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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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beiläufige Bemerkung hätte fallen lassen, während er die Waffen der Männer begutachtete.
    »Wenn die Römer hier an die Furt kommen, werdet ihr alle flußaufwärts geschickt werden.« Frauen hatten in der Nähe eines Schlachtfeldes nichts zu suchen.
    Diese Bemerkung hatte gereicht, sie nachdenklich zu stimmen, und hatte ihr dann die Eingebung vermittelt. Als sie den Kommandanten an diesem Abend allein am Feuer hatte stehen sehen, war sie neben ihn getreten. »Sag mir, oh Herr«, hatte sie gefragt, »wenn wir flußaufwärts ziehen, werden wir dann einen Bewacher dabei haben?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich schon. Warum?«
    »Alle Leute hier vertrauen meinem Mann«, stellte sie fest. »Ich glaube, er wäre am geeignetsten, uns zu begleiten.«
    Der Edelmann blickte auf. »Das glaubst du also? Und was sollte mich dazu bringen, dies auch zu glauben?«
    Sie starrte ihn an. Sie wußte, daß sie attraktiv war. »Was immer du wünschst«, erwiderte sie.
    Eine Weile sagte er nichts. Wie die meisten Kommandanten machte er sich gar nicht die Mühe, die Frauen zu zählen, die sich ihm anboten. Manche nahm er, andere nicht. Doch dann traf er eine Wahl, mit der Cartimandua nicht gerechnet hatte.
    »Das hellhaarige Mädchen, das ich da heute nachmittag an deiner Seite gesehen habe. Ist es deines?«
    Cartimandua nickte, und innerhalb von Augenblicken gab sie Branwen auf. Es war zum Wohle aller, sagte sie sich seitdem immer wieder. Branwen würde natürlich dem Kommandanten gehören. Theoretisch wäre sie seine Sklavin. Er könnte sie verkaufen oder mit ihr anstellen, was er wollte. Aber vielleicht war ihr Schicksal gar nicht so übel. Sie würde am Hof des großen Cassivelaunus sein; wenn der Kommandant sie mochte, würde er ihr vielleicht sogar die Freiheit schenken; vielleicht würde sie eine gute Partie machen. Solche Dinge passierten immer wieder. Und als Gegenleistung mußte ihr Mann nicht gegen die schrecklichen Römer kämpfen.
    »Ihr zieht alle flußaufwärts, und am Ende des Sommers lieferst du das Mädchen bei mir ab!« hatte der Kommandant schroff gesagt. In der Zwischenzeit mußte sie den Handel vor ihrem Mann geheimhalten, denn sie wußte, er wäre nie damit einverstanden. Aber wenn es erst einmal geschehen war, dann würde es zu spät sein. Ein Eid war ein Eid in der keltischen Welt.
    Und so kam es, daß Cartimandua Branwen von dem Tag an, an dem sie beinahe von einem Wolf getötet wurde, nicht mehr von ihrer Seite weichen ließ.
    Für Segovax waren diese Sommertage eine glückliche Zeit. Sein Vater hatte eine der Wolfspfoten ausgestopft, und Segovax trug sie nun an einer Schnur um den Hals. Jeden Tag brachte ihm sein Vater etwas Neues bei, sei es nun bei der Jagd, beim Schnitzen oder beim Erkunden des Wetters. Und dann, um die Sonnwende herum, verkündete der Vater plötzlich zu seiner großen Überraschung und Freude: »Morgen zeige ich dir das Meer.«
    Auf dem Fluß wurden verschiedene Arten von Booten eingesetzt. Normalerweise benutzte sein Vater einen einfachen Einbaum, einen ausgehöhlten Eichenstamm, um seine Netze entlang des Ufers auszulegen oder den Fluß zu überqueren. Natürlich gab es auch Flöße und außerdem kleine Ruderboote aus mit Leder bezogenem Flechtwerk, die Coracles. Gelegentlich hatte Segovax Händler aus den flußaufwärts gelegenen Gebieten gesehen, die mit Langbooten kamen, die hohe Seitenwände aus flachen Brettern hatten. Die keltischen Inselbewohner waren sehr geschickt im Anfertigen solcher Boote. Doch im Weiler gab es auch noch ein anderes Boot, das für eine Reise wie die bevorstehende besonders geeignet war. Es stand unter der Obhut seines Vaters. »Wir nehmen das Weidenboot«, verkündete er.
    Das Weidenboot hatte einen flachen Kiel und breite, aus leichtem Holz gefertigte Rippen. Über diesen Rahmen war ein Bezug aus Weidenruten gespannt, die mit festen Ästen verflochten waren, und darüber noch Häute, um das Boot wasserfest zu machen. Händler aus anderen Ländern hatten schon immer die Weidenarbeiten der britannischen Kelten bewundert. Obwohl das Boot nur etwa zwanzig Fuß lang war, hatte es noch einen weiteren Vorzug: In der Mitte gab es einen kurzen, mit Stagen befestigten Mast, an dem man ein dünnes Ledersegel aufziehen konnte. Der Mast bestand aus einem kleinen Baumstamm, an dessen Spitze eine natürliche Astgabelung für die Fallseile stehengelassen worden war. Dieses Boot war ebenso einfach wie bequem – leicht genug, um getragen zu werden; flexibel,

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