Weinfleck ?
    Vorsichtig hebe ich den Blick. Er guckt ja immer noch !
    Schnell sehe ich auf meine Stiefelspitzen. Was ist denn nur los mit mir ?
    Auch wenn ich gar nicht zu ihm hingucke, kann ich seinen Blick noch immer auf mir spüren. Vielleicht stand er schon länger da drüben, womöglich schon, als ich noch an meinen Salzstangen genagt habe wie ein Karnickel mit Stromschlag ? Das hat er doch nicht gesehen, oder ? Bitte, lieber Gott, mach, dass er es nicht gesehen hat ! Er ist so, so … Er hat überhaupt nichts Taxierendes an sich, der Blick. Kein Von-oben-bis-unten-und-von-vorne-bis-hinten-Abchecken, kein: Richte dich mal lieber schnell auf, wenn du bestehen willst, Schultern gerade, Bauch rein, Brust raus.Irgendwie richtet dieser Blick selbst mich auf.
    Mit Männern, die einen ansehen, ist es ja so: Es gibt den Typ Glotzer, der einen besonders dann anstarrt, wenn man mindestens ein Element an sich trägt, das in seinem Hirn sofort ein grelles » SEX « – blink – » SEX « – blink – » SEX « aufleuchten lässt. Da reichen schon ein Paar Stiefel, ein Rock, der über den Knien endet (kürzer muss er gar nicht sein), ein luftiges Sommerkleid, ein Ausschnitt, der nicht mehr als den Hauch eines Dekolletés erahnen lässt (da drunter sind ja – Überraschung ! – Brüste). Manchmal entpuppt sich sogar ein Geschäftspartner als Glotzer, dem ich am liebsten zurufen möchte: Hallo, mein Gesicht ist hier oben ! Und das, obwohl ich bei Geschäftsterminen niemals etwas Weitausgeschnittenes trage. Also gut, fast nie. Ein Glotzer, das muss man ihm zugute halten, taxiert nicht. Er stiert einfach. Und eine Frau auf Sex zu reduzieren, beinhaltet immer auch ein Weichzeichnen. Details nimmt der Glotzer nicht wahr, das Gesamtpaket verheißt Sex. Niemals würde ein Glotzer denken: Joa, eigentlich ’ne sexy Braut, wenn da nicht diese etwas zu große Nase wäre, dieser kleine Bauch, der sich unter dem Trägertop wölbt, dieser schiefe Zahn hinten links. Im Grunde

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