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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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zwischen uns?«
    Grundgütiger, dachte ich, eine Grundsatzdiskussion über uns und alles. Das war für den Moment zu viel für mich. Ich stand
     auf.
    »Ich weiß nicht, was du meinst. ›Zwischen uns‹ … Himmel, weißt du eigentlich, wie viel Überwindung es mich gekostet hat, überhaupt
     hierher zu fahren? Wie viel Kraft ich gebraucht habe, um meine Ängste einigermaßen in den Griff zu bekommen und mich dazu
     zu bringen, in die Eifel zu fahren. Weißt du das eigentlich? Nein, das weißt du nicht.« Ich spuckte die Worte heraus.
    »Doch, Conny, das weiß ich.«
    »Du kannst es nicht wissen, du hast nicht das erlebt, was ich erlebt habe. Hier.« Wütend sah ich ihn an. »Für dich ist Hechelscheid, |24| unser Haus, immer noch ein ganz normales Wochenendhaus. Ein friedlicher Rückzugsort.«
    »Es ist ein ganz normales Wochenendhaus. Und es ist fertig. Gefällt es dir?«
    »Ob es mir gefällt? Ich weiß es nicht. Es ist schön, ohne Frage. Du hast eine neue, saubere Realität geschaffen. Wir streichen
     einfach die Wände, und schon ist es gut. Wenn es wirklich so einfach wäre, dann würden alle Malergeschäfte florieren, und
     kein Psychiater hätte mehr Kundschaft.«
    »Conny, tu das nicht.«
    »Was tu ich denn? Ich habe gar nichts getan. Du hast gehandelt. Du hast verputzt, gestrichen und eingeräumt.«
    Martin schüttelte den Kopf und wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Conny, warum machst du das? Bestimmt habe
     ich dich zehnmal gefragt, was mit dem Haus werden soll. Du hast nie eine klare Antwort gegeben.« Er stand auf, sah mich endlich
     an. »Ich gestehe dir zu, dass die Erlebnisse, die du hattest, schrecklich waren. Unvorstellbar grauenvoll. Für mich und niemanden
     sonst nachvollziehbar. Aber das Leben hört nicht auf. Die Uhr tickt weiter.« Seine Stimme war ruhig geblieben, doch nun wurde
     sie lauter, klang ärgerlich. »Ich bin nicht gefangen in Ängsten. Mein Leben lief weiter, während du dich verkrochen hast.
     Und es gefällt mir, mein Leben und auch das Haus. Wenn es dir nicht gefällt, können wir alles ändern, du musst es nur sagen.
     Aber dann sag es auch. Steh nicht hier und schau mich beleidigt an.«
    Er hatte recht, wurde mir klar. Ich hatte kein Recht, gekränkt zu sein und ihn zu verletzen.
    Er kam auf mich zu, nahm mich in die Arme, hielt mich fest. »Schon gut.«
    »Nein, nichts ist gut«, murmelte ich an seiner Schulter, in den Stoff seines Hemdes, das nach gesundem Schweiß roch, seinem
     Aftershave und dem Waschmittel. »Ich benehme mich wie einer dieser schizoiden Grenzfälle, dem Albtraum eines jeden Therapeuten,
     unberechenbar.«
    »Das ist nichts Neues.« Martin lachte leise und schob mich |25| ein Stück von sich weg, schaute mich an. »So warst du schon immer. So habe ich dich kennengelernt, und so liebe ich dich.
     So und nicht anders.« Er holte tief Luft. »Trotzdem arbeiten wir an diesem Mordfall. Wir müssen daran arbeiten.«
    Peng. Seine Worte waren wie eine Ohrfeige und holten mich in die Realität zurück.
    »Der Fall?«
    »Wir arbeiten an einer operativen Fallanalyse. Es ist wichtig. Da draußen ist ein Killer unterwegs. Die Polizei hat keinen
     Schimmer eines Ansatzpunktes. Die Details sind verwirrend. Das alles muss dich nicht interessieren.« Der letzte Satz klang
     abwertend.
    »Wie bitte?«
    »Ich finde es sehr mutig von dir, dass du hierher gefahren bist. Alleine. Wirklich, das war toll von dir, Conny. Ich schätze
     es sehr, dass du an dir arbeitest. Das ist großartig.«
    »Es ist nicht einfach.«
    »Nein, das glaube ich dir.« Er zog mich an sich, küsste meinen Scheitel. Martin war einer der wenigen Männer, die wirklich
     größer waren als ich. Ich hatte das immer genossen.
    »Du hast bewiesen, dass du hierhin fahren kannst. Du warst sogar laufen. Im Wald?« Wieder schob er sich von mir, schaute mich
     an. Ich nickte. »Im Wald. Das ist toll, das ist wirklich großartig.«
    »Das ist flexibel.« Ich lachte leise. »Flexibilität ist ein Zeichen von Reife.« Nun löste ich mich aus seiner Umarmung, sah
     ihn an. »Was soll das werden, Martin?«
    Er breitete die Arme aus, machte eine weite Bewegung mit den Armen. Spatzen hätte er damit nicht verscheuchen können.
    »Ich könnte dich nach Hause fahren, Constanze.« Nun senkte er den Blick. »Ich fahre dich nach Hause, und nächstes Wochenende
     verbringen wir hier gemeinsam. Den ersten Schritt hast du getan. Der zweite wird leichter werden. Beim dritten Mal ist es
     gar kein Schritt

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