London Boulevard - Kriminalroman
auf mich los. Er war groß und stark, aber mehr hatte er nicht zu bieten.
Er kämpfte fair.
Ich nicht.
Ich wich seinem Schlag aus und traf ihn mit einem Sprungtritt in die Eier. Als er in die Knie ging, rammte ich ihm meinen Ellbogen an den Hinterkopf.
Ich half Norton auf die Beine, er wollte den Schwarzen treten, bis er blutete. Ich zog ihn weg, sagte:
»Vielleicht sollten wir Feierabend machen.«
Er war einverstanden, sagte:
»Sind sowieso fast durch - vom achten abwärts ist es ein Kinderspiel.«
Wir fuhren mit dem Fahrstuhl runter. Norton massierte sich den Kopf und sagte:
»War falsch, was ich über Gedichte gesagt hab.«
»Was?«
»Dass die keiner braucht. So wie du den Kerl fertiggemacht hast, das war ein scheiß Gedicht.«
Ich ging auf den Transporter zu, und Norton sagte:
»Komm schon, da ist ein Pub um die Ecke, ich geb dir einen aus.«
An der Bar sagte Norton:
»Wir haben ordentlich geschuftet, jetzt gönnen wir uns zwei Kesselflicker.«
»Was auch immer.«
Die Barfrau ließ sich erklären, dass das ein Bier mit einem kleinen Scotch war. Es war Mittagszeit, als Tagesgericht gab es Bratwurst mit Kartoffelbrei. Es roch gut, fast schon tröstlich.
Wir setzten uns an einen der hinteren Tische, und Norton sagte:
»Sláinte.«
»Genau.«
Nach dem Scotch wurden wir ruhiger. Norton zählte die Kohle, stellte schriftlich Rechnungen in seinem roten Buch an. Die Zahlen sprach er beim Schreiben tonlos mit. Als Nächstes rollte er einige Scheine zusammen und machte ein Gummiband drum. Den Packen schob er über den Tisch, sagte:
»Dein Anteil.«
»Mann, Billy, so viel hab ich gar nicht getan.«
»Kommt noch, Mitch, vertrau mir.«
Wir fuhren gerade am Oval vorbei, als ich den Blonden entdeckte. Er ging ins Cricketers. Ich bat Norton anzuhalten. Er sagte:
»Was ist los?«
»Ich will meinen Stalker stalken.«
»Muss ich das kapieren?«
»Natürlich nicht.«
Ich stieg aus und überquerte die Straße. Ging in den Pub. Der Mann stand mit dem Rücken zu mir am Tresen. Ich ging zu ihm, schlug ihm herzhaft auf die Schulter und sagte:
»Rate mal, wer hier ist.«
Fast wäre er in Ohnmacht gefallen. Ich sah, dass er ein kleines Lager vor sich hatte. Ließ ihm einen Moment, sich zu besinnen. Er sagte:
»Ich wusste, dass es ein Fehler war, noch mal hinzugehen.«
Ich nahm einen Schluck von seinem Getränk, sagte:
»Reine Pisse.«
Er sah zur Tür und ich lächelte. Er sagte:
»Ich bin Anthony Trent.«
»Sie sagen das, als müsste ich wissen, wer Sie sind. Aber ich kann einen Scheiß damit anfangen.«
»Oh, Entschuldigung ... ich habe in der Wohnung gelebt, bevor Sie eingezogen sind.«
»Und jetzt wollen Sie ... was?«
»Wenn ich nur ein paar Sachen abholen dürfte.«
Ich trank noch ein bisschen was von seinem Lager, fragte: «Warum sind Sie so überstürzt abgereist?«
»Ich war Mr. Norton nicht gewachsen.«
»Um wie viel nicht gewachsen?«
»Zehn Riesen.«
»Also haben Sie sich aus dem Staub gemacht?«
»Mr. Norton hat ein paar zwielichtige Freunde.«
Er starrte mich eindringlich an, und ich sagte:
»Was?«
»Ich glaube, Sie tragen eins meiner Sweatshirts. Stecken Sie’s nicht in den Trockner.«
»Also, Anthony, das ist eine traurige Geschichte, aber sie wird noch trauriger, wenn Sie mir weiter folgen.«
»Ja ... natürlich, verstehe. Also, darf ich ein paar Sachen aus der Wohnung holen?«
Ich ließ mir einen Augenblick Zeit, dann sagte ich:
»Auf keinen Fall.«
Die Nutte hatte nicht geholfen. Lillian Palmer ging mir nicht aus dem Kopf. Ich meine ... wie bitte? Stand ich auf die alte Schachtel? Komm runter.
Aber egal wie sehr ich es verdrängte, ich hatte ständig ihr wissendes Lächeln vor Augen. Sie wusste, dass sie mich erregt hatte. Jedes Mal, wenn ich es von mir wegschob, kam das Verlangen, über sie herzufallen, mit umso größerer Macht zurück.
Ich rief Briony an, fragte sie, ob sie zum Essen kommen wolle. Sie fragte:
»Kochst du?«
»Klar. Was hältst du von asiatisch?«
»Ach Mitch, ich bin doch Vegetarierin.«
»Na gut, was hältst du von vegetarisch asiatisch?«
»Wunderbar, Mitch. Soll ich Wein mitbringen?«
Im ersten Moment dachte ich, sie hätte ›Pein‹ gesagt. Ich gab ihr die Adresse und sie fragte:
»Armer Mitch, ist das so ein verdrecktes Wohnheim?«
»So was in der Art.«
»Ich bringe Blumen mit, die machen es freundlicher.«
Mir schoss ein Gedanke durch den Kopf und ich fragte:
»Du klaust das Zeug doch nicht ...
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