Lokale Erschuetterung
sagen, man habe ja schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen, aber so blöd gibt er sich dann doch nicht. Wäre jetzt Zeit, erzählte er Bosse doch die Geschichte. Zum Glück ist keine Zeit.
Die Kellnerin kommt noch einmal an den Tisch und beugt sich zu Bosse hinab. Die drei Jungs da, sagt sie und nickt mit dem Kopf in Richtung Tresen, sind ganz schön hinüber. Der Wirt fragt, ob du ein gutes Wort für uns einlegen kannst. Sie zum Gehen bewegen.
Wieso glaubt der Wirt, dass die auf mich hören?
Die Kellnerin seufzt und richtet sich wieder auf. Frag ihn das selbst, wenn du es wissen willst.
Sie dreht sich um und geht.
Daniel kommt von der Toilette zurück und wird von einem der drei Jungs am Tresen angesprochen. Nicht Max, der schaut nur interessiert.
Kommstnduher, fragt der Typ links neben Max. Keine Glatze, aber streng gescheitelt das Haar, dunkel gefärbt und glänzend. Hanns hat den Kerl schon häufiger gesehen, nicht nur vor dem Bahnhof, auch beim Vietnamesen und manchmal beim Fußball. Daniel macht den Fehler, auf die Frage zu antworten. Aus Berlin, sagt er und versucht, sich am Tresen und an den breiten Schultern und dicken Bäuchen der betrunkenen Männer vorbeizuschmuggeln.
Binnochnichfertigmitdir. Der Gescheitelte legt Daniel |325| eine Hand auf die Schulter. Bistnfüreiner, schiebt er nach und glotzt Daniel ins Gesicht. Er ist nicht größer als Daniel, wirkt aber doppelt so breit.
Ein Freund von Hanns Grabowski. Daniel zeigt vage mit der Hand Richtung Tisch. Ich besuche ihn.
Wusstegarnich, dass der auf Schwuchteln steht.
Max greift ein. Vielleicht ist er noch nicht so hinüber. Vielleicht hat er gesehen, dass Daniel mit Hanns und Bosse an einem Tisch sitzt. Lass ihn, Macke, sagt er. Und Macke macht den Eindruck, als wollte er der Aufforderung folgen. Schwuchtelnkönnwirhiernichleiden, schiebt er noch nach und schubst Daniel von sich. Es scheint nicht seine Absicht zu sein, dass Daniel stürzt, aber der fällt hin. Stolpert über einen Stuhl, der hinter ihm steht, und liegt im nächsten Augenblick am Boden. Touchiert beim Hinfallen noch mit dem Kopf die Tischkante und bleibt einen Moment liegen.
Hanns steht auf. Bis jetzt hat er sich nicht entscheiden können, ob er eingreifen will oder nicht. Aber nun steht er auf und kniet neben Daniel nieder.
Geht es, fragt er.
Daniel nickt. Die Jungs am Tresen haben sich längst abgewendet und tun, als sei nichts gewesen. Macke ruft nach drei weiteren Bieren, und Max schiebt hinterher, danach würde man dann den Abflug machen.
Daniel richtet sich auf, bleibt noch einen Moment auf dem Boden sitzen und fasst sich mit der rechten Hand an den Hinterkopf. An den Fingern bleibt ein wenig Blut kleben.
Brauchst du einen Arzt, fragt Hanns.
Glaube nicht. Ist wahrscheinlich nur eine kleine Platzwunde.
Sie gehen zum Tisch zurück. Bosse hat inzwischen bezahlt und schlägt vor zu gehen. Schneid ihm die Haare an |326| der Stelle ab und tu was zum Desinfizieren drauf, sagt er zu Hanns. Hast du was zu Hause?
Ich denke.
Die Apotheke am Marktplatz hat heute Nachtdienst, da kannst du mit ihm hingehen. Die versorgen das auch. Bosse verabschiedet sich vor der Tür. Gibt beiden Männern die Hand, hält die von Hanns ein, zwei Sekunden länger.
Ich weiß, sagt Hanns. Das sind nicht deine Jungs. Ist ja wohl auch glimpflich abgelaufen.
Kann man so sagen, manche kommen nicht so gut raus wie dein Freund. Die waren dann wirklich zur falschen Zeit am falschen Ort.
Hanns geht mit Daniel sicherheitshalber in die Apotheke und weckt die verschlafene Apothekerin.
Du, sagt sie.
Heute nicht zum Diskutieren hier. Mein Freund ist mit euerm Freund Macke ein bisschen aneinandergeraten. Kannst du das versorgen?
Die Apothekerin öffnet die Tür und sagt Daniel, er möge sich auf den Stuhl am Verkaufstresen setzen.
Macke gehört nicht zu uns. Schieb uns den nicht in die Schuhe. Der glaubt, dass Elvis lebt und Hitler auch. Mit so was geben wir uns nicht ab.
Hanns schweigt. Zustimmendes Schweigen nennt man das wohl, denkt er. Trifft aber auf mich nicht zu.
Ich schneide Ihnen die Haare an der Platzwunde ein bisschen kurz, damit ich was zum Desinfizieren drauftun kann. Die Apothekerin holt aus einer Schublade eine kleine Schere und hält sie Daniel vor die Augen, als müsse der erst entscheiden, ob er mit diesem Instrument behandelt werden will.
Er nickt. Hanns schweigt weiterhin. Ihm ist egal, ob die Apothekerin, Miss Stadtverordnete, ein Problem damit |327| hat, dass er sie in einen
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