London Road - Geheime Leidenschaft
gewesen sei, dreimal ein unverständliches Gemurmel.
Als wir uns gesetzt hatten, schaute er mich einen Moment lang an, um dann festzustellen: »Da drin waren mindestens fünf Typen, alle in unserem Alter.«
Ich bemühte mich, nicht sauer zu werden, da ich mich am Wochenende (wenigstens in meinem Kopf) wie eine eifersüchtige Zicke benommen hatte. Ich nickte.
»Und ich gehe mal davon aus, dass sie alle mit dir flirten, so wie dieser dämliche Lackaffe eben.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Da ist doch nichts dabei, Cam. In der Bar flirten andauernd Männer mit mir.«
»Das ist was anderes. Da machst du es wegen des Trinkgelds.«
»Ich habe auch nicht gesagt, dass ich zurückflirte. Deswegen kam doch die Bemerkung von Ryan, dass du real bist. Sie haben dich noch nie zu Gesicht bekommen, aber ich rede ständig von dir.« Ich beugte mich vor. »Du hast gesagt, ich soll dir vertrauen. Ich fände es gut, wenn du mir im Gegenzug auch vertrauen würdest.«
Cams verkrampfte Haltung löste sich ein wenig. Er stützte einen Ellbogen auf den Tisch und fuhr sich frustriert durch die Haare. »Ich bin einfach erledigt. Tut mir leid. Meine Laune ist heute nicht besonders gut.«
Ich nahm seine Hand. »Das macht doch nichts. Du darfst ruhig mal mies gelaunt sein.«
»Aber nicht heute. Wir haben uns seit Montag nicht gesehen. Ich will unser Mittagessen nicht damit verbringen, dir den Kopf abzureißen, zumal du unglaublich scharf aussiehst.«
Ich lachte geschmeichelt, und die Stimmung zwischen uns hellte sich auf. Als unser Essen kam, hatten wir uns alles über unsere jeweilige Woche berichtet.
»Ich glaube, Cole vermisst das Training«, meinte ich. Cam hatte wegen der Arbeit keine Zeit für seinen Judokurs gehabt, deshalb war Cole auch nicht hingegangen. Als Folge davon war er die ganze Woche über zappelig gewesen und hatte nichts mit sich anzufangen gewusst. Als Cam keine Antwort gab, schaute ich von meinem Lachs auf, nur um festzustellen, dass er gerade eine SMS schrieb. »Stimmt was nicht?«
Er schüttelte den Kopf. »Nee. Ist bloß Blair.«
Von einer Sekunde auf die andere brauten sich dunkle Wolken über unserem Tisch zusammen. Sie brachen auf, und kaltes, nasses Elend regnete in Strömen auf mich herab. Ich ließ einige Sekunden verstreichen, aber Cam tippte seelenruhig weiter. Da riss mir der Geduldsfaden. »Kannst du ihr bitte später antworten? Wir wollten doch unsere Mittagspause zusammen verbringen.«
»Sorry.« Er sah mich entschuldigend an, bevor er auf SENDEN drückte und das Handy wieder einsteckte. »Sie hat gestern Abend ihren Kindle bei mir vergessen.«
Die beiläufig hingeworfene Bemerkung hatte auf mich dieselbe Wirkung wie ein Fußtritt in den Bauch. Mir blieb die Luft weg, und es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich wieder halbwegs gefangen hatte. »Sie war gestern Abend bei dir?«
Cam, der den Vorwurf aus meiner Stimme herausgehört hatte, runzelte die Stirn. »Hast du ein Problem damit?«
In mir begann es zu brodeln, und ich hatte eine Vision, wie ich ihm meinen Lachs und meine Kartoffeln ins Gesicht klatschte und aus voller Kehle schrie: »Und ob ich ein Problem damit habe!«
Stattdessen schob ich meinen Teller zurück und bedachte ihn mit einem Blick, der ihm veranschaulichen sollte, dass er hoffnungslos begriffsstutzig war. »Lass mich mal überlegen … Du warst gestern Abend allein mit deiner Ex-Geliebten in deiner Wohnung. Wie kommst du auf die absurde Idee, dass ich ein Problem damit haben könnte?«
»Mit dem Thema waren wir doch durch. Sie ist nur eine Freundin.«
»Und wenn ich trotzdem ein Problem damit habe?«
»Du hast gesagt, du vertraust mir.«
Ich lehnte mich über den Tisch und sprach betont leise, weil ich keine Szene machen wollte. »Vor nicht mal zehn Minuten hast du dich an meinem Arbeitsplatz wie ein Vollidiot aufgeführt, nur weil ein paar männliche Kollegen mit mir flirten. Wie kann es sein, dass du nicht kapierst, dass es ein verdammtes Scheißriesenproblem ist, wenn du deine Exfreundin zu dir einlädst, ohne deiner aktuellen Freundin etwas davon zu sagen?« Ich war unwillkürlich lauter geworden, und die ersten Gäste drehten sich zu uns um. Mit glühenden Wangen erhob ich mich vom Tisch. »Ich gehe jetzt zurück ins Büro.«
»Johanna.« Cam stand auf, um mich zurückzuhalten, aber ich hatte mir bereits meine Tasche geschnappt und rauschte davon. Ich war schon beim Ausgang, und ich wusste genau, dass er mir nicht nachkommen konnte, weil er erst noch unser
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