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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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waren. Es hieß, daß ihre mächtigen Seelen die keltischen Stämme verteidigten. Dennoch hatten ihr die großen schwarzen Vögel mit ihren kraftvollen Schnäbeln immer Furcht eingeflößt. Wie grimmig und plump sie doch wirkten, wenn sie da so herumflatterten und ihr schreckliches Krächzen ausstießen.
    Der Druide blickte auf und sah sie an. Schweigend gab er ihr ein Zeichen, zu ihm herunterzukommen.
    »Wartet hier auf mich«, sagte sie und reichte Branwen das Baby. Sie holte tief Luft, dann ging sie an den Raben vorbei zu dem Druiden hinunter.
    Branwen gefiel es gar nicht, an diesem merkwürdigen, unheimlichen Ort zurückgelassen zu werden, und wenn sie keine Angst vor den Raben gehabt hätte, wäre sie wahrscheinlich der Mutter nachgerannt. Sie sah, wie diese mit dem Druiden sprach, wie der Alte langsam den Kopf schüttelte. Dann schien Cartimandua ihn um etwas zu bitten. Schließlich nahm der alte Druide ein paar Knochen aus dem Feuer und betrachtete sie eingehend. Dann sagte er etwas. Und plötzlich kam von unten herauf ein schreckliches Geräusch, ein Schmerzensschrei, der auch von einem verzweifelten Tier hätte stammen können. Doch er kam von Cartimandua.
    Noch immer hatte niemand sein Geheimnis erraten. Segovax war sehr zufrieden mit sich. Seitdem sie vom Meer zurückgekehrt waren, ging es in Londinos so geschäftig zu wie in einem Bienenstock. Der dunkelbärtige Edelmann war bei ihrer Ankunft bereits im Weiler, und Segovax' Vater wurde sofort mit den anderen Männern zur Furt geschickt. Dort trieben die Männer gespitzte Stöcke in das Flußbett. Männer aus allen Weilern der Umgebung wurden herbeigerufen, um Bäume zu fällen, mit denen man am Flußufer eine hölzerne Palisade errichtete. Täglich trafen neue Nachrichten ein mit den Leuten, die von überall her zur Furt kamen.
    Die ersten Berichte waren günstig. Cäsar war an der Südküste gelandet und hatte mit seiner Invasion durch Kent begonnen, doch sofort hatten die Inselgötter zugeschlagen. Wie schon beim ersten Mal hatte ein riesiger Sturm seine Flotte fast zerstört und die Römer zur Küste zurückgetrieben, wo sie die Schiffe reparierten. Als Cäsar sich erneut in Bewegung setzte, fielen die Kelten in ihren wendigen Streitwagen ein und dezimierten seine Truppen. »Sie werden nie zum Fluß kommen«, sagten die Leute nun. Dennoch wurden die Arbeiten eifrig fortgesetzt.
    Für Segovax waren es aufregende Tage. Bald würden sie kommen, dessen war er sich sicher. Und dann würde die Zeit für seinen geheimen Plan reif sein.
    Cartimandua befand sich in einem ständigen Zustand der Furcht und Verwirrung. Unablässig starrte sie in die Richtung der Furt, wo ihr Mann arbeitete. Die letzten zwei Nächte hatten die Männer dort übernachtet, und obwohl sie und die anderen Frauen ihnen Essen gebracht hatten, war es ihr nicht gelungen, mit ihm zu sprechen.
    Wenn sie nur verstehen könnte, was die schrecklichen Worte des Druiden bedeutet hatten! »Sag mir«, hatte sie ihn angefleht, »was mir und meiner Familie bestimmt ist.« Er hatte ein paar Knochen aus dem Feuer geholt, sie untersucht und dann genickt, als habe er etwas gesehen, was er bereits erwartet hatte. »Es gibt drei Männer, die du liebst«, hatte er ihr barsch erklärt. »Einen davon wirst du verlieren.«
    Einen verlieren? Welchen denn? Die drei Männer konnten nur ihr Mann, Segovax und das Baby sein. Es gab keine anderen männlichen Wesen in ihrem Leben. Er meinte sicher ihren Mann. Aber sie hatte ihn doch gerettet! Kam er denn nicht mit ihnen den Fluß hinauf in Sicherheit, wenn die Römer einfielen?
    Am Tag, nachdem der dunkelbärtige Edelmann angekommen war, hatte sie ihn aufgesucht. Ob ihre Abmachung noch gelte, wollte sie wissen. »Das habe ich dir doch bereits gesagt!«, hatte er ihr ungeduldig geantwortet und sie wieder weggeschickt.
    Was sollte es also bedeuten? Würde Branwen etwas zustoßen und ihre Abmachung dadurch vereitelt werden? Oder ging es überhaupt nicht um ihren Mann? Würde Segovax umkommen oder das Baby? Sie fühlte sich wie ein Tier, das mit seinen Jungen in eine Falle geraten war.
    Schließlich kam nach mehreren Tagen der Unsicherheit die Nachricht, daß Cassivelaunus seine Truppen für eine riesige offene Schlacht zusammenzog.
    Nun strömten sie herein, Fußsoldaten, berittene Kämpfer, Wagenlenker. Ein erhitztes und staubiges Kontingent nach dem anderen kam an der Furt an.
    Manche sprachen von Verrat, von Häuptlingen, die desertiert waren. Die Römer hatten sie

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