Lola Bensky
aufzunehmen. Doch er war in ein Gespräch mit zwei oder drei Leuten vertieft und bemerkte es nicht. Lola wollte nach Hause. Sie wollte nach Hause und sich Notizen machen zu einem Dialog zwischen Pimp und Schlomo. Drei Tage hintereinander hatte Schlomo den Verdächtigen, den er gerade beschattete, aus den Augen verloren, weil er so oft auf die Toilette musste. Für das ultraprivate Detektivbüro war dieser Fall wichtig. Es ging um Betrug im großen Stil. Pimp konnte der Gesellschaft, die sie angeheuert hatte, nicht sagen, dass ihr Chefdetektiv den Verdächtigen aus den Augen verloren hatte, weil er ständig pinkeln musste.
Lola hob den Kopf. Mick Jagger sah sie an. Sie wandte den Blick ab, dann sah sie wieder hin. Er schaute sie immer noch an. Auf seinem Gesicht lag ein fragender Ausdruck.
Lola lächelte ihm zu. Er lächelte ihr zu. Sie fragte sich, ob sie zu ihm gehen sollte. Sie hatte ein komisches Gefühl dabei. Was sollte sie sagen? Ich bin die dicke australische Journalistin, die Sie interviewt hat, als ich neunzehn war und Sie dreiundzwanzig? Oder: Hallo, ich bin Lola Bensky, wir haben uns über das Wort ›propagieren‹ gestritten, und Sie hatten recht. Das ist lange her. Ich habe Ihnen von der Kohlschwemme im Ghetto von Lodz erzählt und von dem Massendurchfall, der dadurch ausgelöst wurde.
Eher nicht, dachte Lola. Was könnte sie sonst sagen? Hallo,
wir sind uns vor Jahren begegnet. Ich habe Ihnen erzählt, dass in Auschwitz Erreger von Krankheiten wie Cholera, Typhus und Lungenentzündung gezüchtet und Häftlingen injiziert wurden und dass die Nährlösung für die Erreger aus Menschenfleisch bestand, weil es weniger wert war als das Fleisch einer Kuh oder eines Schweins. Und Sie haben mir eine Tasse Tee gemacht.
Lola stellte fest, dass Mick Jagger sie immer noch ansah. Sie lächelte ihm zu. Er lächelte und nickte.
Weitere Kostenlose Bücher