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Lonely Planet Reiseführer Berlin

Lonely Planet Reiseführer Berlin

Titel: Lonely Planet Reiseführer Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schulte-Peevers
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Verfassung war die starke Stellung des Reichspräsidenten, der mittels Notverordnungen regieren konnte – ein Zugeständnis, das sich später bei Hitlers Weg an die Macht als verhängnisvoll erweisen sollte.
    An der Spitze der Weimarer Republik (1919–1933) stand eine Koalition aus Linksparteien und Zentrum, angeführt von Reichspräsident Friedrich Ebert und ab 1925 von Paul von Hindenburg, beide SPD, die bis 1932 stärkste deutsche Partei blieb. Die neue Republik fand aber weder bei den Kommunisten noch bei den Monarchisten Zustimmung. Zu erneuten Ausschreitungen kam es schon im März 1920, als rechte Militante unter Führung von Wolfgang Kapp gewaltsam das Berliner Regierungsviertel besetzten. Die Regierung floh nach Dresden, während der Kapp-Putsch in Berlin schon kurze Zeit später durch einen Generalstreik zu Fall gebracht wurde.
    Zurück zum Anfang des Kapitels
DIE GOLDENEN ZWANZIGER JAHRE
    Die Riesenmetropole Berlin von heute entstand erst 1920, als bislang unabhängige Städte und Gemeinden der Region (Charlottenburg, Schöneberg, Spandau usw.) unter eine gemeinsame Verwaltung gestellt wurden. Das neue Groß-Berlin mit rund 3,8 Mio. Einwohnern zählte damit zu den größten Städten der Welt.
    Aber abgesehen davon begannen die 1920er-Jahre alles andere als golden. Sie waren gezeichnet von der Demütigung des verlorenen Kriegs, sozialer und politischer Instabilität, galoppierender Inflation, Hunger und Krankheit. Rund 235 000 Berliner waren arbeitslos; Streiks, Demonstrationen und Unruhen gehörten zum Alltag. Wirtschaftliche Stabilität kehrte erst langsam wieder ein, als 1923 mit der Rentenmark eine neue Währung eingeführt und ein Jahr später der Dawes-Plan verabschiedet wurde, der die erdrückenden deutschen Reparationszahlungen nach dem Ersten Weltkrieg linderte.
    Die Berliner reagierten darauf, als gäbe es kein Morgen. Die Stadt wurde zum Inbegriff der Dekadenz und der übersprudelnden Kreativität (fast wie heute). Varietés, Dada und Jazz bestimmten die Nacht. Vergnügungslokale schossen aus dem Boden und machten die Stadt zur „Sextropolis“ orgiastischen Ausmaßes. Mit all der überbordenden Energie wurde sie zu einem Versuchslabor für alles Neue und Moderne, vor allem in den Bereichen Architektur (Bruno Taut, Martin Wagner, Hans Scharoun und Walter Gropius), Kunst (George Grosz, Max Beckmann und Lovis Corinth) und Literatur (Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky und Christopher Isherwood, der die Vorlage zu „Cabaret“ lieferte).
    Der Spaß nahm ein jähes Ende, als 1929 in den USA der Aktienmarkt zusammenbrach und die ganze Welt in eine Wirtschaftskrise trudelte. Innerhalb weniger Wochen wurden eine halbe Million Berliner arbeitslos. Unruhen und Demonstrationen beherrschten wieder die Straßen. Das brisante, zunehmend polarisierte politische Klima führte zu Konfrontationen zwischen Kommunisten und den Mitgliedern einer Partei, die geduldig auf ihre Chance wartete: die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) mit dem gescheiterten Künstler und Unteroffizier Adolf Hitler als Führungsfigur. Kurz darauf beherrschten Stiefel, Braunhemden, Unterdrückung und Angst das ­Leben in Deutschland.
    OLYMPIA UNTER DEM HAKENKREUZ
    1931 sprach das Olympische Komitee die Spiele von 1936 Deutschland zu, eine Geste, mit der das Land nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg und den turbulenten 1920er-Jahren wieder in die Staatengemeinschaft aufgenommen werden sollte. Niemand konnte ahnen, dass nur zwei Jahre später die junge Demokratie einen Diktator an die Spitze bringen würde, der die Welt beherrschen wollte.
    Während Hitler die Spiele am 1. August im Berliner Olympiastadion eröffnete, leg­ten Gefangene letzte Hand am ersten Massenkonzentrationslager in Sachsenhausen nördlich der Stadt an. Während der berühmte Komponist Richard Strauss auf der Eröffnungszeremonie die olympische Hymne dirigierte, flogen Kampfgeschwader nach Spanien, um den Diktator Franco zu unterstützen. Nur während die olympische Flamme loderte, wurden politische und rassische Verfolgungen ausgesetzt und antisemitische Schilder entfernt.
    Die Olympischen Spiele waren eine wahrhaft perfekte Gelegenheit für die Nazipro­paganda, die sich selbst mit der Inszenierung öffentlicher Spektakel und Kundgebungen übertraf. Leni Riefenstahl fing dies in ihrem Filmepos Olympia bombastisch ein. Teilnehmer und Zuschauer waren von der choreographierten Prachtentfaltung und der herzlichen Gastfreundschaft der Deutschen

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