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Lohn der Angst

Lohn der Angst

Titel: Lohn der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Arnaud
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Sandbuckel auf. Der Motor bleibt weg. Die Hinterräder sinken fast bis zur halben Radnabe in den Ufersand ein. Ein Glück, daß er die Schaufel dabei hat, eine breite, kräftige Schaufel, die längs der linken Wagentür festgeschnallt ist. Zuerst beseitigt er das vordere Hindernis. Dann gräbt er unter jedem der vier Räder ein Loch in den Boden. Da hinein stopft er trockenes Gestrüpp, das er von den spärlichen Sträuchern abgerissen hat. Er ist wenig an solche Arbeit gewöhnt, überstürzt sich dabei, fängt die Sache verkehrt an und kommt mehr und mehr in Schweiß. Nichts geht vorwärts. Als er endlich weiterfährt, sind zehn Minuten vergangen. Hundert Meter weiter vorne kommt ihm der Tankwagen entgegen, hält. Rynner springt auf das Trittbrett und steckt den Kopf ins Führerhaus.
    »Fahr zu, Mensch, die haben fast kein Wasser mehr.« Der Chauffeur schüttelt unwillig den Kopf und gibt, ohne zu antworten, Gas. Auch ihm läuft der Schweiß an den Schläfen entlang.
    Warum ist es heute abend so schwül? fragt sich Rynner. Er sitzt wieder am Steuer. Der Tankwagen vor ihm, der schwerer ist und nicht zu fürchten braucht, ins Schleudern zu kommen, fährt zu schnell, als daß er ihm folgen könnte. Außerdem nimmt die Staubwolke, die der Tankwagen aufwirbelt, Rynner die Sicht und trocknet ihm die Kehle aus. Er hält, um dem anderen einen Vorsprung zu lassen. Er ist jetzt ruhiger, zieht eine neue Camel aus der Tasche, zündet sie an und tut einige lange ruhige Züge. Da er den Strom wieder einschalten will, tastet er mechanisch nach dem Armaturenbrett, findet einen Knopf und dreht ihn von links nach rechts. Er hat das Radio erwischt. Einen Augenblick lang ist die Sendestelle von Las Piedras zu hören, die von dem Felsen am Hafen sendet, dreihundert Meilen im Umkreis.
    »Ach! Ach! Ach!« schreit ein schwarzer Sänger, der vor drei Wochen im Club der Crude and Oil aufgetreten ist.
     
    »Ach! Ach! Ach!
    Was kann ich andres machen
    Als lachen,
    Wenn ich mein Leben seh,
    Mein schwarzes Negerleben seh. Ach! Ach! Ach!...«
    Plötzlich schweigt das Radio. Das schwere, verteufelte Schweigen der Ebene lastet auf der Nacht. Rynner drückt auf den Anlasser, einmal, zweimal. Nichts. Kein Strom. Im Schein der Zigarette sieht er, daß die Nadel des Amperemeters keinen Ausschlag zeigt. Der Yankee fühlt sich fremd in dieser Einöde. Die Tücke der Dinge macht ihn unsicher.
    Er steigt aus, öffnet die Motorhaube an der falschen Seite, findet schließlich die Batterie, leuchtet sie mit seiner Taschenlampe ab, um die Drähte zu prüfen. Alles scheint in Ordnung. Er verbindet die Anschlußklemmen direkt mit dem Dynamo des Anlassers, schabt an dem Metall. Nichts. Nicht ein einziger Funken.
    Er beginnt nervös zu werden und vergißt ganz , daß er ein »studierter« und erfahrener Maschinenbauer ist, für den ein Fordmotor mit seiner elektrischen Ausstattung nicht mehr als ein Kinderspiel bedeutet. »Fuckin’ Job!«
    Ach! Am Liebsten wäre er jetzt daheim und ein Schuljunge an einem Ferientage! Übelgelaunt, mit alberner und sinnloser Heftigkeit, sucht er, wo der Kontakt unterbrochen ist. Mehr als zwanzig Minuten vergehen. Und dennoch, wie einfach: das Kabel ist innerhalb des Gummigürtels abgebrochen. Und natürlich kein Ersatzstück im Kasten.
    Er schlägt die Tür mit einem Fußtritt zu, bleibt einen Augenblick lang bewegungslos stehen, beugt sich, dann durch den Rahmen des herabgelassenen Fensters in den Wagen und nimmt die Zigaretten und Streichhölzer an sich, die auf dem Sitz liegengeblieben sind. Der Lichtkegel der Taschenlampe, die er an seinen Gürtel gesteckt hat, schwankt vor ihm her. So geht er in die Nacht.
    Sieben Kilometer Sand sind zu durchqueren. Ach was, der zweite Tankwagen wird bald kommen, um aufzutanken. Verrückt macht ihn nur, daß er dauernd auf den Boden starren muß, um den Weg nicht zu verlieren. Sonst wäre dieser nächtliche Spaziergang nicht einmal so unangenehm. Er atmet tief ein, dem Wind zugewandt. Alle Augenblicke fallen Sternschnuppen vom Himmel. Wenn er sich bei allen etwas wünschen wollte, käme er bald nicht mehr nach. Vorwärts, vorwärts. Er verläßt sich auf seine Uhr, um die Strecke abzuschätzen, die er schon hinter sich hat, und ist erstaunt, daß er weder die Lichter des Taladro sieht noch die Scheinwerfer des zweiten Tankwagens. Er macht sich jetzt Vorwürfe. Die Eingeborenen sind allein an der Bohrstelle. Zwar hat der Werkführer genaue Anweisungen, aber wer weiß, ob sie nicht Unsinn mit

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