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London Road - Geheime Leidenschaft (Deutsche Ausgabe)

London Road - Geheime Leidenschaft (Deutsche Ausgabe)

Titel: London Road - Geheime Leidenschaft (Deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Young
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hierher?
    »Jo.« Er schüttelte den Kopf und schenkte mir ein Lächeln, bei dem mir ganz wehmütig zumute wurde. »Mädchen, ich habe immer gewusst, dass aus dir mal eine tolle Frau werden würde – aber schau dich nur an.« Im ersten Moment verwirrte mich sein Akzent. Die harte, abgehackte Intonation des Schottischen war in einigen Wörtern durch einen amerikanischen Einschlag ausgewaschen worden. Sein Akzent war genau wie der von Joss, nur spiegelverkehrt.
    Ich war noch immer wie vom Donner gerührt und brachte nichts anderes fertig, als erneut seinen Namen zu stammeln. »Onkel Mick?« Dann schaute ich mit vor Staunen offenem Mund zu Cam. Das Herz schlug mir bis zum Halse. »Was hat das zu bedeuten?«
    Cam trat zu mir und nahm beruhigend meine Hand. »Du hast mir irgendwann mal gesagt, wie Mick mit Nachnamen heißt und dass er nach Arizona ausgewandert ist, und du hast mir alte Fotos von ihm gezeigt. Mick ist bei Facebook. So habe ich ihn ausfindig gemacht.«
    Facebook? Völlig perplex starrte ich Mick an. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass er tatsächlich hier war. Auf einmal stand alles, was früher an meinem Leben gut und richtig gewesen war, leibhaftig vor mir, und ich hatte keine Ahnung, ob ich mich an seine Brust werfen oder auf dem Absatz kehrtmachen und fliehen sollte.
    »Cam und ich haben ein paarmal hin- und hergeschrieben, und er hat mir erzählt, wie schwer du es hast, Liebes. Es tut mir so leid.« Micks Stimme war leise, als spräche er zu einem verängstigten Tier. »Es tut mir leid, dass ich nicht für euch da war.«
    Zum hundertsten Mal an diesem Tag musste ich meine Tränen zurückhalten. »Was machst du hier?«
    »Vor ein paar Jahren waren wir für einen Kurzbesuch in Paisley, aber niemand dort wusste, wo ihr hingezogen wart. Bei der Gelegenheit habe ich auch deinen Vater wiedergetroffen.«
    Unwillkürlich zog ich den Kopf ein. »Dann wohnt er immer noch da?«
    Mick nickte und kam einen Schritt näher. »Ich bin heilfroh, dass Fiona ihn mit euch verlassen hat. Ich bin heilfroh, dass er nicht weiß, wo ihr wohnt, und dass er nicht genügend Grips hat, um euch aufzuspüren.«
    Tränen, die ich endgültig nicht länger aufhalten konnte, stachen mir in der Nase. »Und jetzt bist du extra aus Amerika hergekommen, um mich zu besuchen?«
    Er grinste. »Du bist jedes Flugticket der Welt wert, meine Kleine.«
    Meine Kleine. Das hatte er früher immer zu mir gesagt, und ich war so stolz darauf gewesen. Deswegen nannte ich Cole immer »mein Kleiner«. Mir kam ein Schluchzer über die Lippen, ohne dass ich ihm Einhalt gebieten konnte, und da Onkel Mick offenbar keine Lust mehr hatte abzuwarten, brummelte er etwas, war mit wenigen großen Schritten bei mir und nahm mich ganz fest in die Arme. Ich erwiderte die Umarmung und atmete seinen Duft ein. Mick hatte sich nie viel aus Aftershave gemacht, er hatte immer nach Seife und Erde gerochen. Das Ziehen in meiner Brust wurde stärker, als ich mich in seinen Armen wieder in ein kleines Mädchen verwandelte.
    So standen wir eine ganze Zeitlang da, bis ich irgendwann aufgehört hatte zu weinen. Dann schob Mick mich ein Stück von sich weg und musterte mich mit seinen hellen Augen – Augen, die ich bis zu Coles Geburt mehr geliebt hatte als alle anderen Augen auf der Welt. »Ich hab dich vermisst.«
    Ich lachte, um nicht gleich wieder loszuheulen. »Ich dich auch.«
    Er räusperte sich und schien vor Rührung nicht so recht zu wissen, wohin mit sich. Dann wandte er sich der jungen Frau zu, um sie mir vorzustellen, aber natürlich wusste ich längst, wer sie war. Ihre Augen hatten es mir verraten. »Jo, das ist Olivia, meine Tochter.«
    Auch Olivia war den Tränen nahe, als sie auf mich zuging. »Es ist so schön, dir endlich persönlich zu begegnen, Jo. Dad redet seit Jahren von dir, deswegen kommt es mir fast so vor, als würde ich dich kennen. O Mann, war das wirklich so schmalzig, wie es geklungen hat?«
    Ich lächelte unsicher, weil ich noch nicht recht wusste, was ich von ihr halten sollte. Als ich merkte, mit wie viel Liebe Onkel Mick seine Tochter ansah, freute ich mich für ihn. Ich freute mich, dass er eine eigene Familie hatte. Doch das dreizehnjährige Mädchen in mir wollte nichts von Olivia wissen – es gab Olivia die Schuld dafür, dass Mick uns verlassen hatte.
    Ich gab mir Mühe, dieses Gefühl zu unterdrücken. Es war kleinlich und albern und sinnlos. Aber es steckte in mir, ob es mir nun passte oder nicht.
    »Nachdem wir in Paisley gewesen

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