Lord Garrows widerspenstige Braut
umzusetzen, als die entlegenen Regionen der schottischen Highlands? Dort waren die gesellschaftlichen Zwänge bestimmt nicht so erdrückend wie in London. Und sobald die Frauen in ihrer unmittelbaren Umgebung erst einmal erkannten, dass die geltenden Gesetze unrecht waren und dass die Vorherrschaft des männlichen Geschlechts nicht naturgegeben war, würden sie sich ihrer Sache anschließen.
Susanna sah zu ihrem Ehemann auf, der ihr all das ermöglichen würde. Es war erstaunlich, wie umgänglich er in diesem Moment wirkte. Dieser sanfte Bär von einem Mann und der Ring, mit dem er sie an sich gebunden hatte, garantierten ihr eine gesellschaftliche Stellung, die sie als unverheiratete Frau niemals hätte erreichen können. Sie seufzte.
James lehnte sich vor und küsste sie sanft auf die Stirn. "Danke", sagte er.
Gegen ihren Willen musste Susanna lächeln. "Bitte", erwiderte sie überrascht, während sie sich zurücklehnte. Ich wünschte, Mutter hätte ihr Leben nicht einfach als unabänderliches Schicksal angesehen, sondern selbst in die Hand genommen, dachte sie. Mutter könnte heute noch leben.
Interessiert studierte James das Gesicht seiner Frau. Ihre Gedanken schienen sich förmlich zu überschlagen.
Was ging in diesem Moment wohl in ihr vor? Aber vielleicht war es ganz gut, dass er es nicht wusste. Einiges von dem, was sie gerade dachte, war vielleicht nicht sehr schmeichelhaft für ihn. Beizeiten würde er das zu ändern wissen – aber nicht an diesem Abend.
"Wir werden dich noch ins Royal Arms bringen, Susanna, bevor wir aufbrechen", erklärte der Earl seiner Tochter. "Es ist schon fast dunkel. Wir sollten uns allmählich auf den Weg machen, Garrow."
"Gut", stimmte James zu. Durch die Heirat war der Earl sein Schwiegervater geworden. James war ebenso für ihn verantwortlich wie für seine Frau und die Leute von Galioch und Drevers.
"Warum nimmst du nicht einfach den Zug oder das Schiff, Vater?" mischte sich Susanna ein.
"Weil ich auf dem Weg nach London noch Geschäftliches zu erledigen habe. Es würde das Unvermeidliche auch nur hinauszögern, wenn ich Solly's Copse vermeiden würde."
"Bitte, versprecht mir beide …"
"Nur keine Bange", warf James ein, während er sanft ihren Arm streichelte. "Wir werden bis an die Zähne bewaffnet sein. Ich bin ein guter Schütze."
"Ich auch, mein Junge", schmunzelte Eastonby. Er fischte eine elegante goldene Uhr aus einer seiner Westentaschen, deren Deckel er aufschnappen ließ. "Es ist jetzt kurz nach halb sechs. Dein Mann wird bestimmt gegen neun Uhr wieder zurück sein", meinte er.
"Und wann … wann wirst du wieder nach Schottland kommen?" fragte Susanna ihren Vater. Ungern musste sie sich eingestehen, dass sie eine gewisse Furcht davor empfand, allein zurückgelassen zu werden. Sie würde ohne ihren Vater in Schottland bleiben müssen, an einem wildfremden Ort, den sie noch nicht einmal kannte.
"Sie kommen uns doch sicher bald besuchen, nicht wahr, Eastonby?" fragte James, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
"In einem Monat etwa, vielleicht auch früher", gab der Earl mit einem Lächeln zurück. "Aber zu euch in die Highlands werde ich wohl erst im kommenden Frühling reisen."
Als Susanna dies hörte, entgleisten ihre Gesichtszüge. Es dauerte einen Moment, bis sie ihre Mimik wieder unter Kontrolle hatte, um ihre Enttäuschung zu verbergen.
"Du bist jederzeit herzlich bei uns willkommen", erwiderte sie mit einem kaum hörbaren Zittern in der Stimme.
"Mach dir keine Sorgen, Susanna", meinte James sanft. "Du wirst so beschäftigt sein, dass du gar keine Zeit haben wirst, an Heimweh zu leiden."_
3. Kapitel
Susanna hätte ihren Vater am liebsten gebeten, nicht gerade an diesem Abend nach London aufzubrechen. Natürlich hatten sie häufig Meinungsverschiedenheiten gehabt – nein, das war noch untertrieben. Sie und ihr Vater hatten heftig gestritten und sich Dinge an den Kopf geworfen, die ihnen später Leid taten. Dennoch liebte Susanna ihn, und sie vermisste ihn schon jetzt. Und sie hatte Angst um ihn. Einzig ihr Stolz hinderte sie daran, ihn eindringlicher zum Bleiben zu überreden.
Schon hielt die Kutsche vor dem Royal Arms . James stieg aus, um Susanna hinabzuhelfen. Bevor auch sie sich erhob, räusperte sie sich: "Ich hoffe, du wirst auf deiner Reise gut auf dich aufpassen, Vater."
Beruhigend lächelte er ihr zu. "Aber natürlich, mein Kind. Mach dir nur keine Sorgen. Auf Wiedersehen."
Fragend sah sie ihren Vater an. War das alles, was
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