London Boulevard - Kriminalroman
wegen gefährlicher Körperverletzung gesessen.«
»Ja.«
»Ich habe mich gefragt, was Sie jetzt für Pläne haben.«
»Ich habe einen Job.«
»Donnerwetter! Das ging aber schnell. Legal, oder?«
»Natürlich.«
Er stand auf, wischte sich die Krümel von der Jacke und sagte: »Ihr Freund Norton segelt hart am Wind. Wenn Sie klug sind, gehen Sie ihm aus dem Weg.«
Ich hatte genug von seiner Jovialität und fragte:
»Wollen Sie mir drohen, Sergeant?«
Er lächelte und sagte:
»Hoppla, nicht so stürmisch, mein Junge. Ich würde Sie ungern erneut in Schwierigkeiten sehen.«
Ich trat den Rückzug an und sagte:
»Ihre Sorge rührt mich.«
»Sollte sie auch. Nennen Sie’s Intuition.«
Ich ging wieder hinein, verklappte die Restpizza mitsamt Karton im Mülleimer. Er hatte seinen Zigarettenstummel im Bodensatz der Teekanne ausgedrückt. Laut sagte ich:
»Verfluchtes Dreckschwein.«
Am nächsten Morgen versuchte ich zu entscheiden, was ich anziehen sollte. Was trägt man zu räuberischer Erpressung?
Wirft man sich in Schale, oder kleidet man sich eher zwanglos? Ich beschloss, auf schlicht zu machen. Jeans und Sweatshirt.
Punkt zwölf traf Norton ein. Ich stieg in den Transporter und sagte: »Schöner Tag.«
Er war aufgedreht bis zum Anschlag, wippte mit dem Fuß, die Finger trommelten auf dem Lenkrad. Als wir losfuhren, sah ich wieder den Blonden in dem schäbigen Anzug und schrie:
»Billy, warte einen Augenblick.«
Er bremste und ich sprang raus. Der Mann war verschwunden. Ich stieg wieder ein und Norton fragte:
»Was?«
Ich schüttelte den Kopf und sagte:
»Verrückt, aber ich glaube, ein Stalker ist hinter mir her.«
»Du? Mann, das muss wirklich ein echter Irrer sein, wenn er dir nachstellt. Hier, nimm ne Brause.«
Er hatte eine ganze Steige voll Red Bull dabei. Ich sagte:
»Nee, ich will einen klaren Kopf behalten.«
Er machte eine Dose auf, trank mehrere große Schlucke und machte:
»Ah...r...gh.«
Ich fragte:
»Hast du Speed eingefahren?«
»Nur ne halbe, nichts Großes.«
Wir röhrten die Clapham Road entlang. Ich sagte: »Du segelst hart am Wind.«
»Was?«
»Hat mir ein Polizist gesteckt.«
Er starrte mich an. Ich sagte:
»Guck auf die scheiß Straße.«
Er schrie: »Du hast dich mit einem Bullen unterhalten ... über mich?«
»Ja, mit dem Pisser, dem du meine Adresse gegeben hast.«
»Oh.«
Das stopfte ihm eine Weile das Maul, dann:
»Bailey ist ein Wichser, wegen dem musst du dir keine Sorgen machen.«
»Ein Wichser, der weiß, wo ich wohne. So was macht mir immer Sorgen.«
Als wir in das Ashmole Estate einbogen, sagte Norton:
»Sieh’s mal positiv, Mitch. Du nimmst alles viel zu ernst.«
»Schon klar.«
» I ch hasse Nonnen.«
Zischte Norton, als eine Nonne über den Gehweg eilte. Auf dem Gelände der Sozialsiedlung gab es ein Kloster.
Ich sagte: »Ich dachte, ihr Iren habt es mit der Religion.«
Er knurrte und antwortete:
»Wenn wir eins haben, dann ein gutes Gedächtnis.«
»Wer keinen Glauben hat, sollte über andere Vorzüge verfügen.«
Er sah mich komisch an und sagte:
»Donnerwetter, Mitch, das ist echt tiefgründig.«
»Aber nicht von mir, das hat der Dichter Donald Rawley geschrieben.«
Als wir draußen vor dem Hochhaus vorfuhren, sagte er:
»Ich hasse Dichter.«
Wir stiegen aus. Norton warf sich eine Sporttasche über die Schulter und fragte:
»Willst du was?«
»Nein, ich hab doch gesagt, ich geh’s lieber nüchtern an.«
»Ich meine, was zu deinem Schutz ... einen Baseballschläger oder so. Da, wo wir hingehen, kommst du mit Gedichten nicht weit.«
»Nein ... was ist in der Sporttasche?«
Er grinste bösartig und sagte:
»Leistungsanreize.«
Das Gebäude hatte achtzehn Stockwerke. Neben der Haustür befand sich eine Gegensprechanlage, war aber völlig demoliert. Wir traten ein und gingen zum Fahrstuhl.
Norton sagte: »Drück die Daumen.«
»Was?«
»Der Fahrstuhl ... dass der funktioniert.«
Er funktionierte.
Vollgeschmiert mit Graffiti, er stank nach Urin und Verzweiflung. Ein mir vertrauter Geruch. Aber man gewöhnt sich nie dran.
Im achtzehnten stiegen wir aus und Norton sagte:
»Betrachte es als eine Partie Golf.«
»Golf?«
»Ja, achtzehn Löcher.«
Wir gingen auf eine Wohnung zu, und Norton hämmerte an die Tür. Er zückte ein kleines rotes Büchlein. Die Tür ging auf und ein Kind spähte heraus. Norton sagte:
»Hol deine Mutter.«
Die Mutter war Inderin und nervös. Norton sagte: »Zahltag.«
Sie verschwand im
Weitere Kostenlose Bücher